Von der natürlichen Beschaffenheit des Materiales der Flufsbetten,
und insbesondere von dem des Nieder - Rheines ( * ) , und von
dem Widerstande, den es leistet.
Dem Nieder-Rheine wird aus der Mosel, der Aar, aus der
Sieg , Acher und Wipper , so wie aus der Ruhr, eine unzählbare
Menge Flufskiesel (* * ) zugeftlhrt, der so häufig in seinem
Bette angetroffen wird. Einige von diesen Flüssen werfen grofse
Kiesel zu 2 5 Pfund schwer aus. Diese lagern sich anfänglich in
der Nähe ihrer Mündungen , weil der Boden des Rheines nicht
einen solchen jähen Abhang hat, als die Nebenflüsse. Je weiter
man indessen von den Mündungen abwärts kommt, desto
kleiner, runder und glatter werden die Kiesel. So ist z. B.
schon der Aar-Kiesel bey Bonn kleiner als bey Linz, der Sieg-
Kiesel bey Mühlheim ist nicht mehr so ungeschlachtet und eckig als
bey der Siegmündung, und bey Wesel ist der Grand schon abgeschliffener
und kleiner als bey Ruhrort. Da die Lippe nur
Sand führt; so wird der Grand bey Rees feiner als bey W e sel,
und bey Emmrich feiner als dort. Unter Arnheim und Nyme-
gen trift man nur Flufssand an. Dieser wird in der Waal immer
Erd- und Staubartiger, je weiter man Strom abwärts kommt,
und in der Gegend von Gorkum und weiter abwärts ist der Sand
so fein, dafs er nicht mehr zum Faschinen-Baue gebraucht werden
kann. Es ist also unleugbar, dafs Kiesel in Grand, und
dieser in Flufssand, und der Flufssand inStaub und Erde verwandelt
wird, je länger sich diese Materialien in einem Flusse aufhalten.
Unter dem Nieder - Rhein verstehen wir hier denjenigen Theil des
Rheines, der.von der Aarmündung abwärts fliehst, und der auf den
Kupfertafeln V. bis XIV, dargestellt ist
( ** ) Unter Kiesel verstehen wir Kieselsteine von beträchtlicher Gröfse ; und
unter Kies oder Grand verstehen wir solche abgerundete Kiesel, wovon
die gröfsten eine Faust grofs sind.
Dieses Abschleifen oder Verwandeln erklären wir uns so :
Die Gebirgflüsse reissen bey Anschwellungen, vermöge ihres
starken Abhanges und ihrer Rapidität, eine Menge eckiger Kiesel
mit sich fort , die sie weiter abwärts zu ihren Mündungen
wälzen , wo sie schon auf dem langen höekerichten Wege , im
Flufsbette, nicht mehr ihre ursprüngliche scharfe eckige Form
haben , wo sie also schon etwas abgerundet und abgeschliffen
sind. So werden sie nun weiter in den Hauptstrom, wenn er
anschwellt, und seine Geschwindigkeit stark genug ist, um die
Steine fortzuwälzen, geführt. W o sie aber an den convexen
Ufern, oder auf Untiefen liegen bleiben, werden sie nach
und nach abgeschliffen und also kleiner und runder, so
dafs sie endlich der Strom wegführt. Mehr aber als der
Strom trägt der Eisgang zur Fortwälzung der Kiesel bey. Das
Abschleifen der Kiesel geht ohne Zweifel so vor sich: Es ist
nähmlich bekannt, dafs die Ströme, wenn sie anschwellen trübe
sind, und eine Menge, aus Steine, Mergel, Sand und Erde
bestehendes Material führen (*). Der mit solchem Material geschwängerte
Strom schleift über die festliegenden Steine her, die
leichtem Kiesel rollen über die. schweren hin , und so schleifen
die härtesten Steine ab , wenn sie nicht in äufserst flach ablaufenden
Anlagen liegen. Das Abschleifen erfolgt nothwendig um
so schneller, je rapider der Strom fliefst (**). Es ist diese Arbeit
der Natur luglich mit dem künstlichen Abschleifen mit
Schmergel zu vergleichen. Dafs selbst die gröfsten Steinmassen
( * ) So bringt z. B. die Mosel in den Rhein röthliches Material, welches
aus Sandsteinen und Mergel besteht., an diesem erkennet man in den
niedern Stromgegenden, ob der Rhein vom Mosel-Wasser angela'u-
fen ist.
(**) Vielleicht hat auch selbst das feinste Material, welches in der ganzen
Flufsmasse vertheilt ist, noch grofsen Einfluls auf die Geschwindigkeit
des Stromes: denn es könnte aus solcher Mischung bestehen, wodurch
der Abflufs gehemmt würde. Eine chemische Untersuchung des Bo-;
densatzes wird also keinesweges überflüssig seyn.