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ein Räthsel ist, wie Bossut sagen kann: la pression de l’eau supérieure
n’y a aucune part (an der Bewegung) ( o).
In Canälen wird die Bewegung aber lediglich von dem Drucke
, den die obern böhern Querschichten (*) auf die niedrigen
ausüben, hervorgebracht. Soll demnach in einem vollkommen
horizontalen Bette Wasser fliefsen, so mufs die Wassermenge
einer jeden obern, rechtwinkeligen Querschichte grö-
fser seyn, als die Wassermenge der nächstfolgenden: d. i. , die
Oberfläche desjenigen Wassers , welches über einen horizontalen
Boden flieist , mufs eine Neigung erhalten. Diese Neigung ist
also eine Folge und nicht wirkende Ursache. Mufs sich über-
dem nicht zuerst eine untere Querschichte (Sectio fluminis) bewegt
haben, bevor die nächst obere sich bewegen kann? Das
Wasser mufs also schon geflossen seyn , bevor die Oberfläche
eine Neigung erhalten hat. Diese bringt also keine Bewegung
hervor, und Buats Erklärung §. 54- «Les rivières ne peuvent
couler sans pente à leur surface, et c’est la force qui en résulte
qui est le seul agent de leur mouvement» ist nur zur Hälfte richtig
, weil die Bewegung, wie gesagt, dem Abhange des Bettes
und der Druckhöhe zugeschrieben werden mufs. Es ist also ohne
Zweifel der Abhang ein Element, welches , auf .den Lauf der
Flüsse, von wesentlicher Einwirkung ist. Buat selbst erkannte
auch gar wohl das Mangelhafte des eben von ihm Angeführten ,
indem er sich §. 70. so ausdrückt: «Le lit d’un fleuve modère
et fixe la vitesse des ses eaux. etc.
Kurz die Neigung der Oberfläche ist nur eine Characteristik
des fliefsenden W assers, eine Eigenschaft die ihm zukömmt.
(0) Traite théorique et expérimental d'hydrodynamique ; nouvelle Edition.
§. 8î 2.
( * ) Wenn in dieser Materie von Wasserschichten die Rede ist, so soll
keinesweges diefs anzeigen, als wenn es nach unserer Vorstellung in
Schichten flöfse. Nein 1 es strömt gewifs, unter sich, nach gar man-
cherley Richtungen,
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Der Abhang des Bodens ist es aber, von dem der Grad der Geschwindigkeit
gröbsten Theils abhängt , und wenn der Flufs in
dem hydraulischen Bebarrungssfände ist (davon wird bald mehr
Vorkommen), so ist er die einzige Ursache der Bewegung. Je
nachdem also das Bett steigt und fällt, je nachdem es sich verengt
oder erweitert, wird die Geschwindigkeit retardirt oder
beschleunigt.
Die Gestalt des Bettes ist demnach, man mag nun den Boden
allein für sich, oder die Lage und Richtung der Ufer mit betrachten
, von der vorzüglichsten Einwirkung auf die Bewegung
des. Stromes. In dieser Hinsicht ist die Untersuchung darüber
auch (Seite 67.) sehr empfohlen worden. Ja! wann je die
Hoffnung in Erfüllung gehen soll, dafs man zur bestimmteren
Kenntnifs von der Natur der Flüsse gelangen w ird , so mufs die
Bemühung der Hydrotecten dahin gerichtet seyn, die Neigung
und den Abhang der Flüsse, so wie die Gestalt des Bettes, und
die Geschwindigkeit, in Erfahrung zu bringen.
Die Gestalt des Flufsbettes
Ist also von vorzüglicher Einwirkung auf den Lauf der Flüsse.
Die regulairste , wobey die Ufer den geringsten Angriff leiden,
wäre ohne Zweifel ein halber Kreis , weil der ganze mit dem
möglichst kleinsten Umfange, den gröbsten Raum einschliefst (*).
Unter allen regelmäfsigen Vielecken mufs also dasjenige , welches
die mehresten Seiten hat, das beste zum Profile zu den
Flüfsbetten , oder zum Umfange des Bettes seyn (**). Natürli-
( * ) Der berühmte Brindley hat zu den unterirdischen Canälen in England
die Elypse angewandt, unter andern ist so ein Theil des Canales
zwischen Oxford und Lichfield unterirdisch ausgernauert. Siehe Ho-
grewe Beschreibung der schiffbaren Canäle Seite 107.
V O Unter dem Umfange des Bettes wird hier die benetzte Fläche verstanden.