Spelzen eines Sommerweizens ansgelülirt; liierliei zeigten sieli mehrere Keime
nacli 8 Stunden, obgleich die Temperatur der vorhergehenden Naclit auf
— 5° gesunken war und während der vorhergellenden 10 Tage fast täglich
weniger als 0 betragen liatte.
Erfolgt die Keiiniiiig a u f toter Unterlage, z. B. a u f einem angefeiieh-
teten Objektträger, so ist der Hergang folgender. Zuerst ergiesst sicli durch
eine Keiinpore, und bald d a rau f anoh diiroli die gegenitberstehonde (Fig. 46),
der farliige Iiilialt der Spore iu einen melir oder weniger schnell aiivvacli-
sendeii Keinischlaiicli. Gewöhnlich ist das AAtechstiini der beiden Keim-
sehläiiolie ein selir verschiedenes. Der eine wäclist schnell und erreicht in
kurzem eine Länge, welche mehrere Male grösser ist als die des Diameters
der Spore, wobei sich seine Spitze bald nach rechts bald nach links spira
lig drelit, als ob sie nacli einer ilirem ferneren Gedeihen geeigneten
Unterlage suchte. Der zweite Faden liört jedooli sehr bald zu wacliseii
auf. P l o w r i g h t (I, 3), der im August 1 8 8 1 der Keimung dieser Sporen grosse
Aufmerksamkeit widmete und den Verlauf derselben iinistäiidlich beschreibt,
glaubt, der Nutzen des kurzen und bald ebenso wie die Spore inhaltsleeren
Fadens könne darin bestehen, dass er die Spore am Blatte festhalte und
dadurch das Eindringen des anderen Fadens in eine Spaltöifniing ermögliche.
Sehr selten scheint es vorziikomiiien, dass, wie es W a r d (II, Pi. 11, 3 a)
und E o s t r u p (AHII, eo) heohachteten, die Keimtäden aus drei Keimporeii lier-
aiistreten.
Man h a t allgemein angenommen, dass die Keimung denselben Verlauf
nehme, wie den eben nach der Kultur au f einer angefeiicliteteii Glasplatte
geschilderten, auch wenn die Sporen a u f eine völlig natürliche Unterlage,
z. B. einen Hautabschnitt der iiatiirlichen AVirtspflanze des Pilzes gebracht
werden. Man h a t aber hierbei keine besondere Rücksicht au f den nicht 1111-
'vesentlichen Unterschied genommen, der zwischen den beiden Voraiis-
setziiiigeii besteht, wenn man es das eine Mal mit nur einem lebenden Organismus
zu thun hat, das andere Mal aber mit zweien, von denen man
sicher weiss. dass sie sich in ihrem iiatiirliohen Zustande keineswegs indifferent
zn einander verhalten. Es liegt daher nahe anzunehmen, dass die
eigeiitümliclieii Kräfte, die uns die neuere iihysiologische Forsclitiiig in immer
grösser werdendem Umfange bei vielen Erscheinuiigeii des Pflaiizeiilebens
als mechanischen, chemischen oder anderen Reiz (»Contactreiz», »Clieiiiisoher
Reiz»; PpBFEER, I, 245, 2 4 9 ) kennen lehrt, auch hier von Bedeutung sein
könnten.
