ilim mehrere Arten aus der Sammlung zum Abbilden zu schicken, welches Versprechen er auch schon
um der Wissenschaft Willen halten wolle. Ferner müsse er der Sammlung, welche wegen des Transportes
nach Linz und Waizenkirchen, und wegen andern angegebenen Ursachen noch in Schachteln
nufl>ewahret sey, eine, des kais. Cabinettes würdige Ausstattung geben; sie, um Irrthümer zu verhüten
, selbst sorgfältig ordnen; die wenigen, zu Grunde gegangenen Stücke durch neue, leicht auf-
zutindende ersetzen, und die, seit jener Zeit aufgefundenen, ungefähr fünfzig, im syst. Verz. nicht
enthaltenen neuen Arten einschalten.
Diese Schenkung ist aber aus Ursachen , die wohl dem Herrn Dr. Duftsclimid in Linz bekannt
waren, jedoch in seinen Briefen nicht ausdrücklich erwähnt werden, nicht geschehen; die Sammlung
blieb Eigenthum des Besitzers bis zu seinem Tode. Herr Dr. v. Schreibers war in der Zwischenzeit
Direktor des k. k. Hof-Naturalienkabinettes geworden, und dieser grosse Kenner sah wohl ein,
wie wichtig der Besitz der Schiffermiiller’schen Sammlung dem Kabinette seyn musste; er unterliess
daher nicht, sogleich kräftig für den Ankauf derselben zu sorgen. Sie wurde auch noch im Dezember
1806 durch Vermittlung des gleichfalls rühmlichst bekannten Entomologen Herrn LandschaftsphysiGUs
Duftsclimid in Linz von dem Kurator der Verlassenschaft Schiffermüller’s , nachdem einige Streitigkeiten
über die Sammlung gehoben waren, um den unglaublich billigen Preis von 84 fl. *) erkauft,
mittelst sechs Trägern von Waizenkirchen nach Linz, und im Januar 1807, auf der Donau nach
Wien gebracht. Herr Direktor v. Schreibers bewirkte nicht nur allein, dass dem Herrn Dr. Duft-
schmid für seine eifrige Verwendung bei diesem Geschäfte, und zugleich als eine Anerkennung seiner
literarischen Verdienste von Sr. Majestät dem Kaiser die goldene Civil-Ehrenmedaille verliehen wurde,
sondern er sorgte auch dafür, dass, auf Vorstellung des Herrn Dr. Duftschmid, der ständische Tanzmeister
Herr Linder in Linz, für dessen Hülfeleistung bei Verpackung und Versendung der Sammlung,
insbesondere aber dafür 100 fl. aus der Kabinettskasse erhielt, weil Sehiffermüller zu jener
Zeit, als er seine Sammlung dem k. k. Naturalienkabinette zu schenken gedachte-, aus einer dem
Herrn Linder gehörigen Sammlung viele Exemplare zur Completirung seiner eigenen herausgenommen,
und dem Herrn Linder dafür eine Vergütung versprochen hatte, die nicht erfolgt war.
Wir erfahren liier also, dass jene Exemplare der Schiffermiiller’schen Sammlung, die sich nicht
als seine eigenen beurkunden , solche sind, welche er aus der Linder’schen Sammlung nahm. Diese
Urkunden widerlegen auch die Sage, dass die jetzige Sammlung schon die dritte, von Schiffermüller
angelegts sey; sie bezeugen vielmehr, dass es die'Ursammlung ist, und dass die in derselben vorkommenden
fremden Stücke ihren Platz von Schiffermüller selbst angewiesen erhielten. Denn, obwohl ich in
den Briefen Duftschmid’s erwähnt finde, er habe die Sammlung bei ihrer Uibernahme von den darin
befindlich gewesenen, feindlichen Insekten gereinigt, so finde ich doch nichts bemerkt, dass die wenigen
Lücken, welche er fand, nachher durch Herrn Linder, -und aus dessen Sammlung ansgefüllt worden
wären. Es ist möglich, dass Schiffermüller bei dem letzten Ordnen seiner Sammlungsich selbst Unrichtigkeiten
zu Schulden kommen liess. Erwägt man aber, dass er damals ein hohes Alter hatte, und dass
wenigstens 22 Jahre seit der Verfassung des Verzeichnisses verflossen waren, in welchem Zeiträume
er , wie sein Brief und die übrigen Schriften bezeugen, nur sehr wenig in den grösseren Schmetter-
*) Duftsehmid sogt in einem seiner Briefe, dass der Werth der Sammlung den Betrag von 500 fl. weit
übersteige, und dass er von Schiffermüller selbst gehört habe, es sey ihm dafür von FranbfuHh aüs
schon 2000 fl. angetragen worden.
linken, in den kleineren aber gar nichts gearbeitet hatte, also seinem Gedächtnisse Vieles entschwunden
seyn konnte; so sind die wenigen Fehler, welche ich finde; sehr zu entschuldigen.
