
Menge von Weibern mit ihren Kindern unter den Hallen der
englischen Factorey erscheinen, um dieser Wohlthat zu geniefsen.
Dr. Pierson inoculirt selten unter 200 Kinder an diesen Tagen.
Dafs es unentgeldlich geschieht, braucht wohl kaum erwähnt zu
werden. Um die etwanigen Vorurtheile der Chinesen über das
Einimpfen zu vernichten, hat Dr. Pierson ein kleines Werk über
die Geschichte und den Nutzen der Vaccination geschrieben,
in welchem zugleich die wichtigsten, beyrn Einimpfen zu beobachtenden
Mal'sregeln angeführt sind. Von diesem Werke, welches
Sir George Staunton ins Chinesische übersetzt hat , sind
mehrere tausend Exemplare unentgeldlich vertheilt worden *). Da
diefs Buch nicht gedruckt werden konnte, ohne dafs ein gebor-
ner Chinese seinen Namen dazu hergab, so wurde es im Namen
eines Kaufmanns aus dem Kohong, Nunqua , gedruckt. Der
eitle Panquiqua, dessen im vorigen Capitel melireremal gedacht
worden ist, bewarb sich sehr um diese Ehre, II. Drummond
wählte aber Nunqua. vorzüglich deswegen, weil er sich zuerst
dazu erboten hatte. Die chinesischen Aerzte sind sehr gegen
die Impfung, und geben sich alle Mühe, diese wohlthätige Erfindung
zu unterdrücken, oder wenigstens die Verbreitung derselben
so viel als möglich zu hindern. Sie hatte aber damals so
starken Eingang gefunden, dafs es diesen Unwissenden wohl nicht
mehr gelingen möchte , ihren Zweck zu erreichen. Die Regierung
tolerirt zwar die Vaccination, sie thut aber keinen Schritt,«
um sie zu befördern. Das Dulden einer Neuerung‘‘ ist indefs
schon ein Beweis, dafs die Regierung die wohlthätigen, Folgen
*) Ich erhielt durch die Güte des H. Pierson ein Exemplar dieser littere-
rischen Merkwürdigkeit.
davon einsieht. Dr. Pierson hatte sogleich bey Einführung der
Impfung, vier Chinesen Unterricht im Inoculiren gegeben, und
diese waren eben so eifrig beschäftigt, in den umliegenden Gegenden
von Canton, und in der Stadt Canton die Pocken Impfung
zu verbreiten, als es Dr, Pierson in der sogenannten Vorstadt von
Canton und in Macao ist. Auch hatte er kürzlich Briefe aus
Nankin erhalten, worin ihm gemeldet wird, dafs man auch dort
bey den Kühen diese Art Pocken gefunden habe.
Die Ehre, die Kuhpocken im chinesischen Reiche zuerst
eingeführt zu haben, gehört unstreitig dem Dr Pierson. Nur
einige Monate später wäre sie ihm beinahe durch den spanischen
Arzt Balmis geraubt worden, der im September 180S
von Manilla zu diesem Endzwecke nach Macao kam, ohne zu
wissen, dafs ihm die Engländer in seiner Absicht schon zuvor
gekommen waren. Dr. Balmis war im Jahre i'8o3 von der spanischen
Regierung abgeschickt worden , die Kuhpocken in Süd
Amerika und auf den Philippinen einzuführen. Von den Philippinen
kam er nach China *). Wenn gleich die guten Absichten
des spanischen Arztes dadurch in ihrem Werthe nichts verlieren
dafs man ihm znvorgekommen war: so bin ich doch überzeugt,
dafs die Einführung der Kuhpocken in China dem Dr. Pierson
eher als ihm gelingen mufste, da eine günstigere Lage dem
Engländer die Bekämpfung mehrerer Hindernifse erleichterte. '
Seit Jahrhunderten bemühen sich die europäischen Missionare
, die christliche Religion in China zu verbreiten ; es
scheint aber, als wenn sie in China bald beinahe das nämliche
*) Dr. Balmis verlief« China, um nach Europa zurückzukehren, ungefähr
14 Eag® vor uns, auf dem von Macao nach Lissabon bestimmten Schif-
fe : Le bon Jesus.