Die Familie der finkenartigen Vögel (es wurden 33 Arten nachgewiesen), bietet
in ihren beiden natürlichen Hauptgruppen (Ammern 15 und Finken 18) recht viel Ei-
gcnthümliches. Sind es gerade die Ammern, welche der sibirischen Omis im Allgemeinen,
in Folge artenreicher Vertreter, als ein auszeichnender Charakter zuerkannt werden
müssen, so dürfen wir diesen doch im Speciellern nur auf die Länder östlich vom
Apfelgebirge beziehen. In Daürien erst treten wir zu jenem eigentümlichen Artenreichthum,
den die Ammemgruppe bietet, und können denselben bis nach Japan hin verfolgen.
Dabei ist, wenn auch nicht ein gänzliches gegenseitiges Ausschüessen einzelner
Arten dieser Gruppe, so doch das entschiedene Vorwalten einer oder der ändern Spe-
cies auf weite Strecken hin wahrzunehmen. Wir erinnern hier besonders an Emb. aureola
für die westlichen Theile unseres Eeisegebietes, an Emb. pusilla für Daurien und an
Emb, spodocephala für den mittlem und untern Amurlauf. Als eine Bereicherung für
die Zahl der Festlandsbewohner unter den Ammern ist noch der schönen Emb. elegcms
zu gedenken, die bis dahin als ausschliesslich japanische Art betrachtet wurde. Ebenso
willkommen muss das Wiederauffinden von Emb. ckrysophrys in Daurien sein, die wir
seit Pallas Zeiten nur einmal durch Selys-Longchamps erwähnt finden. Ein näheres
Eingehen in die geographische Verbreitung der 18 Finkenarten Ostsibiriens, welche
den Genera Passer, Pyrrhula, Fragilla, Coccothramstes und Lozia angehören, wird dar-
thun, wie hier abermals sich solche Arten, zeitweise; wenigstens, beisammen finden, die
anderweitig nicht in denselben Gebieten Vorkommen. Die FnngiOen Ostsibiriens sind
bunt zusammengewürfelt. Hochnordische, eigenthümlich asiatische Arten ziehen im Winter
dort umher, wo wenige Monate früher Zeisige schwärmten, und nordafrikanische, die zugleich
in Vorderasien (F. petroma) gefunden werden, treffen am N.O.-Ende dei; hohen
Gobi mit den Leinfinken zusammen. Andererseits liefert das Vorkommen von Fr. Kar
uiaraMba am mittlem Amur auch in dieser Gruppe dafür den Beweis,: es sei diese Art
keine ausschliesslich japanisch insuläre. Sie tummelte sich in den Ebenen, die oberhalb
des Bureja-Gebirges gelegen sind, mit Bergfinken umher. 1
Die Familie der Heher (in 3 Gruppen mit 20 Arten) bietet zunächst unter den
Meisen 8 Arten, die alle auch Europa angehören. Die kleine Gruppe der Seidenschwänze
gewinnt durch Bomb, phoemcoptera einen reizenden Zuwachs, und zwar muss
diese Art brütender Vogel am mittlem Amur sein, da er familienweise, mit jungen Vögeln
im Herbste zog. Sein Vorkommen war bis jetzt im Himala'ya und m Japan
nachgewiesen; auch er hält die Grenzen der nördlichen Mandshurei in seiner geographischen
Verbreitung nach Norden und Westen strenge ein. Unter den Baben muss
Conus japmenm erwähnt werden, der als eine wohlbegründete Art, von Osten her kommend,
der Festlandsomis einzuverleiben ist und abermals einen Beleg dafür liefert, dass
viele(der als für Japan eigenthümlich betrachteten Vogelarten auch weit westwärts auf
dem Continente leben. Dennoch bleibt es darum ebenso wahr, dass diese eigenthüm-
lichen Vögel eine gewisse Abgrenzung gegen Westen hin sicher fanden und dass das
Chingan-Gebirge als solche zu nennen ist. Von einer so allgemeinen Verbreitung, wie
sie viele europäische Vögel besitzen, die wir von West nach Ost, also von Europa aus
durch ganz Sibirien bis nach Japan hin verfolgen können, ist bei den japanischen,
wirklich guten und eigenthümhchen Arten nicht die Bede. Sie sind im untem und
mittlern Amurthale mehr oder weniger grosse Seltenheiten und erreichen den- Ostfass
d e s . Chingan-Gebirges meistens nicht.
