den Rost von den waolisenden Saaten abzAiwenden. > Danach wurden Opfer
verrichtet; zuerst spendete man wohlriechenden Weihrauch und Wein, dara
u f opferte man die Eingeweide mitgehrachter Tiere, besonders ju n g e r Hunde
von roter Farbe, aber auch solche vou Schafen oder zarten Kälbern. Schliesslich
führte man auch gewisse Spiele anf.
Auch bei den kurz vorher gefeierten Cerealien und besonders an dein
letzten, dem wichtigsten, Tage derselben, am 19. April, fanden gewisse
Vorgänge statt, die sich a u f den Rost bezogen. Da wurde unter anderen
im Cirkus eine Fuclishetze ahgehalten. Brennende Fa ck e ln wurden den
Füchsen au die Schwänze gebunden als Symbol des Schadens, den der Uber
die Felder streichende Rost dann verursacht, wenn zur Zeit des Hundssterns
heisse T age auf kalte, taureiche Nächte folgen.
Solche Feste zu Ehren der Rostgottheit sind wahrscheinlich noch viele
hundert J a h re hindurch gefeiert worden. Der Lexikograph F o r c b l l ik i (I,
6 7 2) erwähnt 1833 als feststehend, dass man solche Feste, auch nachdem
das Christentum durch den Kaiser K o n s t a n i ik u s (323 n. Chr. O.) zur Staatsreligion
erhoben worden, begangen liabe. In einer späteren Zeit scheinen
sie durch das wenigstens seit dem siebten Ja h rh u n d e rt au f eheudenselhen
25. April verlegte, von G e e s o r iü s d em G r o s s e n (dem römischen Bischof 590)
gestiftete Marensfest (Festuin S. Marci Evangelista!) mit der an demselben
vorgeleseuen grossen Litanie (Litaniic majores) ersetzt worden zu sein.
Natürlich hat auch der erste naturgeschichtliche Verfasser des Altertums,
P l i n i u s S e c u n d u s oder der Ältere ( 2 3—79 n. Chr. 6 .) nicht imter-
' Dieses von Ovinnjs (I, Lib. 4, v.'911—932) in Distichen wiedergegebene Gebet lautet
in Dr E. F. Me t z g e r s Übersetzung wie folgt:
»Rauhe Robigo, verschone du doch die Halme der Ceres,
Lass ein zartes Gesäm wogen, dem Boden entkeimt!
Lass auch, sattsam genährt von Gestirnen des günstigen Himmels,
Wachsen die Saaten, und schön reifen zur Sichel heran.
Gross ist deine Gewalt. Denn welches Getreide du zeichnest.
Zu den Verlorenen zählt traurig der Pflanzer es schon.
Niemals schadeten Winde so selir, noch Regen der Ceres,
Noch ein marmorner Frost, wenn er sie senget und bleicht.
Als es ihr schadet, wann Titan erhitzt die bethaneten Halme:
Dann macht strafend dein Zorn, furchtbare Göttin, sich Balm.
Schone die Ernten, ich fleh’, uud entferne die rostigen Hände,
Scliade nicht urbarem Laud: scliaden zu können genügt.
Zehre nicht keimende Saat, nein, nur das gehärtete Eisen:
Was zu vertilgen vermag Andre, vertilge zuerst.
Nützlicher ist’s, du zernagst nur Schwerter uud schadende Pfeile:
Denn sie frommen zu nichts. Ruhe geuiesse die Welt.
Jetzo glänze der Hacken, der lastenden Karst uud der krummen
Pflugschaar ländliches Zeug! Waffen bedecke der Schmutz!
Wenn auch einer versucht, aus der Sclicide das Eisen zu ziehen,
Fühl’ er am langen Verzug solclies gehalten von dir!
