O möchte diese Nation (wovon ein reicher Landmann in Nordholland
mehr baares Geld besitzt, als in Deutschland ein mäfsiges
Fürstenthum von mehreren Quadratmeilen ) doch aüf der Höhe
ihres Reichthums bleiben ! Möchte sie doch die mathematisch-
physikalischen Wissenschaften vorzugsweise befördern , und ferner
durch ihren Handel, die Natur-Producte und die Arbeiten
der menschlichen Industrie vervielfältigen! Sie beweise dem aufgeklärten
Europa , dafs sie mit Verstand uud mit Wärme für
die Sicherheit ihrer Nachkommen sorge , indem sie hydrometrische
Messungen aller Art unter Brünings Direction anstellen,
indem sie dieses vollendeten Wasserbaumeisters Vorschläge ausführen
lasse. Diese Generation beherzige mit einem solchem Eifer,
der bey dem Entwürfe und bey der Ausführung jeder rühmlichen
und grofsen Sache nothwendig ist, den Vortheil künftiger
Jahrhunderte in Hinsicht der physischen Existenz, damit sie nicht
den Vo rw u r f und den Fluch ihrer Nachkommen , wegen stumpfer
Fahrlosigkeit, auf sich lade. Würden dann, wenn sie die
Flüsse gröfstentheils verbanden läfst; wenn sie der Erweiterung
des Haarlemer Meeres nicht begegnet; und wenn sie die Fahrbarkeit
des Y ’s durch grofse und wirksame Mittel nicht verbessert;
wenn sie nicht die vorhandene durch die Erfahrung geprüften
Vorschläge zum Schutz gegen die See in Ausübung bringen läfst;
würden dann nicht künftigen,, Geschlechter ihr Andenken verwünschen
? « Seht da ! werden sie sagen , diefs öde und sonst
schöne Rotterdam , dies todte Dordrecht; diefs ehemals stolze,
reiche und jetz verarmte und ungesunde Amsterdam (*). Diefs
waren damahls Städte der Industrie und des Handels , -als die
Schiffe in ihren Gragten , an ihren Docken und Vorrathshäusern
landeten. Sie waren damahls weniger ungesund als jezt, weil
durch Ebbe und Fluth, wie durch dieStröme, ihre Gragten gereinigt
£*) N a ch Mafsgabe die Fahrb arkeit des Y ’s verbessert un d das Haarlemer
Meer k le in e r -g em a ch t, od er gar ausgetrocknet w ird , mufs sich auch
d ie Atmosphäre in un d um Amsterdam verbessern. D a v o n ein meh-
reres im zweyten Bande.
wurden ! Unsre Vorfahren versäum ten aber die Zeiten , wo sie
noch die Ströme fahrbar, die Ueberschwemmungen durch V ertiefung
der Flufsbetten in den Deichen einengen ; wo sie noch ein
tiefes Y erhalten konnten. Jezt hat sich die Natur geändert, und
indem andere Nationen unsern Handel an sich gezogen haben,
und sich Schätze erwerben, führen wir einen Kampf mit den
Ueberschwemmungen, die über die erhöhe ten Flufsbetten fchreck-
Üch und oft hinaus treten, unsre Dämme durchbrechen, und da
ihre zerstörende Gewalt ausüben, wo unsre sorglosen Vorfahren
sich ihres Reichthums pflegten.«
Man sage immerhin , dafs diese Epoche noch weit entfernet
sey. Was ist aber eine Reihe von Jahren für den Zeitraum künftiger
Jahrtausende ! Das sind nur kurzsichtige, engherzige Menschen,
oder Egoisten, die nicht auf die Zukunft für die Nachkommen
hinaus sehn. Ob uns diese lesen oder verstehn gilt uns gleich.
Sie wird aber ein treten , diese unglückliche Epoche für Holland,
wenn jezt keine zweckmäfsigen Anstalten getroffen, wenn des Strombändigers
Brünings und andrer Sachverständigen, Kenntnifse und
Erfahrungen nicht benuzt weerden, oder wenn keine Revolution
unsere Erde triff. W e r ist so weise und so gelehrt um das Gegentheil
zu beweisen? W e r kann die Thatsachen vernichten ; wer die Versandungen
der Flüsse, die Verengungen der Mündungen, so wie
die Abnahme des Strandes und die Zunahme dés Haarlemer Meeres
(feit 1606.) leugnen? W e r wird es wagen zu behaupten,
dafs die Holländer jezt mehr als jemahls ihren Eifer, ihre Thätig-
keit und Klugheit aufbieten müssen, um sich nicht den Handel
aus ihren Händen winden zu lassen! Und bängt diese Industrie,
dieser Wohlstand , und der Reich th um nicht gröbsten Theils von
dem Zustande ihrer Flüsse , ihrej? Deiche, ihres Strandes , ihrerHä-
fen und Einfahrten, kurz! von der physischen Lage des Landes, ab?
Alle diese hydrotechnischen Gegenstände, wird der zweyte
Band dieses Werkes darlegen : da werden die geschichtlichen Untersuchungen
, so die Vorschläge der berühmtesten Hydroteckten
und die unsrigen, diefs grofse Feld der Wasserbaukunst 1 gleiche