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 meint,  er  könnte  damit  auch  ebenso  gut  Rost  an  Pflanzen  im  allgemeinen  
 bezeiclinet  liaben. 
 Als  Kran k h e it  am  Getreide  dagegen  wird  der  Rost  ausdrücklich  von  
 dem  Schüler  dos  A r is t o t e l e s ’,  T h e o p h a s t u s   E r e s iu s   (371—286  v.  Chr.  G.),  
 erwälint.  Er  sagt,  dass  die  Getreidearten  heftiger  liiorvon  angegriffen  werden  
 als  die  Hülsenfrüchte  (oiropioc),  und  unte r  jen en   die  Gerste  (xpiüoi)  mehr  
 als  der  Weizen  (-äupoc),  und  verschiedene Arten Gerste  verschieden, am meisten  
 vielleicht  die  sog.  achilleische  Gerste  (xyjXXriti;),  eine  Gersteuart  mit  aufrechten  
 Ähren,  die  zur  Blütezeit  Griechenlands  in  hohem Ansehen  gestanden  
 haben  uud  nach  K ö r n ic k e   (I,  5 5 )   nach  einem  Landwirte,  namens  A c h i l l e s ,  
 b enannt  worden  sein  soll.  Man  liatte  auch  schon  damals  die Wahrnehmung  
 gemacht,  dass  die  Lage  des  Feldes  au f  die  Entwickelung  der K ran k h e it  von  
 Einfluss  ist,  indem  behauptet  wird,  dass  der  Rost  überhaupt  nicht  oder  doch  
 n u r  spä rlich  au f  windigen  oder  hochgelegenen  Feldern  vorkomme,  während  
 er  dagegen  in  T h ä le rn   und  au  windstillen  Stellen  grosso  Verwüstungen  aii-  
 riohte.  Als  Ursache  des  Rostes  nimmt  T h e o p h r a s t ü s   einen  Fäulnisprozess  
 an,  der  nach  Staubregen  odei-  reichlichem  Tau  mit  d a rau f folgendem  Sonnenschein  
 entstehe,  und  zwar  besonders  bei  Neumond,  da  die  Wärme  des  Mondes  
 die  Fäulnis  begünstige. 
 Sehr  bemerkenswert  sind  seine  Äusserungen  über  die  bei  den  einzelnen  
 Getreidearten,  j a   bei  den  einzelnen  Varietäten  derselben  Getreideart,  hervortretende  
 verschiedene  Empfänglichkeit  für  den  Rost,  sowie  auch  der  Ver-  
 sucli,  diese  Verschiedenheit  zu  erklären,  wenn  auch  weder  die  Einzelheiten  
 der  Beobachtungen  noch  deren  E rk lä ru n g   völlig  mit  der  E rfah ru n g   und  der  
 Anschauungsweise  unserer  Zeit  Ubereinstimmen.  So  leide  die  Gerste  mehr  
 durch  Rost  als  der  Weizen,  weil  die  Ähre  der  ersteren  dem  obersten  Blatte  
 n äher  sitze  und  sich  die  F äulnis  daher  bei  je n e r  Art  leichter  auf  die  Ähre  
 übertrage  als  bei  dieser.  Unter  den  Gerstenarten  sollen  die,  welche  aufrechte  
 Ähren  trügen  —  die weisse  achilleische  (a;»t»,7ii? >suz.7i, Hordemn  achil-  
 lemn  album)  und  die  schwarze  achilleische  (iyiXkrik ¡jJlxim, H.  a.  nigrum) —  
 schwerer  davon  betroffen  werden,  als  die  mit  niedergebogenen  Ähren  —  die  
 echte  Gerste  (exsoxpiffop  acnpaVö;,  H.  g e n u im m ).  Von  der  letzteren  fliesse  der  
 Regen  und  der  Tau  leichter  ab,  weshalb  sie  der  F äu ln is  besser  entginge. —  
 Man  k an n   allerdings  nicht  umhin,  recht  unsicher  zu  sein,  wie man  die  Gerste  
 und  den  Weizen  des  T h e o p h r a s t ü s   hier  auffassen  soll,  teils  deshalb,  weil  
 er  selbst  (II,  Lib.  4,  Cap.  14,  2)  die  Gerste  als  n a ck t  beschreibt,  aber  den  
 Weizen  von  mehreren  Schalen  bedeckt  sein  lässt,  teils  deshalb,  weil  die  
 Behauptung,  die  Gerste  werde  härter  betroffen  als  der  Weizen,  nicht  nur  
 den  E rfahrungen  der  neueren  Zeit  widerspricht,  sondern  auch  den  Nachrichten  
 hierüber,  die  uns  P l in iu s   im  Anfänge  unserer  Zeitrechnung  giebt,  
 dass  nämlich  die  Getreideart,  welche  am  meisten  vom  Rost  heimgesucht  
 werde,  der  Weizen  sei.  Wie  dem  nun  auch  sein  mag,  so  viel  steht  immerhin  
 fest,  dass  man  eine  bei  den  einzelnen  Varietäten  derselben  Getreideart  
 verschiedene  Empfänglichkeit  beobachtet  haben  dürfte. 
