
322 Squatarola helvética. Charadrius pluiñalis.
nicht zu Gesichte gekommen. Dagegen war er am T are i-n o r, wo er in der Nacht
vom 25. zum 26. März in wenigen Exemplaren eintraf, schon am 27sten recht häufig und
am 28sten noch mehr vertreten. Hier nun blieb er im Sommer nicht an den Rändern
des Salzsees, sondern vertheilte sich auffallender Weise zum Brüten auf die trockene
hohe Steppe. Westlicher am Baikalsee ist der Kiebitz ein seltener Vogel, den ich im
Laufe des Sommers 1855 immer nur einzeln an dem meist aus Geröllen bestehenden Strande
antraf und ihn hier in Art der Austernfischer den Uebersturz der auslaufenden Welle ab-
warten sah, die ihm wohl nur kümmerliche Nahrung aus dem Baikalsee bringen konnte.
Noch westlicher, in der Tunka-Ebene am mittlern I r k u t,'is t der Kiebitz ein recht
häufiger Bewohner der Sümpfe, verspätet aber entschieden sehr, da er erst am 29. April
1859 sich hier zahlreich einstellte. Die hohe Lage dieser Gegend (circa 2500') und das
späte Aufgehen des Sumpfeises mag eine solche Verspätung wohl nach sich ziehen. In
noch höher gelegenen Gebirgsgegenden traf ich in den letzten Juli-Tagen einzelne Kiebitzfamilien
bei Altansk. Damals bereiteten sich diese Vögel, wie' auch die Totanus-
Arten, dort schon eifrig zum Zuge vor. Am T are i-n o r hielten sie sich bis zur Mitte
des August meistens einzeln oder familienweise. Anfang September rotteten sie sich.
So sah ich sie zum letzten Male am 19. September. Ein alter Vogel, der im Mai 1859
unweit Tunka erlegt wurde, giebt mir zu keinen Bemerkungen Veranlassung, da er vollkommen
übereinstimmend mit europäischen Exemplaren ist.
183. Squatarola helvética Briss.b
Zwei Exemplare dieses Vogels lebten noch am 22. September 1856 in der Nähe des
Önon bei der alten Festung Tschindantsk. Das erlegte Männchen besitzt ein vollständig
ausgefärbtes Winterkleid, welches- kaum von dem westsibirischer und europäischer Vögel
abweicht, es sei denn, dass das schwache Gelb der obern Körperseite ein wenig dunkler
ist und besonders im oberen Kopfgefieder augenfälliger wird. In der Grösse, scheinen
auch bei dieser Art, wie bei dem gemeinen Regenpfeifer, bedeutende Variationen vorzukommen.
Unser Exemplar steht den kräftigsten europäischen Vögeln weder in allgemeiner
Körperstärke, noch in Schnabel- und Tarsenlänge nach. Anderweitig ist mir
während meiner sibirischen Reise Sq. helvética nicht zu Gesichte gekommen. Sie scheint
im Herstzuge nur in einzelnen, vielleicht geschwächten, Individuen den Süden Sibiriens
zu berühren, die dann auch recht lange ausharren. So wurde sie am untern Amur,
den Nachrichten H. L. v. Schrenck’s zu Folge '), ebenfalls nur vereinzelt angetroffen.
18f. Charadrius pluvialis L.
Ebenfalls am mittlern Ono-n schoss ich noch am 27. September 1856 einen kleinwüchsigen
Goldregenpfeifer, der im vollkommensten Winterkleile prangt. Dieser Vogel
repräsentirt ganz den Ch. pluvialis orienMis Temm. et Schlegel, wie wir denselben
in der Fauna japónica ’) beschrieben finden. Die gelbe Farbe ist aber durchweg noch
mehr verbreitet und intensiver, als es bei dem typisch-europäischen Goldregenpfeifer im
Winter gemeinlich der Fall ist. So sehe ich sie am vorliegenden Vogel sich fast über
die gesammte untere Körperseite verbreiten. Am Halse, schon auf der Kehle beginnend,
zieht sie sich in bedeutender Reinheit abwärts, nimmt auf der Brust aber schon eine
leichte Trübung in Grau an und schwindet auf den Weichen, den letzten Bauchfedern
und untern Schwanzdecken zu: einer, weissen, in Gelb getrübten Farbe ab. Die Maasse
dieses Vogels, der sich jener von Temminck und Schlegel proponirten Rafe des Gold-
regenpfeifers genau anschliesstf sind folgende:
Totallänge . . . ‘ ^ • • • • 7; 8
Länge des zusammeagelegten Flügels . . . • 6 '
„ des S c hw a n z e s ......................... • • • 2' 5
„ des Schnabels, auf der First gemessen . 9 1/» ''' ;
„ . des Laufes . . . ........................... *
„ der Mittelzehe ohne Nagel . . . . . 10'"
„ des Nagels an der Mittelzehe................... 2'"
Ein am 3; September 1858 im Bureja-Gebirge erlegter Goldregenpfeifer trug
ebenfalls das fertige Winterkleid, Nirgend traf ich in Ostßibirien während des Herbstzuges
grössere Banden durchziehender oder in den Niederungen ruhender Goldregenpfeifer
an.
185. Charadrius morinellus L.
Auf den alpinen Tündern, welche das Quellgebiet des schwarzen Irk u t decken,
t r a f ich am 15. Juni 1859 zu wiederholten Malen den Mornellregenpfeifer brütend
am Er lebte hier über der Baumgrenze in einer Höhe von 7500—8000 über dem
Meere. Desgleichen fand ich ihn auch in noch bedeutenderer Höhe am Südabhange
des Munku-Sardik, wo er in den äusserstefi Revieren des phanerogamen Kräuterwuchses
lebte (10,000'), Einzeln sah ich ihn auch noch Anfang Juni 1855 im Kaja-
Thale bei Irk u tsk und auf dem Herbstzuge berührte er den Baikafsee, wo ich ihn
am 9 . ' September desselben Jahres unweit des Possolskischen Klosters und an kleinen
Buchten des Sees theils in kleinen Schaaren, theili einzeln sah. Die in den östlichen
Sajanischen Hochgebirgen erlegten Vögel trugen das volle Sommerkleid und wichen in
keiner Hinsicht von europäischen ab.