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diese Wissenschaft weniger Einflufs auf das Glück der Menschen ;
oder gibt sie ihren Beförderern nicht so grofsen Ruhm als die
Astronomie ? Alle Naturforscher müssen sich also mit uns vereinigen,
und sich bemühen, auch in der Wasserbaukunst den heir
tern Himmel, der sie erwärmen und von neuem beleben w ird ,
herabzuführen.
Indessen rufen wir aber denenjenigen , die über die Natur
der Flüsse^ oder über den Effect der Maschinen Beobachtungen
anstellen wollen, mit Bossut zu: «Opérez assez en grand, pour
rendre les effets distincts, sans sortir des bornes compatibles avec
la précision ! Langsdorf, hat in seinem Lehrbuche der Hydraulik
ff. 182. über diesen Gegenstand und in Hinsicht des Buatschen
Werkes , das schon so oft angeführt wurde , folgende Bemerkung
gemacht, die zu wichtig ist, als dafs wir sie übergehen sollten.
Er sagt: « Wenn übrigens die Formeln des Buats Resultate geben
, die nicht sehr viel von seinen Beobachtungen abweichen ;
so ist dagegen zu erinnern, dafs Herr du Buat überhaupt keine
hinlängliche Mannigfaltigkeit in seinen Beobachtungen gelegt-
und durchaus nur kleine Canäle (Gerinne) von 17 Zoll breit und
10 Zoll tief, gebraucht hat, in denen also überhaupt keine grofse
Abweichung der mittlern Geschwindigkeit, von der an der Oberfläche
, zu erwarten w a r , und dafs in Rücksicht auf diese Umstände,
die Abweichungen der Formeln von den Beobachtungen,
verhältnifsmäfsig genommen, zum Theil beträchtlich genug
waren , um bey Anwendungen auf grofse Flüsse sehr beträchtli-
liche Fehler geben zu hönnen”.
Dafs man bey dem Studio der Hydraulick sehr auf seiner
Huth seyn müsse, und wie viel Mühe es demjenigen koste , der
sich einige Genugtuung darin verschaffen will, weil es an hinreichenden
Beobachtungen fehlt, diefs haben vor uns bereits mehrere
Schriftsteller erkannt. Unter andern gestand schon Galileo:
dafs es ihm leichter geworden sey, die Bewegung des. W e l tfysternes
, als die Bewegung des fliefsenden 'Wassers, die unter seinen
Augen vorgehe, zu ergründen". In den Schriften, worin von
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der Natur der Flüsse gehandels wird , darf man nicht alles als unbedingt
wahr annehmen, sondern man mufs darüber immer eine
Critik anstellen. So trägt z. B. Gugiielmini (*) folgendes vor : die
Gewalt des Wassers ist nicht allezeit von dem Falle des Bodens
abhängig, wie man geglaubt hat. Aber dieser Abhang ist wohl
allezeit die Wirkung von der Gewalt des Wassers ». Und an einer
andern Stelle sagt er: „ In den Flüssen ist, wenn die Gewalt
des Wassers grofs ist, der Abhang des Bettes geringe " (**). W ü r de
man aber nicht aus dem leztern Satze folgern müssen, dafs bey
gleicher Neigung der Oberfläche , bey gleichen Wasserhöhen ,
Tiefen und Breiten , derjenige Flufs der reifsendste feyn müfste ,
welcher über einen horizontalen Boden fliefst ? Ist diefs aber wohl
in der Natur möglich ! Diese Widersprüche sah auch Guglielmi-
ni sehr wohl ein , denn er sagt ausdrücklich am Schlufse des IV .
Capitels: dafs die Geschwindigkeit des Wassers von dem Abhange
des Bettes und von der lebendigen Höhe des Wassers abhange (***).
Wenn Gugiielmini hier, wie in seiner Theorie unter die lebendige
Höhe (faltezza viva) die Tiefe (****) versteht; so scheint
auch diese Erklärung kein Genüge zu leisten. Denn darf man
wohl zugeben, dafs die Tiefe auf die Geschwindigkeit einen Ein-
( * ) In den Raccolten Tom. V. Deila natura de’ Fuimi Cap. V. „ L a
violenza del corso dell’ acqua non e sempre effetto della decliviti dell*
alveo, come senora e stato creduto ; m i la decliviti dell’ alveo e
bensi sempre effetto della violenza del corfo dell’ acqua.
( * * ) Ne’ Fuimi quanto maggiorej sara la forza dell’ acqua tanto la
declivita degli alveo sara minori.
C ) Er diiickt sich so aus: Da tutta il predetto si piio raccogliere
per modo di epilogo 1. che due sono le caufe immediate della velö-
cita nelle acque de Fiumi, cioe una la declivita dell’ 'alveo, e l ’al-
tra 1 altezza viva del corpo dell’ acqua , Of per dir meglio, l ’accelera-.
zione del moto, acquiftata nel difcchdere dell’ acqua per T inclina-
zione dell’ alveo , e la celerita dovuto alla caduta dell’ altezza viva
della Sezione sino alla parte di acque de efia resa veloce.
(***) Die.' Linie von der Oberfläche senkrecht .auf den. Boden gezogen
dürfte wohl von der Tiefe sehr unmerklich abweichen.