fen kann. Suchen wir nach anderen Vögeln, die hier jetzt leben, so sind* wir, um sie zu
finden, auf die Ufer der Salzseen und die flachen Thalgründe angewiesen. Die Berglerchen
(AZ. (üpesiris) beleben diese. Nie schaaren sie sich zu solchen Banden, wie z. B. A. Calandra
und sibinca sammt brachydactyla in den Steppen Südrusslands im Winter es thun. Aus
6— clO Vögelchen besteht der kleine Trupp, den wir sehen. Sie laufen eilig über den Boden,
ab Und zu vernimmt man ihre leise pfeifende Stimme, der lange Nagel an ihrer Hinterzehe
lässt Spuren im Schnee zurück, beunruhigt fliegen sie, immer dem Boden nahe
bleibend, im weiten Bogen fort, um an der nächsten ähnlichen Lokalität sich niederzulassen.
Selten besuchen sie nur die einsame Grenzwacht, wo die Feldspatzen unter den Plankendächern
zur Nacht ruhen und wo sich Abends auch die wenigen Kaben gerne einfinden,
um am Gesimse der Kirche oder Kapelle, die meistens etwas abgelegen dastehen und unbewohnt
sind, zu schlafen. Gedenken wir nun noch der mongolischen Lerchen, die so zu
sagen das Aequivalent für die im Südosten Eu ro p a ’s vornehmlich lebenden Calander-Ler-
chen sind. Diese weilen zwar auch im Sommer' hier, zerstreuen sich dann aber über die
weiten Gegenden dergestalt, dass man sie nur selten zu Gesichte bekommt. Im Winter
aber leben sie gerottet, meiden gerade diejenigen Lokalitäten, wo Phileremos alpestris gerne
ist und ziehen sonnige Abhänge, an denen zeitig die Schneeschmelze eintritt, jedem ändern
Aufenthaltsorte vor. Mit dem Erwachen des Frühlings thun sie sich auch wohl mit Fringüla
¿¿««na zusammen, besuchen alte Brachen, schwärmen gegen Abend und zwitschern dann recht
munter, jedoch bei weitem nicht so anhaltend und schön, als zur Zeit der Begattung. Was
sonst im Winter hier von Geflügel anzutreffen ist, muss entweder als sehr verspäteter Invalide
(ein baldiges Opfer), oder als höchst seltener Gast angesehen werden. Das Verweilen
der Wachteln in Daurien und in den Hochsteppen ist zwar gewiss, jedoch findet
es, wie auch jenes von C. Turtur vart. gelastis, nur ausnahmsweise und selten statt. Die
Schneeammern erscheinen zwar, aber die Hochsteppe selbst behagt ihnen ebenso wenig,
wie der dichte Urwald. Sie sind auf die Menschen angewiesen, oder doch wenigstens auf
die Nähe ihrer Ansiedelungen und auf die Strassen, welche dieselben verbinden, Der rauh-
füssige Kauz lebt zwar im Winter in Daurien, allein er ist so selten, dass es den neueren
Reisenden nicht gelang, ihn dort nachzuweisen und wir dem Zeugnisse Pallas folgen müssen,
wenn wir ihn überhaupt der Vogelfauna dieser Länder beizählen wollen.
Es fehlt fast gänzlich an Stimmen im Winter in den Hochsteppen. Wir hören dort
wenig. Der scharfe Luftzug saust über die trockenen, bleichen PZywms-Gräser und die
zerfetzten braunen Lappen der Rhabarberstauden klappern an einander. Die Absynthienfelder,
welche sich zunächst um den ächten Salzkräuterwuchs lagern,- sind starr und todt — es. ist
Alles stumm. Der Himmel ist ganz wolkenlos und die Sonne scheint auf die weiten leeren
Länder; duftig tauchen am Horizonte kahle Bergzüge auf, andere, die uns näher gelegen,
zeigen ihre scharfen Umrisse und Schatten. Das Himmelblau wird, dem Horizonte näher,
immer heller und ändert zuletzt in ein zartes, dünnes Gelb ab. Antilopenschaaren tummeln
sich hier und dort; ihre Umrisse schwanken am dunklern Hintergründe, den ein Gebirgszug
bildet, hin und her. Wir sehen Bewegungen, aber wir hören die Thiere nichts
Wenn nicht ein eiliger Rabe den zweisylbigen, hohlklingenden Ruf uns zusendet, oder gegen
Abend die mongolischen Lerchen und Leinfinken, bevor sie zur Ruhe gehen, gemeinschaftlich
zwitschern, so würden wir allein noch auf den Lärm der Feldspatzen in den Dörfern
angewiesen sein, um Vogelstimmen zu vernehmen.
