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Oktober.
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anfangen, seinen Grund zu bearbeiten: so habe ich keinen Zweifel,
dafs nicht mir den ganzen Sommer hindurch sein Tisch mit
Salaten, Radiesten, Gurken u. s. w. versorgt werden könnte, sondern
sowohl Kohl, von dem man behauptet, dafs er keine Köpfe setzen
soll, als auch Erbsen und-Bohnen, zur gröfsten Vollkommenheit
gedeihen würden. In Awatscha, einem Ostrog oder kleinem Dorfe
am Ausflufse des Awatscha 'Flufses, sah ich im Juni einen kleinen
Garten im Flor, als zu eben der Zeit in St. Peter und Patil
behauptet ward, es wäre noch zu früh zu pflanzen, weil man
nie gewohnt sey, diefs vor dein Jmi Monat zu. thun. Dieses Beispiel
beweist die Unrichtigkeit des angenommenen Systems. Ich
habe alle Sommermonate In Kamtschatka in den zwey verscliie-
nen Jahren meiner Anwesenheit zugebracht, das, heilst, den ganzes
1 uni, einen Theil vom Juli, den ganzen August und September,
und kann mit Gewifsheit behaupten, dals es in diesen
4 Monaten eben so viel heitere Tage dort gegeben hat, als. an
Orten, die eine ähnliche Lage} haben. Freylich waren wir nicht
immer frey von Nebel , aber die meisten nördlichen Länder
sind ja ebenfalls nicht frey davon. Der Junius besonders war so
schön, wie er in dem günstigsten Klima nur immer seyn kann,
und dennoch hält man diesen Monat für zu frühe, um die Erde
zu bearbeiten, da doch alsdann der Schnee selbst von den Bergen
schon verschwunden, und die Erde durchgängig aufgethaut ist.
Kurz, nichts als ein eingewurzeltes Vorurtheil, von welchem ich
sogar die Plerren Offiziere der Garnison nicht freysprechen
kann, wenn ihnen gleich das Lob gebührt, ein vortrefliches
Beispiel in Anlegung ihrer Gärten gegeben zu haben, kann
davon abhalten , die Gärten in diesem Monate zu bestellen.
Im halben May, sagt Capitain King in Cook’s dritter Reise
*), sammelte man eine Menge wilden Knoblauch , Sellerey
und Nesseln für die Mannschaft. Wenn im halben May schon
so viel ohne die geringste Cultur hervorgekommen ist, so glaube
ich nicht zu viel gesagt zu haben, wenn ich behaupte, dafs man
in diesem Monat anfangen sollte, die Gärten zu bestellen. Es
mag schwer seyn, die Indolenz zu überwinden, und Vorurtheile,
die so tief Wurzel gefafst haben, zu zernichten, aber unmöglich
is’t es nicht. Es liefse sich gewifs so gut in Kamtschatka , wie
sonst irgend wo, ja sogar befser und wohlfeiler, als in vielen Provinzen
Rufslands leben , nur müfste die Regierung Mafsregeln
treffen, die von den bisherigen sehr verschieden sind. Doch ist
auch dieses nicht genug. Von der pünktlichen und gewifsenhaften
Ausführung der Pläne, welche die Regierung zur Verbefserung
Kamtschatka^ entwerfen sollte, hängt das wichtigste ab. Diese
zu bewirken,, ist freylich bey der grofsen Entfernung keine leichte
Sache, und man darf sie nur sehr geprüften Männern anvertrauen,
die weniger an sich denken, als an den Nutzen, den sie dem
allgemeinen Besten leisten.
Vor einigen Jahren, da ich Kamtschatka nur noch theils
aus gedruckten, gröfstentheils aber aus mündlichen Nachrichten,
die oft viel zuverläfsiger als jene sind, kannte, habe ich schriftlich
meine Meinung über dieses Land gegeben. Ich habe es
jetzt selbst gesehen, und gestehe, ohne dabey Partheilichkeit für
mein damals geäufsertes Urtheil zu hegen, dafs ich dasselbe vollkommen
richtig befunden habe. Leider ist auch ein Theil von
dem, was ich damals befürchtete, das Aussterben der Kamtscha-
*) Die . Resolution und Discovery waren sclion den aösten .April neuen
Styls in Kamtschatka angekommen.