Ha die ersten Schmetterlinge Mitte Juli erscheinen, und man zu Ende desselben Monats schon
junge Räupchen findet, so muss die Ausbildung derselben im Eie schnell erfolgen. Das Ei selbst wird
wahrscheinlich bald nach der Begattung des'Schmetterlings einzeln an die kleinsten Blüthenknospen gelegt.
Die Raupe nährt sich in der Jugend wahrscheinlich von den inneren Blüthentheilen, später, wie
ich beobachtete, vom Samen, macht aus den beiden deltaförmigen Kelchblättern ihr Wohnhaus und beisst
sich, sobald die Blüthe oder der Same darin verzehrt ist, durch den Stiel, um mit dem Vordertheile ihres
Körpers einen anderen, gewöhnlich grösseren Blüthenkelch zu erreichen, der ihr nun neuerdings, erst
zur Speisekammer, dann zum Wohnhause dient. Zuweilen bleibt das erste Säckchen am zweiten hängen,
und dann sind die Raupen sehr leicht zu finden oder es fallt herab. Im höheren Alter scheinen sie ihre
Wohnungen nicht immerzu wechseln, sondern sie langen mit ausgestrecktem Leibe nur so weit in ein
neues Samenbehältniss hinein, als zur Verzehrung des Samens nothwendig ist, und bleiben mit dem
hinteren Theile des Körpers in ihrer früheren Wohnung (Taf. 86. Fig. a.) Auf diese Weise werden
von ihnen viele Samenkapseln geleert, bis sie gegen Ende Oktober ihre volle Grösse erreicht haben. Sie
begeben sich dann herab an den Hauptstamm derTflanze, befestigen den Sack fast horizontal an denselben,
bohren sich in das Innere des Stammes hinein, machen im Marke desselben eine geräumige Höhle und
bleiben darin, mit nach innen gekehrtem Kopfe, den ganzen Winter über unverwandelt liegen. Da-die
Raupen im Pllanzenmarke meistens sehr nahe beisammen liegen, so beherbergt ein solcher Pflanzenstengel
oft bis fünfzig Raupen. Er sieht dann mit seinen rundherum, horizontal hängenden Säckchen
sonderbar aus, besonders wenn er blätterlos und abgestorben ist. Die an morschen Brettwänden und
Planken gefundenen Säckchen bezeugen, dass die Raupen nicht nur in Pflanzenstengeln, sondern auch
iu andern weichen Gegenständen überwintern.
Im Mai des folgenden Jahres macht sie sich in ihrer Winterwohnung ein ovales, weisses, fast
durchsichtiges Gespinnst, und liegt umgekehrt in demselben, mit dem Kopfe am Bohrloche (Fig. e). Die
Verwandlung zur Puppe erfolgt zu Anfang Juli3 diese ist erst weisslich gelb, späterhin wird sie bräunlich,
hat lange Flügelscheiden und zu beiden Seiten an den Ringen abwärts gerichtete, am letzten Ringe
aber zwei aufwärtsstehende Spitzen (Fig. G, H , ƒ.) Wach 10 ■£- 12 Tagen entschlüpft in den Morgenstunden
der Schmetterling, stösst im Herausdrängen das bis dahin am Bohrloche befestigte, und wahrscheinlich
zur Abwehrung der Feinde dienende Säckchen hinweg, lässt aber die Puppenhülse im Ge-
spinnste zurück. Bald nach der Entwicklung des Schmetterlings erfolgt auch die Begattung.
Von ihrer Jugend an bis zur. Verwaadlung hat die Raupe eine gelblich weisse Farbe 5 der Kopf
und das Nackenschild sind hellbraun. Auf dem zweiten Ringe stehen iibbr den Füssen ein runder, und
auf der Rücken-Mitte zwei längliche, braune, hornartig und stark glänzende Flecken. Die Afterklappe
ist glänzend sekwarz und dicht mit warzenähnlichen Erhöhungen besetzt (Fig. D , Rückenseite). Jeder
Ring hat auf dem Rücken zwei gelbliche Wärzchen , auf welchen ein kurzes, weissliches Haar steht.
Die Krallen sind bräunlich, die übrigen Füsse gelblich weiss. Bei starker Vergrösserung sieht man,
dass die ganze Raupenhaut runde, eingedrückte Punkte hat (Fig. D , Bauchseite.)
