105. Cinclus aquaticus Beeilst. ‘)
Vart. leucogcister Eversm.
Vergebens suchte ich in den durch Eversmann meistens in kleinern Aufsätzen
beschriebenen neuen Vogelarten nach seinem C. Imcogaster und muss schliesslich annehmen,
dass der Verstorbene eine Beschreibung dieses Vogels nicht hat drucken lassen. Zu
dieser Annahme berechtigt mich auch der Umstand, dass nirgends, wo C. leucogaster
aufgeführt wird, ein bezügliches Qüellen-Citat zu finden ist (vergl. Bonaparte Conspect.
gener. avium, Sect. prima, p. 252, und v. Middendorff’s Sib. Reise 1. c. p. 168) und
auch in :den wenig zugänglichen Beiträgen Evers'mann’s, die er als Addenda ad ce-
leberrimi Pallasii Zoographiam Rosso-asiaticam in den Yueh hh sanncKu, najaBaeMHS
HMup. KasancKHMi ynuBepcHTeTOMi, mittheilte, steht von diesem Vogel nichts. Bekanntlich
aher hatte Pa lla s 2) denselben schon am Jen ise i als eine dort häufige Varietät des
Wasserschmätzers beobachtet und vereinigte" ohne Bedenken nicht nur diese, sondern
auch die einfarbig schwarzbraune, der man später den Namen C. Pallasii ertheilte, mit
dem europäischen Cinclus.
Der Meinung, es seien die verschiedenen Kleider deS Wasserschmätzers, |K von denen
namentlich in Asien die beiden extremen Formen, als C. leucogaster, Evrsm. und G.
Pallasii Tcmm., die typisch europäische gänzlich verdrängt haben, — nur klimatische Abänderungen
des Cinclus aquaticus, muss ich mich in Bezug auf C. Imcogaster ganz
entschieden anschliessen, darf es, aber. in Bezug auf C. Pallasii nicht ohne Weiteres thun,
weil für diesen letztem noch keine Uebergangsformen zum C. aquaticus bekannt geworden
sind. Gerade das von mir mitgebrachte alte Weibchen , des C. leucogaster,
dem ich einige Exemplare aus Südwestsibirien zur Seite stellen kann, vermittelt in
Färbung des Bauchgefieders den nachweisbaren Uebergang von Cinclus. aquaticus zu C.
leucogaster. Denn an diesem Weibchen, das am 30. October 1855 am Kultuk-Bache
(Südwestwinkel des Baikals) erlegt wurde, zieht sich etwa von der Mitte des Brustbeines
an abwärts zum Abdomen ein nach und nach intensiver werdender graubräunlicher
Anflug, der sich auf den hintern Weichen- und den untern Schwanzdecken in die dort
übliche graue Farbe verliert. Im Vergleiche also zum typischen C.-leucogaster ist dieser
Vogel auf seiner Bauchseite zu dunkel, im Vergleiche aber zum C. aquaticus europaeus
viel zu hell. Uebrigens nimmt das Weiss der Kehle und Brust an diesem Vogel ganz
1) Bei den Bemühungen, ein Quellencitat für Cinclus leucogaster Eversm. aufzufinden, stellte es sich heraus,
dass in G r a y ’s Genera of birds über das Genus Hyd/röbata (Cinclus), welches er zu der Subfamilie der Formcarinen
nnd zu der Familie der Tu/rdiden stellt, nichts gesagt wird, obsebon dasselbe auf der bezüglichen Tafel 55 unter
1 abgebildet ist. Im Texte findet man nur die 12 anderen Genera der Formcarinen erörtert.
2) Zoogr. ross.-ast. T. I, p. 426.
dieselbe Zone ein, wie bei dem europäischen Wasserschmätzer, setzt sich aber abwärts
nicht scharf gegen das lichte Rauchgrau ab. Die Färbung der obern Körperseite anlangend,
erwähne ich nur, dass bei Vart. leucogaster das Graubraun des Kopfes nnd Nackens
etwas heller ist, als bei dem europäischen Wasserschmätzer. In -den Schwingen und sonstigen
plastischen Verhältnissen lassen sich keine stichhaltigen Abweichungen finden. Ich
gebe nachstehend eine Anzahl von Maassen, die an der Varietät und dem C. aquaticus
typicus genommen wurden.
C i n c l u s a q u a t i c u s .
Yart. leucogaster. Yart. europaea.
'Baikal. Westsibirien. West- .
Sibirien. Persien. Petersb.
T o ta llä n g e ..................... ^ i Ü Ü B H ü 5" 8'" | 5" 7"', | 6" m 6" 5-" 5" 10'"
Länge des zusanunengelegten Flügels . 3" !'» | 3 » g » , 3" 1'" 3" 1"' 3" 5'" 3" 2'" 3" 1'"
„ des Schwanzes........................... 1" 11-" ' , 2":.,.;., 1" 10'" 1".10'" : ,1" 10'" 1* 11"' 1" 8'"
.,, des Schnabels, auf der First gemessen
. . . . . . . . . E B U 77k;" ; 7 v r | Im m Wm 6'" ' , J
Xdetf' Laufes , . . . . i" 1" i" 1" 1" 1.... .. i" 1.......
„ der Mittelzehe Ohne Nagel . . | 9 ' * U 8V * '" - - 8'" • 8' . ' ^ m - 8'" 8'"
„ des Nagels an der Mittelzehe . 3"' 0 IM 3'" i r.B-' 1' 3 '" .
In der That scheint bei dem C: Pallasii Temm. eine bedeutendere Grösse in allen
äussem Körperproportionen constant zu sein, wie sich das hei dem Vergleiche der so
eben gegebenen Maasse mit denen von H. L. v. S c h re n ck 1) für C. Pallam ermittelten
ergiebt. Aber ein Umstand, der für das schon von Pallas ausgeführte, von Gloger,
Blasius und Ändern ebenfalls anerkannte Zusammenziehen dieser Cinclus-Arten mit dem
europäischen Wasserschmätzer spricht, liegt auch noch darin, dass diese Varietäten keineswegs
in ihrer geographischen Verbreitung einander ausschliessen. Wir besitzen aus, dem
südlichen Westsibirien neben dem Cinclus leucogaster auch typisch europäische Exemplare
des C. aquaticus und H. v. Middendorff beobachtete sogar Cincl. Pallasii und G.
Imcogaster zusammen im Stanowoi-Gebirge.
Jedenfalls aber wird im östlichen Asien- C. Pallam prädominirend und auch am
mittlem Amur beobachtete ich nur diesen: Im November 1855 traf ich C. aquaticus recht
häufig am Schamanenfelsen bei dem Dorfe Kultuk, wo er namentlich uin Mittag
fleissig sang und dabei über die Felsentrümmer Kinhüpfte. Im Januar erst verlässt er
den See, da dieser dann zufriert, und zieht zu den offenen Stellen der Waldbäche, namentlich
Pachabicha, Sljüdenka etc., woselbst er an den Blänken oft sehr lange,
ohne die geringste Bewegung zu machen, auf dem Eise sitzt und dann taucht. Vor