i í v l
Bemerkenswert ist anoh, dass sich die Rostflecken zuerst und ausschliesslich
an dem ersten Keiinhlatte nnd — bis a n f sehr seltene Ansnalimen
— an dem äussersten Drittel oder Viertel dieses Blattes zeigten. Dieser
Umstand erweckt ganz natürlieh den Gedanken, dass das Hervorbrechen der
Flecken zn dem snccessiven Hervortreteu der einzelnen Blätter, j a der einzelnen
Blattteile, in irgend einer direkten Bezieliung stellen müsse, da ja
bekanntlioli die Spitze der zuerst hervortretende nnd folglich einer etwaigen
äusseren Infektion in erster Reilie ansgesetztc Teil des Blattes ist. Um
wenigstens iu etwa bestimmte Zaiilen für die oben angedeutete Reihenfolge
zu erhalten, wui'de teils im Spätherbst vom 9 bis zum ®/io das Hervor-
spriesscn des ersten Blattes an zwei in Blnmentöpfen gezogenen Weizen-
pflanzen (Michigan Bronce) überwacht, wobei die Töpfe au f einer offenen,
nach Westen gelegenen Veranda standen, teils im Sommer 1893 vom 29.
Mai liis zum 31. Ju li sämmtliche liervortretende Blätter eines Weizenhalmes
(Emma-Sommerweizen) und eines Haferhalnies (Schwarzer Falinen-
hafer) an Pflanzen, die in je einem grossen Topf gezogen waren, beobachtet,
wobei wälirend der ganzen Zeit beide Töpfe im Freien in dem Versuclis-
garten standen. Wenn anch diese au f solche Weise in Töpfen gezogenen
Pflanzen iu ihrem Wachstum nicht mit den gleichzeitig au f freiem Felde
wachsenden gleichen Schritt hielten, indem z. B. die Topfpflanzen im
Sommer 1893 langsamer wuchsen und spä ter Ähren schossen als die F re ilandpflanzen
unweit davon, so dürften dennoch die gewonnenen Zahlen für
die Beurteilung der vorliegenden F ra g e niolit ohne Interesse sein. Wenden
wir uns zuerst zn einer der im Spätherbst 1892 überwachten Weizenpflänzchen,
deren Wachstum durch Fig. 14 au f der T a f I I veranschaulicht wird,
so finden wir, dass vom ersten Beobachtungstage (dem ®«/9 an), als sich
die Spitze des ju ngen Blattes schon 45 Mm. Uber der Spitze der umschlies-
senden Scheide befand, ein Zuwachs 8 Tage lang beobachtet wurde. Dieser
Zuwachs fand stets in den untersten Teilen des Blattes statt, weshalb die
P a rtie des Blattes, die am ersten Beohachtungstage entblösst war, nach 8
Tagen genau dieselbe Länge (45 Mm.) besass wie am ersten Tage. Nacli
Verlauf dieser 8 Tage wuchs das Blatt nicht mehr in die Länge. Die Zeit,
die für das Hervorhrechen des Blattes aus der Scheide bis zu der am ersten
Beobachtuugstage erreichten Höhe der Spitze nötig gewesen, wurde nicht
untersucht. Es ist jedoch aus den Beobachtungen an andei-en Pflanzen als
wahrscheinlich anzunehmen, dass hierzu 1 oder höchstens 2 Tage in Anspruch
genommen worden sind. Ist diese Annahme richtig, so h a t das Auswachsen
des ersten Blattes zur vollen und scliliesslichen Länge 9—10 Tage
gedauert. Die Spitze des zweiten Keimblattes tra t ungefähr 5 Tage, nacli-
dem das erste Blatt seine Spitze gezeigt hatte, hervor, und das oberste
Drittel desselben ist daher ungefähr von demselben Alter wie das unterste
Drittel des ersten Blattes. Aus dem Gesagten geht hervor, dass die obersten
45 Mm. des ersten Blattes 1—4 Tage vor dem mittleren Drittel desselben
Blattes — d. h. die 41 Mm., die den Zuwachs bei der vierten Beohaclitung
bilden — entblösst gewesen sind, sowie 4—9 Tage vor den untersten 29
Mm. dieses Blattes nnd dem damit g leichaltrigen obersten Drittel des zweiten
Keimblattes n. s. w. Man möchte g eneigt sein anzunehmen, dass die
wesentliche E rk lä ru n g der Ersclieinung, dass die Flecken so vorzugsweise
an dem obersten Drittel oder Viertel des ersten Blattes Vorkommen, in den
eben erwähnten Zuwaohsverliältnissen zn suchen ist.