Die Richtigkeit dieser Annahiiie wird auch bestätigt, wenn man, die
zahlreichen Saatversuche von Üredosporen auf die Blätter der natürlichen
AVirtspflanze verfolgt, bei denen wir meistens Ureäo graminis f. sp. Secalis
a u f ju n g en Eoggenblätteni versuchten. Es ergab sioli liierbei, dass die
Keimung einen wesentlich anderen Verlauf nahm. AVenn d ie durch die
Keiinpore h e r a u s d r i n g e n d e s a c k ä h i i l i c h e A iis c liw e lliitig s o f o r t nach
ihrem Austritt e in e S p a l t ö f f n i i i i g s z e l l e h e r l ih r t , so e r g i e s s t s i c h
.schnell d e r ganze I n h a l t d e r S p o r e d i r e k t in d ie S p a l t ö f f n u n g
(Fig. 47 a, b), o h n e e in e n l a n g e n K e im f a d e n zu e i i tw i c k e l e n . Zuweilen
kann man noch sehen, wie die leere Sporeiischale über der Spaltöffnung
liegen geblieben ist, während der aus derselben entleerte fast plasmodienähnlich
iinförniliohe In h a lt im Begriffe ist eiiizudringen. Der eine Teil desselben,
dicht an die eine Ecke der Öffnung gedrückt, h a t sich in den in n e ren
Hof der Öffnung hineingezwängt, während der andere sich noch in dem
äusseren Vorhofe befindet (Fig, 47 a). Zuweilen dagegen erblickt man die
Sporenscliale nicht mehr, sondern nur den Plasmakörper. Die Form desselben
scheint sich ganz nach der Gestalt der Spaltöffnung umwandeln zu
können. Sollte diese sehr schmal sein, — und grosse Schwankungen in
dieser Bezieliung können diclit neben einander au f demselben Blatte Vorkommen,
so kann der Plasmakörper die ganze Länge der Öffnung einnehmen
(Fig. 47 b). und dieselbe während seines Eindringens gänzlich verstopfen.
S o l l t e d e r K e im s c h l a u c h dagegen, wenn er im Begriffe ist aus der
Spore hervorzudringen, n i e h t s o f o r t d ie AVand e i n e r Spaltöffnungs- oder
anderen E p id e rm i s z e l l e t r e f f e n , so e n tw i c k e l t e r s ic h zu e in em
mehr oder weniger l a n g e n K e im f a d e n . Sobald dieser F aden indessen
mit seiner Spitze e in e E p id e rm i sw a n d e r r e i c h t , wird sein L ängenwachstum
unterbrochen, uud d e r g a n z e I n h a l t d e s F a d e n s s am m e lt
s ic h au d e r S p i t z e a n , die zu e i n e m 'u u r e g e lm ä s s i g g e f o rm t e n P l a s m
a k ö r p e r anschwillt, welcher sich d i c h t a n s e in e U n t e r l a g e an-
sohmiegt. Hierbei kann es eintreffen, dass der Plasmakörper mitten über
eine Spaltöffnung kommt (Fig. 47 c, oben), durch die er sich dann hineiii-
zwängt, oder auch mitten über eine dariuiterliegende vertik a le Epidermis-
seheidewaud (Fig. 47 c unten), oder schliesslich so zu sagen an der Seite
einer solchen d. h. der angenommenen Fortsetzungsebene derselben entlang
liegen bleibt (Fig. 47 d). Manchmal sieht man zwei solche entleerte Plasmakörper
dicht hinter einander, den einen in der Fortsetzung des anderen, liegen
(Fig. 47 e). Nachdem sie so zerflossen sind, scheinen sie keinen ferneren
Keimfaden auszusenden uud aueh nicht mehr ihren Platz zu verlassen.
Auch nicht einmal die allernächste Nachbarschaft einer Spaltöff'iinng scheint
hierbei irgend welchen anziehenden Einfluss zu üben. Fig. 47 f zeigt demnach
einen noch nach 3 Tagen diclit neben einer Spaltöffnung liegenden Plasma-^
körper. Nacli Verlauf einer so langen Zeit ist in diesem indessen eine molekulare
Verändernng eingetreten, die wahrscheiulich als Zersetzung oder
Tod aufzufassen ist, wobei sich im Plasinakörper einige selir grosse A*akuolen
gebildet hahon (Fig. 47 f, g).
D ie e b e n b e s c l i r i e h e n e i i P l a s n i a k ö r p e r s in d zu den Gebilden
zn rechnen, die zuerst F r a n k (II, .3 0 ) 18 8 3 beobachtet hat, als er den
Keimprozoss der anf frische Papiielhlätter gesäten Sporen von F u sicladium
Trcmulae verfolgte, und die von ihm den Namen A p p r e s s o r i e n (Haft-
organe) erluelteu. Bei den Uredineen sind dergleichen Haftorgaiie k o n sta
tie rt worden von M ü l l e r (I, 7 3 5 ) im Ja lire 18 8 6 an den Siioridieiikeimen
des P hragmidimn violaceiim, und in neuester Zeit im Ja h re 18 9 3 von B ü s g e n