Der kleine, in der Figur a auf der Tafel 87 im ausgebreiteten Zustande, und in Fig. k der Tafel 86
in sitzender Stellung und in natürlicher Grösse dargestellte Schmetterling hat für das blosse Auge goldgelbe
Vorderflügel, auf welcher sich von der Wurzel bis zur Mitte einige schwarze Längslinien und dahinter
bis zur Spitze mehrere goldglänzende mit Schwarz umgebene Punkte, und ein schwarzes Längs-
streifchen in den Franzen der Flügelspitze befinden. Auch die ausgebreiteten, gelblichen Schuppenbüschel
der Fühlerwurzel sieht das unbewaffnete Auge deutlich. Die folgende Beschreibung ist nach einem noch
nicht geflogenen, ruhig sitzenden Exemplare unter starker Vergrösserung genommen (Taf. 87.
Fig. 5 , C, D , £ ).
Die glatt anliegenden Schuppen des Kopfes, die etwas aufwärts gebogenen Palpen, und der ziemlich
lange Schuppenbusch des Fühlerwurzelgliedes sind helllehmgelb* Das vorletzte Glied der Palpen
ist etwas rauh 3 an seinem etwas dickeren Ende verlängern sich unten die Schuppen in eine kurze Spitze.
Das ein wenig kürzere Endglied ist glätter und gespitzt. Die Zunge ist lang und rauh. Das Wurzel-
o-lied der Fühler wird von einem pinselartigen Schuppenbusche bedeckt, dessen Haare vorne schwarz
gemischt sind. Die Fühler, von der Länge des ganzen Körpers, sind weisslich und schwarz geringelt.
Der Hinterleib hat oben einen schwarzen Grund, bedeckt mit gelblich weissen Haaren3 unten wechseln
bei dem Manne gleichbreite, schwarze und weissliche Gürtel 3 nur der letzte Ring und der Afterbüschel
sind weisslich ohne Schwarz (Fig. D ) 3 bei dem Weibe sind die schwarzen Gürtel der hintersten Ringe
breit, die der vorderen schmal (Fig. C). Die Beine sind gelblich weiss.
Die Vorderflügel haben eine goldgelbe Grundfarbe. Der Vorderrand führt einen glänzend goldigen
Saum bis zur Flügelmitte. Der Saum des Innenrandes glänzt weniger. Zwischen diesen Säumen liegen
zwei, gleichfalls glänzend goldige Längsstreifen, wovon der untere stets aus der Basis entspringt,
der obere aber kürzer ist. Beide reichen bis in die Mitte des Flügels und sind schwarz gesäumt. Sind
die Streifen stark goldig, nemlich frisch und nicht abgerieben, so wird der schwarze Saum derselben
wenig bemerkbar. . Bei geflogenen Stücken sieht man meistens nur die schwarzen Linien ohne Gold
oder mit wenigem. Hinter diesem Streifen stehen fünf stark glänzende und goldene, von starken schwarzen
Schuppen umgebene, runde Punkte3 vier längs des Vorderrandes bis vor der Spitze und einer am
Innenrande, dem oberen zweiten gegenüber oder mit ihm fast verbunden. Die Flügelspilze ist lang ge-
franzt; die Haare dieser Franzen sind am Vorderrande bleich goldgelb, dann bilden sie ein, scheinbar
aus dem letzten Goldpunkte kommendes, schwarzes Strichchen, welches der Schmetterling, wenn er
ruht, stets aufwärts richtet (Taf. 86. Fig. Ä), und die langen Haare am Hinterwinkel sind gelbgrau.
Die hellgrauen, schmal lanzettförmigen Hinterflügel haben am Vorder- und Innenrande lange
Franzen. Auf der unteren Seite ist alles einfach braungrau.
Ich finde es für nöthig, zu bemerken, dass diese schöne Art unter zweierlei von mir gegebenen
Namen, erst als Orn. Awricomella, nachher als Orn. Zelleriella versandt worden ist. Später machte
mich Herr Senator von Heyden in Frankfurt a. M. darauf aufmerksam, dass sie auch in England einheimisch
und von Stephens als eigene Gattung Easpilopteryx, Aurognlella benannt und gut beschrieben
sei. — Nach Treitschke gehört sie in die Familie B der Gattung Ornix, und nach Zeller (in der
Isis 1839) in die Gattung Coleophora, Gruppe C.
Die Tafel 86 stellt dar in :
Fig. a y a etc. die Raupen in ihren Säcken auf einem blühenden Zweige der Melde;
B , die, vergrösserte Raupe 5
C, den Kopf und die ersten drei Ringe derselben von der Seite 3
D , die noch mehr vergrösserte Afterspitze derselben 3
ß , die eingesponnenen, im Pflanzenmarke überwinternden Raupen mit ihren am, hier durchgeschnittenen,
Pflanzenstamme befestigten Säckchen 3
F , die Puppe in natürlicher Grösse 5
G, dieselbe vergrössert5
H , die noch mehr vergrösserte Afterspitze auf der Bauchseite , und