Wie ganz anders verhält sich das in den Waldgebieten des südlichen Sibiriens.
Der Blick des Beobachters ist hier beengt. Bald sind es himmelanstrebende Zapfenbäume,
bald Birkenwälder und am mittlern Amur ein Gemisch fremdartiger Baum- und Strauchformen,
die dem Auge eine gewisse Grenze aufnöthigen. Nicht immer ist der Himmel heiter,
hohe Schneelagen liegen am Boden. In diesen geschützten Räumen blieb eine Anzahl
der Standvögel, welche mehr oder weniger auf die Baumvegetation angewiesen sind. Die
Spechte und Meisen streichen, die Nuss-, Eichel- und Unglückshäher thun ein Gleiches
und wo man sie auf ihren muntern Ausflügen antrifft, lassen sie ihr Geschwätze hören.
Dompfaffen, Rosen-Spatzen und die zierlichen sibirischen Karmingimpel (Pyrrh. longicaudd)
beleben die dichten Unterhölzer in den sumpfigen Thälern und lassen, wenn sie unermüdlich
hin und her fliegen, ihre Flötenstimmen im kurzen einsylbigen Rhytmus erschallen. Kreuzschnäbel
und Hakengimpel bewohnen die Kronen der alten Coniferen und die Kleiber und
Baumläufer machen ihre Wanderungen an den Stämmen. Diese kleinern Waldbewohner
finden in der Sperbereule, dem Zwergkauz und der Ural-Eule ihre vornehmlichsten
Feinde. Der Hühnerhabicht wintert nur in den südlichsten Distrikten, zumal im Amurlande,
und hier betreibt er ausschliesslich im Winter die Jagd auf Eichhörnchen. Der
Edelfalke hingegen macht sich gerne an die grossen Waldhühner, wenigstens habe ich
im Apfelgebirge bemerkt, wie er im Winter den Birkhühnern erfolgreich nachstellt,
obschon ich nicht glaube, dass er mit den Auerhähnen fertig wird. Vom Hochgebirge,
wo es seit dem September ganz unwirthbar wurde, liessen sich die Alpenkrähen in einzelne
breite Thäler hernieder und hielten dabei immer sehr genau dieselben Lokalitäten
ein, welche von ihnen früher schon besucht wurden. Die Schneehühner, Alpenhühner
und, wo sie Vorkommen, auch die grossen altaischen Felsenhühner, die im Sommer
an den Grenzen der alpinen Vegetation leben, steigen ebenfalls thalwärts und aus den
nördlicheren Landschaften' wandern Seidenschwänze, Sporn- und Schneeammern hier für
die Winterzeit ein.
Nur geringe Modificationen werden wir wahrnehmen, wenn wir das winterliche Leben
der Vögel am mittlern Amur mit dem in den Waldgegenden des übrigen südlichen
Sibiriens vergleichen. War es hier vornehmlich in dem dichten Unterholze der Spiraeen
und Salices der langgeschwänzte sibirische Karmingimpel, welcher in sanften Bogenlinien
mit schnurrendem Fluge in kleinen Gesellschaften hin und her schweifte, so wandern
dort in den entlaubten Eichenhainen die trägen, einfältigen Rosensperlinge (P. roseus)
von Baum zu Baum und halten vertheilt in den Kronen nahestehender Stämme eine bedächtige
Mittagsruhe. Lebte in jenen Wäldern des ebeneren Terrains, wo riesige Lär