
Das von mir erlegte Exemplar ist ein junges Weibchen und wurde im obern
Ditschun-Thale (Bureja-Gebirge) am 2/14. Januar 1858 angetroffen. Bis auf die
etwas mehr entwickelte gebänderte Zeichnung der seitlichen Brust- und Weichenfedern
und die um ein Geringes deutlichere weisse Tüpfelung der Rückenseiten stimmt Alles
zu den europäischen Individuen dieser Art, denen ich mein Exemplar vergleiche. Die
ungemein weichen, vielfach zerschlissenen und oft von lichtem gelblich Grau überflogenen
Federn deuten das Jugendkleid an, in welchem dieser Vogel sich befindet. Die Sper-
lingseule wurde im Bureja-Gebirge ziemlich, oft auf Hochstämmen am Tage angetroffen,
ist mir aber im übrigen Sib irien nicht vorgekommen.
3G. S t r i x ( S u r n i a ) f u n e r e a Lath.
Eine grössere Suite von Sperbereulen, welche aus dem südlichen Theile des Apfel-
Gebirges stammt und im November 1856 von mir erbeutet wurde, schliesst sich in
allen Punkten genau den europäischen Exemplaren an, mit denen ich sie vergleiche.
H. L. v. Schrenck |); hat bereits darauf-aufmerksam gemacht, wie bald das Weiss,
bald das Schwarz der Zeichnung dieses Vogels an Mächtigkeit gewinnt, ohne dass- ein.
solcher Wechsel im Zusammenhänge mit den Gebieten, in denen diese Eule lebt, stände. —
Am 20. Mai 1857 waren, die Jungen dieser Eule,, welche unweit vom Kutämanda-
Posten dem Neste entnommen wurden, fast flügge, am 30sten aber noch nicht so weit,
um entfliehen zu können. Die Sperbereule meidet waldfreie Landschaften. Die Wälder, in
denen die Lärchen vorwalten, sind ihr am liebsten. Im Bureja-Gebirge ist sie mir
auffallender Weise gar nicht zu Gesichte gekommen, aber in den Ebenen oberhalb dieses
Gebirges, auf denen lichte Waldbestände, auch Schwarzbirken und Eichen hie und da
die Erhöhungen des Bodens bestehen, kommt sie vor. So wurde sie am 6. Januar 1858
unweit vom C haltan-Posten (später Kasatkena); erlegt.
37. S t r i x ( § u r n i a ) n y c t e a L.
Bei den Mongolen der daurischen Hochsteppen: Tashe, bei den Burjaten des Irkut-
und Oka-Thaies: Tashd.
Die getauften Burjaten und sogenannten Jasatschnie des Irkut- und Oka-Thaies nannten
die Schneeeule auch Lesnöi-taijoshni jPetuschoh^ d. h. Wald-Wildniss-Hähnchen.
Bei den Russen in den daurischen Hochsteppen gewöhnlich Lun oder bjellaja woron, weisser
Rabe, welche Benennung mit der.mongolischen, Zagem Kire, übereinstimmt; in der
Grenzwacht Kirinsk auch BaJcebart 2).
Wie P a lla s 3) schon richtig anfuhrt, ist die Schneeeule in der Mongolei
überaus gemein, jedoch müssen wir hinzufügen, «nur im Winter», denn in den letzten
1) Reisen und Forschungen 1. c. p. 248.„
2) Wahrscheinlich wurde ihr dieser Name von einem früher dort lebenden Commandeure der Kosaken in .
Folge des Schleiers ertheilt und erhielt sich in der Bevölkerung jener Gegenden.
3) Zoogr. ross.-ast: T. I, p. 313.
Tagen des April ziehen die Schneeeulen alle fort und dieses Fortziehen findet so allgemein
statt, dass die Mongolen meinen, es sei das erste Gewitter, welches diese Vögel
vertreibe, da sie den Donner sehr fürchten. Schon gegen den 15/27. April 1856
wurden die Schneeeulen am Tarei-nor nur sehr vereinzelt angetroffen, jedoch brachte
ich noch ein recht altes Männchen mit, das am 25. April erlegt wurde.
Die 16 Exemplare dieser Eule, welche ich von meiner Reise nach Europa brachte,
entstammen fast alle den Hochsteppen und tragen also die vollen Winterkleider. Auch
von diesen gilt dasselbe, was H. v. Middendorff *) im Hochnorden an den Sommerkleidern
wahrnahm, dass nämlich kein einziger Vogel ganz weiss ist. Vier recht alte
Männchen, deren ganze vordere und untere Körperseite schneeweiss ist, zeigen wenigstens
auf den hintern Schwingen und auf einzelnen innern, grossen, obern Flügeldecken
ziemlich" breite bräunlich schwarze Querbinden, welche indessen niemals die, ganze Breite
der Feder einnehmen. Diese Theile des Gefieders* betheiligen sich am längsten an der
dunklen Zeichnung, welche das Kleid “der Schneeeule in der Jugend vorwaltend besitzt.
Früher als in diesen Federn schwindet das Schwarz auf den Flügeln selbst, geringe
Spuren bleiben davon in einzelnen Flecken dem Hinterkopfe, wo sie,bisweilen ganz lo-
kalisirt werden, wie z. B. an einem meiner Vögel jederseits hinter dem obern Schleierrande.
Sehr oft betheiligt sich auch der Schwanz, oder doch wenigstens die beiden
mittlera Federn desselben, im hohen Alter des Vogels noch an der schwarzen Zeichnung,
indem eine oder zwei unterbrochene Querbinden an ihm zu sehen Sind. Nicht
selten sind auch im frischen Kleide (1 Exemplar vom 15. November bei Irk u tsk liegt
mir vor) einzelne der dunklen Querbinden auf den Rückenfedern so stark vorbleicht, dass
sie kaum kenntlich und^man die betreffenden Federn zweifelsohne für alte ungemauserte
halten müsste., wenn sie nicht vollkommen den darum stehenden frischen mit dunkler
Zeichnung glichen. Nicht minder hatte ein so ungleichartiges Abbleichen im Gefieder
derjenigen Vögel stattgefunden, welche ich im Frühlinge am T are i-n o r erlegte.
Zumal auf der untern Körperseite der jüngern Weibchen finde ich das durchweg bestätigt,
wenn die Vögel im März und April erlegt wurden. An eine partielle Ver-
mauserung, welche bei diesen Thieren stattgefunden haben könnte, darf ich aber nicht
glauben, da frisch Vermauserte Weibchen, z. B.- ein Exemplar aus dem Bureja-Gebirge
vom 15/27. November, ein in der Identität der schwarzen Zeichnungen vollkommen
gleichartiges Gefieder trägt und die Eulen überhaupt rasch die Mauser vollenden.
Was die Grösse der mir vorliegenden Schneeeulen anbelangt, so sind zwar die
meisten grosswüchsig, indessen andere doch auch sehr ^auffallend kleine darunter Vorkommen.
Diese letztem aber sind stets Männchen. Ich stelle in nebenstehender Tabelle
die Maasse zweier der kleinsten Vögel zu denen eines grossen Weibchens.