
110 Astur Nisus. Buteo ferox.
Als Zugvogel folgte der Hühnerhabicht den beiden Hauptstrassen, welche im Cen-
traltheile Ostsibiriens das Geflügel und besonders die Wasseryögel benutzen, nämlich
das Selenga- und Angara-Thal westwärts und die Seensysteme des Dalai- und T arei-
nor östlich. Häufig wurde er am 3/15. September bei Werchne-Udinsk auf seinem
Herbstzuge angetroffen, nicht minder häufig auch auf dem Frühlingszuge im mittlern
Onon-Thale (30. März 1856)1 Im Januar 1859 hielt er sich vornehmlich in der Nähe
des An gara-Abflusses aus dem Baikalsee auf, offenbar durch die Tauchenten an diese
Lokalität gefesselt, wo das Wasser niemals gefriert. In grösser Anzahl durchstrich 'er
im October 1857 und in wenigen Exemplaren auch 1858 die Thalhöhen im Bureja-
Gebirge, wohin er den ein wandernden Eichhörnchen gefolgt war. und sammt dem Edelfalken
arg über diese Thierchen herfiel. Die Verheerungen, welche beide Raubvögel unter
den Eichhörnchen machten, waren so starke dass wir bei unseren Jagden täglich mindestens
auf 30 solcher Stellen stiessen, wo Haare und die unberührten Schwänze der
Eichhörnchen auf die unlängst verübten Morde hinwiesen. Im November verschwanden
sammt den Eichhörnchen auch diese ihre Verfolger fast gänzlich. — Bis zur Höhe
von 5000' über dem Meere wurde Ast. palumbarius als Sommervogel im obern Irk u t-
Thale angetroffen.
15. A s tur Ai sus L.
Der Sperber wurde zwar überall in meinem Reisegebiete angetroffén, jedoch nicht
gerade häufig. Das alte M. meiner Collection, am 15/27. Juli am N.-O.-Ufer des Baikals
erlegt, hält in dem Verhältnisse des unbefiederten Tarsentheiles zur Mittelzehe die
Norm für F. Nisus und nicht jene von S’ewerzoff *) für Astur brevipes angegebene
ein. Dieser letztere Vogel soll nach H. S’ewerzoff haben: La Partie nue du tarse
égale au doigt médius und als einen zweiten auszeichnenden Charakter legt ihm der
Autor die längern Flügel bei. An meinem Vogel nun erreichen die angelegten Flügel
nicht nur das untere Drittel der Gesammtschwanzlänge, sondern überragen dasselbe,
indem sie sich bis auf 35 Mmtr. der Schwanzspitze nähern. Es finden sich hier also
theils die auszeichnenden Merkmale des Ast. brevipes und die typischen des Astur
Nisus an einem Individuum vereint, und es dürfen diese daher nicht als unterscheidende
vollwerthig anerkannt werden.
16. Buteo ferox Gml.
Buteo leucurus Naum.
Ich schliesse mich bis auf Weiteres dem Beispiele Cabanis an, welcher im 2ten
Jahrgänge seines Journals für Ornithologie p. 260 sich über die Identität des Buteo
1) Vergl. Bulletin de la soc. dé Ntrlst. de Moscou 1850, n , p! 234.:
Buteo ferox. 111
leucurus Naum., B. ferox Gml. und B. rufinus Rüppell ausspricht. Der B. vulgaris wird
bei dieser Gelegenheit mit. Stillschweigen übergangen, woher anzunehmen, dass die Herrn
.Cabanis vorliegenden Individuen des gemeinen Mäusebussards ebenso wenig wie die
unsrigen irgend welche Vergleichungspunkte, die zum Buteo ferox leiten könnten, be-
sässen. Unsere Ansichten aber über die Möglichkeit der artlichen Identität des Buteo
ferox und Buteo vulgaris theilen wir weiter unten mit.
Zunächst will ich das Bemerkeüswerthe über die 3 weiblichen Exemplare vom
Tarei-nor sagen.
Das grösste der Exemplare, am 6/18. April jenseits der russischen Grenze am
Uldsa-Flüsschen erlegt, steht im Wüchse dem grossen Schreiadler doch bedeutend nach und
tibertrifft kaum die kleinsten Exemplare von der kleinen Varietät (Aq. clanga) des Schreiadlers.
Es trägt ein nur wenig abgenutztes, im Allgemeinen weiches Gefieder und ist
zweifelsohne ein junges Individuum. Demgemäss sind die hellen Umrandungen der Kopf-
und Rückenfedern bedeutend breiter, als an alten Thieren aus Sarepta, die den
Schwanz schon rein weissgelblich haben. Diese Umrandungen sowohl als die Mittelfelder
der Federn sind stark abgebleicht, die erstem weiss in’s Gräuliche, die letztem
graubräunlich. Auf dem Kopfe selbst tritt die rostgelbe Färbung fast gar nicht hervor
erst auf dem Hinterhaupte sieht man sie sich an den Federrändern verbreiten, im Nacken
findet das in höherem Grade statt. Von hier aus verbreitet sich das helle Rostgelb
mehr über die Halsseiten, als über den Rücken, macht sich dort als breite Umrandung
jeder Feder geltend und reduzirt meistens das mattbräunliche Mittelfeld derselben zu
schmaler pfeilförmiger Zeichnung, hier hingegen zeichnet es als schmale Umrandung
die einzelnen Federn, oder erstreckt sich seitwärts dem Schafte entlang (meistens auf
der Inseite der Fahne) als Flecken zur Mitte der Feder. Auf den grossen Schulterfedern
und theils auch auf den obern Flügeldeckfedern verschwindet es fast ganz, nur
hie und da erscheinen die Aussenränder dieser Federn gleichsam wie bespritzt mit
dieser rostgelben Farbe, zeigen aber sonst das abgeblichene braune Mittelfeld und die
fahl grauweissliche Umrandung. Diese letztere fehlt den Bürzelfedern, welche dunkel
einfarbig braun bleiben, nur die äussersten von ihnen, welche bis zur Hälfte der Schwanzlänge
vertreten, tragen breite gölblichweisse Endbinden und sind mehr oder weniger
auf dunklem Felde in Rostgelb gesprenkelt. Der Schwanz trägt 9 durchgehende, 2—3
Linien breite'Binden, welche im obern Drittel des weissen Schwanzgrundes ganz verschwinden
und der Schwanzspitze zu deutlicher werden, sie sind dunkel graubraun; die
Aussenfahnen aller Schwanzfedern sind dunkler grau, als die Innenfahnen. Bei den beiden
mittelsten bleibt ein Längsfeld hell grau, bei den übrigen zieht sich das Weiss der
Federbasis auf den Innenfahnen nicht ganz bis zur-Spitze. Diese letztere ist an allen
Steuerfedern wieder rostgelb und zieht sich ein Flecken in dieser Farbe auch noch aufwärts
zwischen die beiden letzten Querbinden dem Schafte der Federn entlang. Die
Schafte sind alle weiss. So erscheint der Schwanz von obenher. Unten aber werden die