In den ersten Tageu des Frü h lin g s hat man auch für die Anscliafttmg
solcher Ptianzen von Berheris, B ham n u s etc. zu sorgen, au deueu man die
Infektionen vorzunehmen beabsichtigt. Diese sind von uns verpflanzt worden,
ehe noch die Kiiosjien zu schwellen angofangen hatten, und zwar einige
während einiger AA'ochen zuerst iu Mistbeete, um ein schnelleres Wachstum
hervorzurufen und dadurch sehr frühe Infektionen zn ermöglichen, die Mehrzahl
jedoch direkt in deu Kaum ß des Gewächshauses, wo sie dann bis zu
der Zeit der Infektion stehen blieben.
In diesem Zimmer sind auch schon vom Anfang des Sommers au Exemplare
der 4 Getreidearten grossgezogen worden. Sie wurden im letzten
Sommer ungefähr alle 10 T age iu Töpfe gesät, teils damit uns bei den In fektionen,
wenn nötig, Pflanzen von verschiedenem Alter zu Gebote ständen,
teils auch deshalb, weil es trotz der getroffenen Vorsiehtsmassregeln dennoch
nicht gelingen wollte, jen en Pflanzen länger als einige AVochen hindurch
eiu einigermassen natürliches AA'achstum zu sichern, denn nach Ablau
f der genannten Zeit erhielten sie alle ein mehr oder weniger verwachsenes
Aussehen, was sich bei der künstlichen Zucht im Hause nicht vermeiden
lässt. Auch wurden sie in vielen F ällen sehr von Meltau, die Haferpflanzen
jedoch ausgeuommen, und zuweilen anch vou Blattläusen angegriffen.
Als A'ersuchspflanzen für Infektionen waren sie daher nicht mehr zu gebrauchen.
Diejenigen, die bei jen en Versuchen thatsächlich verwendet
wurden, waren im allgemeinen nicht älter als 2 oder höchstens 3 AA'oohen
und trugen im Augenblick der Infektion nur 1—2, selten 3 Blätter.
AVenn eine Infektion zur Ausführung gelangen sollte, wurden 6—12
Stunden vorher die Sporen zum Keimen eingelegt, und erst wenn bei dem
eingelegten Material eine einigermassen allgemeine Keimfähigkeit nachgewiesen
werden konnte, wurde es bei der Infektion gebraucht. Zuweilen
wurden von dem ursprünglichen Material 2 Portionen nach einander in
Zwischenräumen von etwa 12 Stunden eingelegt, und es wurde dann die
Infektion mit demjenigen bewerkstelligt, das das für die Infektion geeignetste
Keimstadium zeigte. Es h a t sieh hierbei herausgestellt, dass bei Spo-
ridieninfektionen dasjenige Keinistadium am geeignetsten ist, in welchem
die Promycelien ziemlich gleichmässig zu erscheinen, die Sporidien aber sich
nur spä rlich abzusclmüren anfangen. Eine gemeingültige Regel für die
hierzu erforderliche Zeit lässt sich indessen nicht angeben, da hier ein
grosses Schwanken herrscht, und zwar nicht nur zwischen den einzelnen
Rostarten, sondern auch sogar zwischen verschiedenen Proben derselben Rostart.
falls sie zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Umständen
gesammelt waren. Es sind Fälle vorgekommen, wo die Teleutosporenmassen
der Puccinia graminis allgemein Promyceliensohläuche hervorzutroiben an-
gefangen haben, nachdem sie erst 2 Stunden im Wasser gelegen, und schon
nach 3—4 Stunden fiii- die Bewerkstellignng der Infektion vortrefflich geeignet
waren. Es sind aber auch Fälle vorgekommen, wo die Teleutosporenmassen
derselben Rostart eiue mehrere Male längere Zeit beansprucht
haben, ehe die entsprechende Erscheinung eingetreten ist. Es bleibt einem
also nichts anderes übrig, als das zur Infektion bestimmte Material in jedem
besonderen F a ll speziell zu i/rüfen.
3. Die Ausführung der Versuche. AA'ir liaben im letzten Jah re (1893)
folgendes Verfahren benutzt. Die Töpfe, in denen sich die Versuchspflaiizen
fanden wurden in das Infektionszimmer hineingetragen und dann wurde,
wenn ’nötig, so viel frische Erde hinzugeschüttelt, dass die Oberfläche derselben
keine Vertiefungen oder Höcker zeigte, worauf sie nötigenfalls auch
begossen wurden. In den Töpfen befanden sich in der Regel entweder je
3 Getreidepflanzen oder je 1 Exemplar von Berberis, B ham n u s etc. ^ Um
die 3 Getreidepflanzen herum wurde durch in die Erde gesteckte Stäbe
ein Dreieck gebildet, und in den mit Berheris etc. bewachsenen wurden
ebenfalls Stöcke von wechselnder Anzahl je nach den zu stützenden grösseren
Zweigen jed e r Pflanze iu die Erde gesteckt. An diesen Stäben wurden
die Pflanzen bezw. Zweige einzeln mit weichem baumwollenen Faden
angebunden, damit sie sich so still wie möglich hielten, wodurch wir verhüten
wollten, dass die Infektiousmassen vor der Zeit abflelen und die in-
ficierten Stellen mit einander oder mit den AVänden des Glassturzes in Berührung
kämen. Dann wurden die einzelnen Pflanzen bezw. Zweige jedes
Topfes durch angebundene Zetteleheu nummeriert und diejenigen Blätter
der einzelnen Pflanzen bezw. Knospen, die wir inficieren wollten, durch rote
Ölfarbenpunkte gezeichnet, um sie später sicher wieder auffinden zu können.
D a rau f wurden die Pflanzen mit einem Rafraicliisseur bespritzt, dessen Strahl
nach oben gerichtet wurde, so dass die grossen Tropfen vorbeipassierten
und n u r die allerfeinsten sich als niederfallender Staubregen au f die Pflanzen
legten. ,
Je tzt war der Augenblick gekommen, das Infektionsmaterial aufziitrageu.
Dies wurde aus dem offenen, gläsernen Gefäss (gewöhnlich gläsernen
Schalen von 3—4 cm Durchmesser), iu dem es sich bisher meistens auf
der AVasseroberfläche schwinunend befunden hatte, mittels eines feinen, spitzen
und zwischen den einzelnen Infektionen — denn es wurden oft mehrere
Infektionen mit verschiedenem Material unmittelbar nach einander gemacht
— sorgfältig abgewischten Messers herausgcnommeu und an den gezeichneten
Blättm-n nach einander abgestricheii, bis alle damit versehen worden
waren. , „ .
Zugleich wurden in einem besonderen Protokollbuehe alle iuücierteu
Stellen ® notiert, wie es untenstehender Protokollsauszug, Tabelle 71, an
die Hand giebt. In diesem Protokollbuehe ha tte jed e r Topf seine bestimmte
Nummer und Seite, au f der angegebeu wurden: der T ag und die Stunde der
Infektion, die Art und die Beschaffenheit der inficlerten Pfianzen im A u p n -
blicke der Infektion, die Herkunft und Keimfähigkeit des Infektionsmaterials,
sowie diejenigen Stellen der Blätter oder Halme u. s. iv. — gewöhnlich
Basis (B), Mitte (M) und Spitze (Sp) — auf die das Infektionsmaterial
gelegt wurde. Nach Beendigung der Infektion wurden die Pflanzeu noch
einmal mit einem Rafraicliisseur bespritzt, worauf eine Glasglocke, inwendig