Herr Ziegler glaubt, dass Herr von Charpentier die Mikrolepidopteren, als er sie im Jahre 1816 *)
verglich, so gefunden haben müsse , wie sie Schiffermüller selbst geordnet hatte., da bis dahin, und
unter seiner Aufsicht keine Veränderung in jenen Kästchen, welche diese Schmetterlings - Gattungen
enthalten, vorgenommen worden war.
In neuerer Zeit will man einem, nicht mehr lebenden Entomologen, v. Gysselön, die wirklichen
und vermeintlichen Fehler der Sammlung aufbiirden, die er beim Ausputzen und Umstecken
derselben, wozu er vom Direktorium beauftragt war, begangen haben soll. Wäre dieses auch der
Fall, so hätte es doch keinen Bezug auf v. Charpentier’s Werk, denn Gysselen renovirte die Sammlung
unter Herrn Kollars. Aufsicht, und dieser trat erst im Jahre 1818 an die Stelle des Herrn
Ziegler. Herr Kollar versichert mich, Gysselen sey zu genau und gewissenhaft gewesen, als dass er
sich Versetzungen der Arten würde haben zu Schulden kommen lassen. Eine Bestätigung dieses
Zeugnisses finden wir darin, dass Herr Treitschke mehrere Jahre nachher die Sammlung, mit wenigen
Ausnahmen;, so wieder fand, wie sie früher Charpentier gefunden hatte; und da ich jetzt Alles
auf derselben Stelle finde, wo Herr Treitschka es sah, so ist auch in dieser Zwischenzeit keine
Veränderung vorgefallen. Ich hoffe, die Sammlung wird fortwährend,;-«so lange sie dem Alles zernagenden
Zahne der Zeit entzogen werden kann, als eine ehrwürdige Reliquie der Nachwelt erhal-
*ten werden«
Es will aber Herr v. Charpentier mehrere Arten des syst. Verz. in der Sammlung nicht gefunden
haben, welche Herr Treitschke später an der richtigen Stelle fand, wo auch ich sie jetzt wieder finde.
Sie können nicht später dahin gesteckt worden seyn, da es Schiffermüller’sche Exemplare, an ganz
kurzen Nadeln sind, wobei sich Etiquetten, von Schiffermüller selbst geschrieben, befinden. Diese
Fehler entsprangen ohne Zweifel daraus, dass Herr v. Charpentier die Sammlung nicht mit jenem erforderlichen
Zeitaufwande bearbeiten konnte, wie dieses jetzt von mir geschehen kann. Dass wir übrigens
jetzt Manches anders und besser sehen , als früher, das liegt in den Fortschritten, die wir seit jener
Zeit in der Microlepidopterofogie gemacht haben. Und hatte Herr v* Charpentier dasjenige Hübner sehe
Exemplar zum Vergleiche vor sich, welches sich jetzt im k. k. Kabinett befindet, so waren falsche
Urtheile leicht möglich und auch sehr verzeihlich, da die Microlepidopteren dieses Werkes so schlecht
colorirt sind, wie ich sie noch in keinem anderen Hübnerschen Exemplare gesehen habe.
Charpentier’s Ansichten, und die daraus hervorgegangenen, scharfsinnigen Urtheile und Berichtigungen
des Herrn Dr. Zincken wurden seit jener Zeit als Norm bei Bestimmungen angenommen; Meli-
reres hievor wurde wieder durch Treitschke berichtiget, aber Vieles blieb auch dem Letzteren noch
undeutlich oder unsicher,
Ich habe bereits die Wickler und einen Theil der Schaben der Sehiffermüller sehen Sammlung
genau mit der meinigen, meinem vortrefflichen Hübner und andern Werken verglichen, und finde gar
oft die in Zweifel gezogenen oder als nicht passend befundenen Worte des System. Verz. recht gut mit
den Exemplaren der Sammlung übereinstimmend; man muss sich nur vorher mit den Farbenzeichnungen
*) Das Werk Charpentier’s ist 1821 erschienen. In der Vorrede spricht der Verfasser von seinem v o rj
ä h r ig e n Aufenthalte in Wien. Diess Hesse auf 1820 schliessen. Er schrieb es aber, laut einer
Bemerkung auf der Seite 145, zu Ende 1817.