Vollständig wird jedocli die Lage der Rostflecken kaum durch die eben
lieschriebene Reihenfolge der ersten Keimblätter nnd Blattteile erklärt. E ine rseits
wissen wir, dass der Altersnutersohied zwischen dem obersten nnd dem
mittleren Drittel des ersten Blattes nur 1—4 Tage beträgt, nnd zwischen
(lemselben obersten Drittel und dem untersten cbensowie dem obersten Drittel
des zweiten Blattes nnr 4—9 Tage, sowie dass — wie im folgenden
wird gezeigt worden — die Zeit, die bei künstlicher Infektion mit dieser
Üredoform von der Infektion an bis zum Hervorbrechen der Flecken ver-
fliesst, also die Inkubationsdauer, in der Regel 10—12 Tage nicht übersteigt.
Und andrerseits haben wir gefunden, dass von der Saat an 30—34
Tage und vom Keimen an 20—24 Tage verflossen waren, ehe man (am ®/io)
Rostflecken wahrnehmen konnte, nnd dass die Anwesenheit dieser üredoform
anf dem Felde wenigstens 10 Tage über diese Zeit hinaus gedauert hat, bis
zum ' ’/lo. Stellen wir nun diese Ersctieinnngen zusammen, so kann man
füglich fragen, warum die F lecken am ersten Beobaehtnngstage beinahe
ausschliesslich nur am obersten Drittel des ersten Blattes vorkamen. Man
könnte nicht ohne Grund erwarten, solchen Flecken auch, und zwar nicht
selten, am mittleren Drittel des ersten Blattes oder wenigstens zuweilen
an dem untersten Drittel desselben Blattes und am obersten Drittel des zweiten
Blattes zn begegnen. Man kann auch fragen, warum die ersten Flecken,
soviel wir wissen, erst 20—25 Tage nach dem Hervortreten der Blattspifze
haben wahrgenommen werden können. Auf diese Fragen können wir znr
Zeit noch keine befriedigende Antwort geben. Es lässt sich schwerlich
denken, dass die Infektionsdaner aus irgend einem Grunde grade au f die
wenigen (1—4) Tage beschränkt gewesen sei, welche die Spitze des ersten
Keimblattes zum Hervortreten branclite. Die beobachtete lange üredoperiode,
das reiehliclie Vorkommen lebenskräftiger Üredosporen an den au f dem
Felde befindlichen, spä t hervorgesprosseuen Weizenstöcken während der
zweiten und dritten ebensowohl wie während der ersten Woche dieser
Periode, sowie schliesslieli der Umstand, dass das Keimen der einzelnen
Körner und das Hervortreiben ihres ersten Keiinblättchens an verschiedenen
Tagen stattgefnndeii haben, dies alles macht eine solche Annahme fast u n möglich.
Anch lässt sich die E rk lä ru n g nicht in der Annahme suchen, dass
die Spitze der einzige für eine Ansteckung emptangliclie Teil des Blattes
vpäre. Eine reiche, hei künstlichen Infektionen gewonnene Erfalirung hat
nämlich gelehrt, dass es keinerlei Scliwierigkeiten bereitet, Rostflecken ebensowohl
anf den mittleren und unteren Teilen dei- Blattfläche wie au f dem
oberen hervorzurufen. Die Ersclieinung kann man anoh uieht durch die
Richtung, die das Blatt kurz nach dem Hervorhrechen einschlägt, näniiich
dnrcli die nacli unten nmgebogene Spitze, so erklären, als oh die Infektion