Und Langsdorf, ein grbfser Theoretiker! sagt bey Gelegenheit
der Schoberschen Versuche über den Widerstand des Wassers
von Karsten : | « Dieser grofse Mefskünstler hätte den Fehler der
meisten Theoretiker, welche, ohne eigne Erfahrungen, die reine
Theorie auf practisch - mathematische Gegenstände anwenden. Er
war so wenig geneigt, die Theorie der Erfahrung unterzuordnen
, dafs er lieber beynahe ein ganzes Buch mit einem auf falsche
Voraussetzungen gebauten Calcul anfüllte , als dafs er nach
Beobachtungen seine Theorie umgemodelt hätte» (d).
I So grofs und mancherley nun auch die Schwierigkeiten seyn
mögen und sind, die sich vor demjenigen entfalten, der über
die Gesetze, nach denen sich die Flüsse bey ihren Bewegungen,
in so mancherley Abwechselungen , richten , nachdenkt; wenn
er Theorien , die auf alle ähnliche Fälle anwendbar seyn sollen
a priori aufstellen w i ll: so ist doch auch der andere W e g , durch
Versuche und Beobachtungen, diese Absicht (allgemeine Formeln zu
linden) zu erreichen, Gefahrvoll, mühsam und kostbar. Ja! es
dürfte noch eine lange Zeit währen, bevor eine solche Reihe von
Erfahrungen angestellt seyn wird, woraus sich unumstöfsliche
Theorien herleiten lassen. Bis dahin werden also solche Raison-
nements , welche aus Beobachtungen abstrahirt sind, die einzige
nützliche Methode seyn , wornach über die Natur der Flüsse gehandelt
werden kann. Bey ihr dürfen also nicht willkührliche
Voraussetzungen Statt finden; sondern es mufs dabey immer auf
ein bekanntes Local hingewiesen werden.
Aber die Mühe und Zeit, welche die Beobachtungen verursachen
und wegnehmen , mufs und darf den Freund der physica-
lisch - mathematischen Wisssenschaften nicht abschrecken. Nein!
alle Hydrotechniker und Directeurs, von Maschinen, die Anspruch
auf Kenntnisse machen , die dem gewöhnlichen Schlendrian
nicht ergeben sind, und die ihrem Staate redlich dienen
wollen, müssen Beobachtungen anstellen. Dann werden sie, in-'
(d) Langsdorfs Lehrbuch der Hydraulik. 5. 341.
dem sie dieses Feld bearbeiten, selbst die Früchte ihrer Bemühungen
einärndten. O ! diese Früchte müssen milde , und für
die Wissenschaft erspriefslich seyn , wenn die Arbeiter , die Hydrauliker,
nur Beharrlichkeit , wenn die Gouvernements und
Collegia nur ihren guten Willen thätig beweisen. Und sollten
diese letzteren endlich, nach so vielen dringenden Aufforderungen
sich nicht bewegen lassen , ein jegliches für sich, zu einem
geringen Fond für Messungen im Gebiete der Wasserbaukunst,
so wie wir die Wasserbaukunst in unserm Plane verstehen,
anzuweisen; wollten sie wohl den gerechten V orwurf auf
sich laden, vergeblich aufgefordert zu seyn, an den Entdeckungen
solcher nützlichen Wahrheiten, welche für die menschliche
Gesellschaft so äufserst wichtig sind , keinen warmen und wirksamen
Antheil genommen zu haben ?
In einigen Theilen der Physik ist mehr als die Morgenröthe,
ist der Mittag erschienen, weil Regenten, Republiken und reiche
Privat - Personen , beträchtliche Summen dazu verwandt haben.
Dort beobachtete ein Maskelyne und Herschel , ein Zach
und Bode, und hier ein la Lande und Schröter (*) den Lauf
der Welten. Sie berechnen ihre Bahnen und ziehen für Nautik
und Geographie wichtige Resultate. W o ist das Gouvernement,
welches für die Beobachtungen und Messungen im Gebiete der
Wasserbaukunst beträchtliche Summen verwendet hat (**) ? Hat
( * ) Allen Gelehrten unserer Zelt gibt der Oberamtmann Schröter ein gro-
fses und rühmliches Beyspiel, indem er als ein solcher Privatmann,
den man nichts unter die Reichen zählen kann, auf seine Kosten,
die Astronomie mit neuen Entdeckungen bereichert. Unter den Reichen
in Deutschland, vielleicht in Europa! können wir aber deh
Landmarschall Hahn in Meklenburg, als einen eifrigen Beförderer
und Kenner der Astronomie nennen.
(* * ) Das bis jetzt darauf verwandte ist, wenn wir selbst die Versuche, welche
von Bossüt, Buat und Chappmann angestellt wurden, nicht ausnehmen
, nicht beträchtlich, und kaum verdient eä einer besondern Anführung,
wenn man es mit der Gröfse des Gegenstandes vergleicht.