Die Zeit, wo die Sachen so standen, scheint freylich in den meisten
Ländern vorüber zu seyn , und nicht leicht dürfte wohl irgend
eine bedeutende Stelle im VVasserbaue mehr an jemand vergeben werden
, der nicht auch durch theoretische Kenntnifse hierzu sich fähiger
gemacht hätte; und wo eine solche Stelle an ein unfähiges Subject vergeben
wird , wie sehr verschuldet sich da nicht ein Gouvernement !
Doch der Mensch, der so gern an beyden Enden schweift, ging nun
vielleicht auch hier wieder zu weit. Vielleicht glaubte nun mancher
ein vollkommener Hydrotect zu seyn, wenn er nur reichlich mit theoretischen
Kenntnissen versehen, von Universitäten zu Hause kam ; und
ob da bey dem Wechsel der Dinge viel gewonnen war , mögen
wir nicht entscheiden. W i r halten uns fest überzeugt, dafs alle
unsere theoretischen Untersuchungen in der Hydraulik nicht anders
von Nutzen für das practische Leben seyn werden , als wenn wir
diese an mehrere Erfahrungen binden. Und hierin eben, glauben wir,
bestehe der Vortheil, den diese Wissenschaft durch die veränderte Meinung
der Regierungen und Gouvernements erhalten habe, wenn diese von
jungen Männern verlangen, sich zuvor wissenschaftlich zu einem Dienste
vorbereitet zu haben, ehe sie sich mit Hofnung darum bewerben
können. Der blofsePractiker, wenn er nicht mit einem Seltenen Genie
begabt ist, sieht zwar die Natur wirken, sieht dafs manches nicht so
erfolgt, wie er sich vorgestellt hatte, dafs es erfolgen werde, und wie
er gewohnt war, es bey ähnlichen und gleichscheinenden Umständen
erfolgen zu sehen; aber die Ursache, wenn sie etwas verborgen liegt,
warum der Erfolg von der gewöhnlichen Regel abweicht; weifs er nur
selten zu erklären. Er begnügt sich nun entweder damit, dafs er seine
Mafsregeln nach Erfordernifs der Umstände gut oder schlecht um-
ändm’t, ohne weiter darüber zu raisonniren ; oder er geht weiter, und
denkt über die Ursache der ganz unerwarteten Wirkung nach. Da
er aber die Natur und ihre Gesetze zu wenig kennt, um nicht oft eine
Kleinigkeit, einen Nebenumstand für etwas grofses und wichtiges anzusehen,
und das Wesentliche aufser Acht zu lassen, so wird es das
gröfste Ungefähr bleiben, wenn er nicht auch in der Wahl der Mittel
sich irren, sondern immer das beste treffen sollte. Er kann nur da, und
unter solchen Umständen bauen; nur da, und unter solchen Umständen
den Schaden des Wassers abwehren , oder auch die Kräfte desselben
zu irgend einem Behufe anwenden, wo und unter welchen Umständen
er schon lange bauen, und die Kräfte des Wassers hat anwenden
sehen. Thut er mehr, weifs er in ganz neuen Lagen, bey ganz
veränderten Umständen immer die besten Mittel zu wählen, den Vorgesetzten
Zweck zu erreichen, immer den vorkommenden Hindernissen zu
begegnen, und die Wirkung der Natur immer richtig zu beurtheilen;
Weifs er bey seinen Beobachtungen immer das Wichtigere von dem minder
Wichtigen zu unterscheiden ; o ! dann ist er zuverlässig ein origineller
K o p f, er ist sich seiht Schöpfer seiner kVissenscliaft. Die Geschichte
der Künste und Erfindungen lehrt uns solche Männer kennen ;
w ir erinnern hier nur an Brindly ( * ) an Riquet ( * * ) und an Thunberg
Alle drey wegen der grofsen Bauwerke, die sie aulführten , gleich
berühmt. D
Dem Theoretiker sollte zwar nie / als einem solchen, ein wichtiger
Bau anvertrauet werden. Er sollte zwar immer noch das Practische
dieser Wissenschaft, eigentlich die Kunst, angesehen, hierbey unter der
Direction eines erfahrnen und vernünftigen Practikers selbst mitgearbeitet
haben; er sollte ferner gereiset, und keine Gelegenheit versäumt
haben , viele, und mancherley Anlagen zu sehen und kennen zu lernen.
Dann aber kann er auch , wenn er nicht etwa blofs ein engherziger
kalter Rechner ist, sondern mehr den Geist seinèr Schriftsteller studirt
hat, ohne gerade ein sublimer Geist zu seyn, bald dahin gelangen, eine {
richtiger und deutliche Vorstellung von mancher Naturwirkung zu
erhalten. Weifs der Theoretiker in die Resultate seines Calculs nur
das gehörige Mifstrauen zu setzen; wagt er' es nur kühn und dreist
diese gegen die Erfahrung zü halten , Und zu Vergleichen ; so würde es
doch wohl die lächerlichste Tborbeit seyn , wenn man glauben wollte,
dals er durch seine richtigen phyincalischen und mathematischen Kenntnisse
unfähig würde, auch alles das’ zu lernen ünd zu leisten, was er
ohne diese Kenntnisse zu lernen und zu leisten im Stande gewesen wäre 1
Und welche Vortheile hat er nicht vor dem blofsen Empiriker voraus’
Er wird doch wenigstens, gewöhnt, über manche Sachen nachzudenken
und darüber zü philosophieren , die dieser gemeiniglich gänzlich übersieht,
ohne das Geringste dabey zu denken. Er lernt die Sachen von
(*) Eine Lebensbeschreibung von diesem merkwürdigen Erbauer von dem Canale
des Herzogs von Bndgewater, und so vieler andern Canäle in England., befm-
r l S1“ 1 deif t lesenswürdigen Adscription of the country from thirty to
forty miles round Manchester, the mäterials ärrenged, and die wörk composed
by L Aikm. M, D. pnntéd for lohn Stöckdalei London 1795. in 4to. ?
w l°v lhS * r?6™ n f j p T g f l Langue-docker Canals sagt la Lande in seinem
W m m m i É n ! ^ aviSatlon P- * « Paul fut celui qui eut nonseulement
Ja hardiesse de former cette entreprise, mais, encore le courage de la
Géomètre ’ T B H H H ^ Sénie B ^ nature seul l'avoir
W B B I B | qUG la geT dS Ce Srand homme se fût préparé dès
W f f lM m ceite g^nde entreprise : j'ai oui dire qu'on voyôit dans ses châteaux
M H h H H h I des conduites d’eaux, des écluses, des aque-
ûucs, des épanchons, et meme une montagne percée „ ,.