'der Ströme und der Eisgänge unsere Bauwerke, als Uferbaue,
Schleusen, Deiche u, s. w. zerstöret werden, oder auch unbeschädigt
bleiben , so können w i r , ohne die Geschwindigkeiten an denen
Theilen des Stromes , wo die Wasserwerke den Angriffen,
desselben blofs gestellt sind, und zwar bey verschiedenen Wasserhöhen
, zu kennen, durchaus über die Wirkungen der Anlagen
nicht wissenschaftlich raisonniren, noch den Effect dieser
Werke gehörig beurtheilen, da die Veränderungen, welche bey
dem Laufe des Flusses in Hinsicht der Geschwindigkeit vorgegangen
sind, nicht in Erfahrung gebracht werden können.
Man sieht hieraus also, dafs bey jedem wichtigen Bauwerke,
sowohl vor der Anlage , als auch einige Zeit nachher, solche Geschwindigkeitsmessungen
angestellt werden müssen.
Theilt sich ein Hauptstrom in mehrere Arme, wie z. B. der
Rhein unter Millingen in die "Waal und den Pannerdenschen Can
a l; oder wie die Weichsel an der Montauer Spitze, in die
Nogath und die Danziger "Weichsel und wüfste man aus der Erfahrung
dafs der eine von diesen Armen bey hohen Ueberschwem-
mungen entweder zu viel Wasser erhielte, als dafs es zwischen
den Deichen , die ihn begrenzen, ohne Gefahr vor Durchbrüche
sollte abgeführt werden können, da der andere Arm noch bey
weitem mehr aufnehmen könnte, ohne defswegen Besorgnisse für
seine Deiche zu erregen, oder wüfste man, daß bey einem seichten
Wasserstande des Hauptstromes der eine Arm nicht genug
empfinge um , auch über seine Untiefen, noch schiffbar zu
bleiben , könnte man da wohl eine Rectification anordnen, ohne
zuvor die Wassermenge bey verschiedenen Wasserhöhen, und
also ä,uch die Gefchwindigkeit zuvor bestimmt zu haben ? Eben
so nöthig ist es, die Geschwindigkeit bey hohem Wasser da zu
wissen , wo der Flufs in hohen Ufern, oder zwischen Deichen
eingeschlossen ist, wenn man gründlich über die Entfernungen
der Deiche urtheilen w ill, durch welche man es wagt den Ueber-
schwemmungen ihre Grenzen ?u setzen.
Die Kenntnifs von der Geshwindigkeit des Flusses wird uns
auch belehren, welches Material den verschiedenen Geschwindigkeiten
zu widerstehen im Stande ist. Sie wird ferner auch
alsdann wichtig , Wenn sich mehrere Flüsse in einen Hauptstrom
einmünden. Es wird dann vielleicht Fälle geben, wo man ge-
nöthigt seyn wird, den Lauf der Flüfse abzuändern, um die
Schiffahrt zu erhalten, und die Ueberschwemmungen unschädlicher
zu lenken; oder die Wassermenge eines solcher Zusammen-
fliefsenden, durch einen neuen V^eg entweder zu schwächen,
oder zu vergröfsern.
Ein jeder Wasserbaumeister, dem seine Ruhe und Bequemlichkeit
nicht gar.zu lieb ist, wird also eine solche Gelegenheit
nicht versäumen , die gehörigen Messungen und Beobachtungen
anzustellen , um die Wassermenge kennen zu lernen , welche
ein Flufs in einer jeden Secunde bey einem solchen hohen Wasserstande
abführet. Er wird so seine Erfahrungen bereichern,
woraus sich ihm, für sein Local, gewifs manches wichtige Resultat
ergeben wird.
Aber nicht blos bey dem Baue an Flüssen und Strömen, ist
es von der äufsersten Wichtigkeit, die Geschwindigkeit des fliessenden
Wassers bestimmen zu können, sondern auch in so manchen
andern Vorfällen der Hydrotechnik, z. B. bey Anlagen von
Maschinen, die durch das Wasser getrieben werden sollen; bey
Ziehung neuer Canäle u. s. w . wird es die erste und Hauptfrage
seyn; welches die Wassermenge, und hierdurch also mittelbar,
Welches die Geschwindigkeit ist, über die man zu disponiren hat.
Diese Wichtigkeit haben die Schriftsteller längst eingesehen,
Wefswegen sie auch bemüht waren, Theorien zu erdenken, nach
denen diese Geschwindigkeiten sollten bestimmt werden können.
Besonders geschäftig sind hierin die Italiäner gewesen, wozu ihnen
vorzüglich aus dem bekannten Streite zwischen Bologna und
Ferrara, wegen der Ueberströmung des Renö, die Veranlafsung
entstand ( o )■ Bis jetzt aber hat noch kein Schriftsteller gründli-
(0 ) Man sehe hierüber eine Menge Abhandlungen in den Eaccolten,