Indem wir wünschen, dafs diese Untersuchung von der Natur
der Flüsse, vorzüglich für die Practik von Nutzen seyn möge
, und wir immer auf solche Geschäftsmänner unser Augenmerk
richten , die es durch ihren gewichtvollen Einflufs dahin
bringen können, dafs hydrometrische Messungen aller A rt, auf
öffentliche Kosten, angestellt werden, so wünschen w ir auch ,-
dafs sie von diesen Männern gelesen werde; sie wird daher,
in dieser Hinsicht, so kurz als möglich abgehandelt werden müssen.
W i r werden sie also keinesweges vollkommen erschöpfen,
und diefs ist auch nicht durchaus nöthig, weil noch in der Fol-,
ge bey der Analyse des Flufsbaues vielfältige Gelegenheit entstehen
wird , wobey von den mannigfaltigen Eigenschaften der
Flüsse gehandelt werden kann.
Da aus der, mit den bisher bekannten Theorien über die
Geschwindigkeit des strömenden Wassers, angestellten Prüfungen
hervorgeht, dafs alle diese Theorien unzureichend sind; dafs
sie von der Natur abweichen , und dafs sie dem Blicke des Hydro-
tecten desto mehr entweichen, je eifriger er es sich angelegen
seyn läßt, der Natur in ihren Wirkungen nachzuspüren und
die Erfahrung den bisher bekannten Formeln gegenüber zu stellen
(* ); so bleibt kein anderes Mittel übrig, als dasjenige, was
die Erfahrung darbietet, zu benutzen. Der Leser darf also nicht
erwarten, hier bestimmte und a priori demonstrirte Aufschlüsse,
über die Gesetze , wornach sich die Flüsse in ihrem Laufe richten,
zu finden. Nein ! dazu fehlt es noch bis jetzt an hinlänglichen
Beobachtungen. «Wenn auf eine Naturerscheinung, eine
Theorie festgestellt werden soll (sagt Brünings) so mufs diese
immer mühsamer zu gründen seyn, je nachdem die Ursachen,
Wovon jene abhängt, verwickelt sind. W ird nun die W ir (
* ) In dem zweyten oder dritten Bande werden nicht nur diese Theorien
aufgestellt, sondern auch gehörig geprüft werden. Bis dahm verweisen
wir unsere Leser auf die Bruningsche Schrift : Ueber die Geschwindigkeit
des strömenden Wassers.
kungsart von dem Laufe des Wassers, erwogen; werden ferner
die mannigfaltigen Hindernisse, die den Lauf der Ströme stören
und verändern können, in Betracht gezogen; so ist es in einem
hohen Grade auffallend und sonderbar, dafs die Gelehrten eine
Theorie von der Geschwindigkeit der strömenden Gewässer festgesetzt
haben ; dafs sie nur, bey dieser verwickelten Sache, auf
ein stetes Gesetz dachten ! Kästner ist der nähmlichen Meinung,
er drückt sich so aus: «Die Lehren von der Bewegung des Wassers
schienen mir immer die schwersten und unsichersten in der
angewandten Mathematik, und so viel Ansehn gilt , bestätigte
mich in dieser Meinung das Ansehn der berühmtesten Schriftsteller.
Und wenn die Formeln mit der Natur nicht übereinstimmen,
so hat man nichts gethan , als sich die Zeit mit Rechnungen
vertrieben. Archimed versprach die Erde zu bewegen,
aber einen Platz bedung er sich aus, auf dem er feste stehen
könnte“ (a ) . Diesen Standpunct müssen zu solchen Theörien,
die bey Flüssen anwendbar seyn sollen, hydrometrische Messungen
ausmachen. Ohne sie ist es vergeblich zu vollgültigen Einsichten
in der Hydraulik zu gelangen. Sie sind das Criterion
aller Theorien und aller Raisonnements ! W ie wenig aber die
bisher bekannten leisten, wenn wir aus ihnen allgemeine Formeln
abstrahiren wollen , diefs ist von mehrern Schriftstellern
erwiesen , und es wird in diesem Werke durchaus bestätigt.
W e r vermag gegenwärtig aus der bekannten mittlern Geschwindigkeit
eines Flusses, und aus der Wassermenge, die er in jeglicher
Secunde abführt, die Gröfse des Abhanges seiner Oberfläche,
und die von seinem Bette zu bestimmen? W e r kann diejenige
Gestalt des Bettes , bey der Natur des Erdreichs, angeben,
worin der Strom , ohne an dem Boden und an den Ufern Veränderung
zu bewirken , fliefsen mufs? Sollte man die Auflösung
solcher Aufgaben jetzt wohl schon im Ernste erwarten, da der
Beobachtungen , welche angestellt wurden , noch so wenige
( a ) In seiner Vorrede zu den Anfangsgründen der Hydrodynamik.
So.