 Anf  den  grieehiseheii  Inseln  Rhodos  und  Kypros  flehte man  nach  S tra b o n   
 (66  V.  Chr.  G.—24  n.  Chr.  G.;  I,  Lib.  13,  Cap.  1,  §  64,  A  912)  zu  Apollon,  
 mit  dem  Beinamen  ’Epuaiiiiop  (von  spusißvi,  der  griechischen  Benennung  des  
 Rostes),  dass  er  den  Rost  von  dem  Getreide  fern  halten  möge.  Und  in  derselben  
 Absicht  verehrten  die  Gorgoiiicr  am  Flus.se  Hermes  in  Kleiuasien,  
 nach  S t y r z iu s   (I,  2 1 0 ),  die  üem e te r,  die  davon  den  Beinamen  ’Epucn,8i-/i  
 erhielt. 
 Eine  noch  cigentümliehere  »Stellung  jedoch  nahm  der  Rost  iu  dem  a ltrömischen  
 Kultus  ein.  Schon  V a e r o   (117—26  v.  Chr.  6 .)  nennt  (I,  Cap.  1 ,  f,)  
 unter  den  Schiitzgöttern  der  Saaten  auch  Robigus,  den  Gott  des  Rostes,  und  
 erwähnt  (II,  Cap.  6  §  16)  Feste  zu  Ehren  desselben,  we lch e -lio h ig a lia   genannt  
 wurden.  Hiervon  siiricht  auch  C o l ü m b l l a   (u n g e f  50  v.  Chr.  G.;  
 I,  Cap.  13)  welcher  ausserdem  ebenda  eine  bestimmte,  p raktische  Massregel  
 als  Mittel  gegen  den  Rost  vorschlägt.  Man  solle  im  AVinter  ganze  Haufen  
 von  Spreu  sammeln  und  sie  bei  drohendem  Froste  anzünden,  um  hierdurch  
 sowohl  Frostschäden  als  auch  Rostkrankheiten  zu  verhüten. 
 Die  ausführlichste  Beschreibung  der  merkwürdigen,  jäh rlic h   wiederkehrenden  
 Robigalien  findet  man  hei  O v id iu s   (43  v.  Chr.  G.—17  n.  Chr. 
 G.).  Dieser  erzählt  (I,  e s i)   eine  unter  den  Einwohnern  der  latinischen  
 Stadt  Carseoli  allgemein  verbreitete  Sage  von  der  einstigen  E ntstehung  des  
 Rostes.  Ein  hier  wohnhaftes  armes  E hepaar  besass  ein  kleines  Landgut.  
 Der  Mann  bestellte  den  Acker,  die  F ra u   führte  die  Wirtschaft  in  Haus  und  
 Hof  und  war  eine  fleissige  Spinnerin.  Sie  hatten  einen  Sohn  von  12  Jah ren ,  
 einen  mutwilligen  Knaben.  Dieser  fing  einmal  einen  Fuchs, der  den  ilülmer-  
 hof  zu  plündern  pflegte,  wickelte  ihn  iu  Stroh  und  Heu,  zündete  alles  an  
 lind  liess  den  Fuchs  laufen.  Die  Strafe  der  Götter,  die  au f  diese  T h a t  
 folgte  —  aut  diesen  Frevel,  der  in  den  Augen  der  Menschen  so  gross  war,  
 dass  er  in  Carseoli  ein  Gesetz  hervorrief,  welches  jed en   gefangenen  Fuchs  
 sofort  zu  töten  befahl  -   diese  Strafe  war  der  Rost.  Um  dem  Volke  eine  
 besondere  Gelegenheit  zu  bereiten,  die  Götter  durch  Gebete  und  Opfer  zu  
 versöhnen,  soll  N u m a   P o m p i l i u s   (715—672  v.  Chr.  6 .)  ungefähr  um  das  
 J a h r   700  v.  Chr.  G.  die  Robigalien  gestiftet  haben.  Diese  Feste  fanden  
 nach  P l i n i u s   (I,  Cap.  28,  §  284)  jä h rlic h   am  2,5.  April  sta tt,  also  zwischen  
 den  Getreidefesten,  Cerealia  (vom  1 2 ,- 1 9 .  April),  uud  dem  Bhiinenfeste,  
 F lo ra lia   (am  28.  April),  zur  Zeit  des  Hundssterns  (Sirius),  wo  man  die  Ankunft  
 des  Rostes  besonders  befürchtete.  Bei  den  Robigalien  verliess  man  
 so  erzählt  O v i d i u s   (I,  9 0 3 ) ,  der  einmal  früh  morgens  au f  dem  Wege  
 von  Nomentum  nach  Rom  einer  F e stseh a a r  begegnete  —  weissgekleidet  in  
 teierhchem  Znge  Rom  durch  die  Porta   Viminalis,  die  anlässlich  dieser  P ro zessionen  
 auch  die  Porta   Ca tularia  (das  Huudethor)  genannt  wurde,  nach  
 einem  dem  Rostgötterpaare  Robigus  uud  Robigo  geweihten  Haine  au f  dem  
 Collis ^  hortulornm  (Mons  Pincius),  der  unweit  des  fünften  Meilensteines  der  
 Via  Claudia  lag.  Nachdem  der  Zug,  an  dessen  Spitze  ein  Flamen  einher-  
 schritt,  am  Ziele  angelangt  war,  sagte  der  Prie ster  ein  ziemlich  langes Gebet  
 her,  111  welchem  er  die  grosse  Macht  der  Gottheit  pries  und  dieselbe anflehte.