Obgleich dieses 'Durchstichsproject ganz dem damahligcn Local
angemessen zu seyn scheint, so achtete doch das Gouvernement
der vereinigten Niederlande nicht darauf. Wahrscheinlich hatte
man von der Festigkeit des Forts Schenkenschanz eine so hohe
Meinung, dafs man sich nicht entschliefsen konnte, dessen rechte
Seite ganz vom Strome zu befreyen. Passavant sähe sich also ge-
nöthiget ein Project zu entwerfen , wobey die Rheinmündung
bey Schenkenschanz beybehalten werden konnte. Zu dem Ende
glaubte er einen andern Durchstich durch den Salmort Vorschlag
gen zu müssen. "Wie er denselben zu führen gedachte , und welche
W e rk e , die von I. bis XII. punctirt sind, (No. V I I I . Ward
züm Separations-Werke bestimmt) angelegt werden sollten , diefs
ist aus Tab. XXI. zu ersehen. Wenn man auch diefs Schöpfwerk
V I I I . hundert und mehr Ruthen verlängert; wenn man
auch ein zweytes vor der Schenkenschanz angelegt hätte; wenn
längs dem linkseitigen Ufer des Rheines und der Waal unter der
Schenkenschanz auch starke Bleswerke aufgeführt worden wären:
so würden dqch. diese kostbaren Bauwerke nicht auf die Länge
der Zeit dem Strome und den Eisgängen Widerstand geleistet
haben.
Nachdem unter Ludwig X IV . (1672) die Franzosen sich der
Schenkenschanz ohne besondere Anstrengung bemeistert hatten ,
so verschwand nach und nach und endlich ganz bey den Holländern
die Idee von ihrer Wichtigkeit, und der berühmte Ingenieur
Coehorn liefs ( 1 70 1 ) den Pannerdenschen Canal 12 Ruthen
breit graben, und mit einem Retranchement versehen.
Der Rhein bricht den Botterdeich bey Schenkenschanz durch.
Die Betten des Nieder - Rheines , des Lecks und der Yssel werden
durch Versandungen höher. Die Waal verschlingt das Haus By-
land. Sie bahnt sich schnell in dem aufgeschlickten Terrain vor
Herwen , wo ihr Bett im XIV. Jahrhundert Statt hatte , eine erneuerte
Bahn O O O H E O (Tab. XXII.). — Diefs ist die kurze
Geschichte der grofsen Veränderungen , deren schädlicher Ein-
flufs noch gegenwärtig den holländischen Stromkundigen so viel
zu schaffen macht; Veränderungen, welche jetzt grofse Summen
erheischen, um sip zu corrigiren , und wovon die bösen
Folgen noch nicht so bald gehoben seyn werden.
So hatte man also diese in so mancherley Rücksichten wichtige
Stromscheidung ganz vernachläfsigt. Im Gegentheile waren nun
den hohen Gewässern zwey Wege Statt einem nach dem Nieder*
Rheine geöffnet worden $ nähmlich der Pannerdensche Canal und
der versandete Rhein bey Lobyt. . Jenen hatte man , wegen der
Schifffahrt, ( 1 7 1 2 ) 3o Ruthen breit gemacht. Seine Mündung
hatte eine sehr grofse Ausdehnung beym Nicolas-Waard oberhalb
der Sternschanze erhalten , so dafs er bey hohem Strome eine
solche beträchtliche Wassermenge empfing, wobey die Deiche
am Nieder-Rheine und Leck nicht bestehen konnten , welche oft
durchbrachen. Dazu kam noch, dafs die Ysselmündung Tab.
X IV. ganz aufser der Richtung des Stromes vom Nieder-Rheine
gekommen w a r , so dafs sie wenig Wasser aus diesem Flusse
aufnahm (*).
Projecte zur Verbesserung des Strombezirkes oberhalb des Pannerdenschen
Canales von 1749 Hs 1771.
Nachdem man auf den Zusammenkünften, wo Deputirte von
den genannten Provinzen, und von Preufsen erschienen (1745
und 174 9) , festgesetzt hatte, dafs die Nieder-Waal (so heilst
die Waal gleich unter dem Pannerdenschen Canale) f und der
Pannerdensche Canal | von der Wassermenge der Ober-Waal
abführen sollten ; so glaubte man die Sache recht wissenschaftlich
abgethan zu haben. Bey dieser Bestimmung war aber weder
Rechenschaft von der Wassermenge des ungeteilten Stromes, noch
von der in den getheilten Strömen gegeben. Es war keine Wäs-
serhöhe festgesetzt worden , bey welcher dieses Verhältnifs Statt
finden sollte. Kurz aus allen übrigen Memoiren geht hervor,
(*) Damahls, als der Rhein längs Huyssen strömte, war die Ysselmündung
. unendlich zweckmäßiger, wie ein Blick suaf Tab. XIV. beweiset