Aber verletze die Ceres du nicht: so mögen die Pflüger
Stets die Gelübde dir auch zollen, wenn ferne du bleibst!»
lasscu das mitzutoileii, was llmi über die Naturge.schichte des Getreiderostes
zu Ohren gekommen, und zwar nicht nur alte Überlieferungen, sondern iiuch
durch eigene Beohaclitung erworbene Erfahrungen. Ebenso wie TitBOWiRA.STUS
e rk lä rt P l in iu s (1, Ca]). 17, § 154), dass die Lage für das Vordringen
des Rostes vou gi-osser Bedeutung sei, indem hochgelegene und offene Stellen
der K rankheit entgingen, während T h ä le r und taureiohe Felder im allgemeinen
sehr h a rt von demselben betroffen würden. Aueh P l in iu s spricht (I, Cap. 7,
§ 79) vou einer verschieden grossen Empfänglichkeit bei den einzelnen 6e-
treidearteu. P l in iu s b ehauptet aber, — im Gegensatz zu T h e o p i ir a s t ’s Äusserung
uud übereinstimmend mit den Beobachtungen der Neuzeit — dass
die Gerste die Getreideart sei, die von der Kran k h e it am wenigsten befallen
werde, und er e rk lä rt dies so, dass dieses Getreide früh reife und deshalb
noch zeitig genug geerntet und eingefahren werden könne, ehe der Rost,
der hauptsächlich den Weizen aiigreife, angekommen sei. Deshalb solle
auch ein guter Landwirt Weizen nur zum häuslichen Bedarf säen. Mit
grösser Bestimmtheit tr itt P l in iu s (I, Cap. 28, § 275) der alten Meinung
d e r Griechen entgegen, es sei der sta rk e Sonnenschein au f das taureiche
Getreide die erste Ursache der Krankheit. Er spricht die Soime von aller
Schuld in dieser Beziehung frei.
Dass der Rost schon zu dieser Zeit eine grosse wirtschaftliche Bedeutung
gehabt, kan n man aus der Äusserung des P l in iu s (I, Cap. 17, § 161)
schliesseu, er sei der allerschliminste Feind der Saaten (»Robigo maxima
segetum pestis»). Das Wort robigo leitet P l in iu s von robus = rufus = rot
ab, weshalb es kaum zweifelhaft sein kann, dass er damit nicht den
Brand (Tilletia, üstilago), sondern wirklich eine oder mehrere derjenigen
Kraukheitsformen gemeint hat, die man auch heutzutage mit dem Namen
Bost belegt. Auch bringt er ein neues Schutzmittel gegen die K ran k h e it in
Vorsclilag (I, Cap. 17, § 161): Mau solle Lorbeerzweige in die Erde stecken.
Der Rost würde dann a u f die Lorbeerblätter übergehen.
2. Im IVlittelalter. Während der nun folgenden 1500 Ja h re fehlt es in
der ganzen L itte ra tu r beinahe gänzlich an Nachrichten über den Getreiderost.
Hieraus darf mau aber nicht folgern, es wäre jen e Kran k h e it nicht mehr
vorgekommen. Das Stillschweigen dürfte vielmehr seine E rk lä ru n g iu dem
Mangel an Interesse oder Aufmerksamkeit bei dem damaligen Geschleclite
finden. Diese Lücke in der Eostgesohichte h a t vielleicht aucli ihren
Grund iu unserer eigenen Uukeuntnis dessen, was die im allgemeinen
magere und schwer zugängliche damalige L itte ra tu r hierüber bergen mag.
Die einzige Angabe, die wir über das Vorkommen des Getreiderostes in jen e r
Zeit gefunden haben, stellt bei G o d b e r a y (I, 24 7), der in seinem Lexikon
der altfraiizösischen Sprache des IX .—XV. Ja h rh u n d e rts einen Verfasser
antührt, welclier angiobt, der Rost (rouille) sei in den Gebieten von Ange.
Bessin u. a. in der jetzigen Normandie vorgekommen.'
■ Eigentümlich ist, dass A lb erti-s M ag nü s (1193—1380). der erste Aristoteliker des
Abendlandes, welcher als Provinziale des Dunünik;iner-Ordens für Deutschland einen grossen