Die kleine Gruppe der staarartigen Vögel in der Familie der Sänger (65 Arten)
vereinigt in sich 3 Bepräsentanten. Von ihnen ist der eine der gemeine Staar, dessen
Vorkommen ostwärts mit dem Selenga-Thale, d. h. mit dem Meridian von 105° östl. L.
v. Paris aufhört. Die 2-te Art, Pastor stumims Pall., welche schon von Pa llas entdeckt
wurde, zieht sich, von Südosten kommend und sowohl die tropischen Inseln (Sunda,
Philippinen), wie auch das Festland bewohnend, bis zum Westfasse des Chingan-
Gebirges, wird aber erst am mittlem Amur häufiger1). Die dritte Art endlich ist ein
japanischer Staar, St. cineraceus Temm., welche mit der zweiten gemeinschaftlich die
mittlern. Amurgebiete bewohnt. Im Baumläufer Ostsibiriens können wir nur den
europäischen Vogel Wiedersehen und die beiden Ginclus-Axiza, welche wir mitbrachten,
mussten trotz der Wahrscheinlichkeit, sie als Varietäten mit C. aquaticus Bechst. vereinigen
zu können, für jetzt noch gesondert aufgeftthrt werden, weil für den 0. Pallash
noch keine directen Uebergänge zum C. aquaticus gefunden wurden. In der Gruppe der
Pieper und Bachstelzen darf man in Zukunft nicht viel zu entdecken hoffen. Es sind
uns aus Ostsibirien überhaupt nur 4 Pieper, die zugleich in Europa Vorkommen, bekannt
geworden, während Europa deren zwar 7 besitzt, von denen jedoch 2 ganz entschieden
südliche Formen sind und die dritte die westlichen Küsten bewohnt. Ebenso
verhält es sich mit den Bachstelzen. Es ist nur zu bemerken, wie M. flava ostwärts
immer seltener wird, dagegen für Mot. dtreola Pall, das häufigste Vorkommen in die
daurischen Steppengebiete fällt. Waren es^ unter den finkenartigen Vögeln die Ammern,
welche einen auszeichnenden Grundzug der Vogelwelt Ostsibiriens verliehen, so thun
ein Gleiches unter den Singvögeln die Drosseln, welche wir in 12 Arten nachweisen
konnten. Hier stossen wir, wie bei den Ammern, auf eine Suite ächt sibirischer Vögel,
aber auch hier macht sich das ostasiatische insuläre Faunenelement, wie das südasiatische
des Festlandes, wie endlich auch das europäische noch geltend. Von Osten her ist
Turd. daulias zu nennen, von Süden Oriolus cockinchinensis Briss. und von den europäischen
Drosseln kommen die Sing- und Weindrossel auch im Süden Ostsibiriens vor.
Die Sänger endlich bieten zunächst in ihren Gattungen nachstehende Werthe für die
Zahl der Arten: Accentor 2, Saxícola 5, Sylvia 16, Regulus 1, Zosterops 1, Salicaria 4,
Muscícapa 7, Lanius 3.1' Eigenthümüch sibirisch ist in den beiden ersten dieser Gat-
1) Hierbei ist zu bemerken, dass nur P a l l a s diesen Vogel zwischen O n o n und A r g u n j fand. Die
neueren Beisenden lernten ihn jedoch nur am mittlem Am u r kennen.