364 Anas poecilorhyncha.
Stelle des grauen,, grobgesprenkelten Rückengefieders, welches sehr verblichen und abgenutzt
war, treten einfarbig schwarzbraune Federn mit blassen Säumen. Im Bureja-
Gebirge traf ich aber am 18. August 1858 Männchen, welche jetzt erst in Folge
der Mauser flügellahm waren, ein Termin, der für das Wechseln der Schwung- und
Steuerfedern als sehr verspätet zu betrachten ist, wenn wir daran erinnern, dass in
Deutschland die Mauser dieser Federn schon um Johanni stattfindet1). Schon am 21.
März desselben Jahres waren die ersten Märzenten hier angekommen, seit dem 27sten sah
man ihrer mehr. Genau zur entsprechenden Zeit stellte sich 1856 diese Art auch
am T are i-n o r ein, und zwar hier im Vereine mit Anas acuta in grossen Schwärmen
am 23. März. Am 12. Mai traf ich. die hier bleibenden Stockenten meistens nur
gepaart, während Anas acuta noch geschaart lebte. Im östlichen Sajan verspätete die
Märzente ebenso wie die meisten anderen Zugvögel, hier darf man den 1. April als
die Ankunftszeit für sie bezeichnen. Diese Verspätungen der Zugvögel stehen entschieden
mit der hohen Lage der gesammten Gegend im Zusammenhänge, welche den
spätem Aufgang der Gewässer, so wie auch das Zurückbleiben des gesammten pflanzlichen
und thierischen Lebens bedingt. Am mittlem Amur stiess ich noch am 22. Septbr.
1858 auf einige Stockentenflüge. Am Tarei-nor hatten sich sowohl Anas boschas,
wie auch Anas acuta, am 8. September 1856 zu grossen Schwärmen „gesellt, die sehr
unruhig waren. Mit dem 12. September bemerkte man ein sichtliches Abnehmen dieser
Schwärme und am 20sten wurde die Stockente nur selten getroffen. Winternde Vögel, die
trotz arctischer Kälte an offenen Wasserstellen im Osten Sibiriens leben-, wie dies
P a lla s 2) und L. v. Sch ren ck 3) nachweisen, habe ich in Ostsibirien nicht angetroffen.
930« A n a s p o e c i lo r l iy n c l i a Gmel.
Soll ich der Bemerkung, welche Temminck und Sch leg e l4) in der Fauna japonica
gleich bei dem Beginne ihrer Erörterungen dieser südasiatischen Entenart machen,
vollen Glauben schenken, so muss ich das alte Männchen, welches ich vom mittlern
Amur mitbrachte, gleichfalls als ein durch Kreuzung von An. Boschas mit An. poetilo-
rhyncha erzeugtes betrachten. Dasselbe entspricht nämlich vollkommen der Beschreibung
und Abbildung, die wifran der citirten Stelle der Fauna japonica finden. Ohne Zweifel
würde ich aber, d|i mein Vogel in den menschenleeren Ebenen oberhalb des Bureja-
Gebirges am 28. April 1858 erlegt wurde, ohne die ausdrückliche Bemerkung im Texte
der Fauna japonica «variété domestique croisée» gezwungen gewesen sein, ihn als eine
•
1) Vergl. Naumann 1. c. T. 11, p. 5.85.
2) Zoogr. ross.-ast. ü . p. 256. ¿
3) Reisen und Forschungen 1. c. -p. 473.
4) Fauna japonica, Aves., p. 12*%af. LXXXII.
Anas poecilorhyncha.
von Anas poeálorhyncha verschiedene Art zu betrachten, und das noch um so mehr,
als am Schlüsse des betreffenden Abschnittes der Fauna japonica geradezu das Vorkommen
der- typischen Anas poecilorhyncha Indiens in Japan verneint wird. Es ist
nicht unwahrscheinlich, dass den japanischen Hausvögeln, die.diese Ente reprä,sentiren,
eine eigene Art zu Grunde liege, allein es ist ebenso wahrscheinlich, dass früher ge7
züchtete Exemplare die Freiheit suchten und so auch bis in die continentalen Gebiete
sich verflogen, oder dass Bastardbildungen durch natürliche Züchtung erzeugt wurden.
Bis ein grösseres Material uns vorliegen wird und namentlich die Verhältnisse dieser
Vögel in Japan genau bekannt geworden sind, schliessen wir uns der Meinung Tem-
minck’s und Schiege.l’s an und müssen darnach unser Exemplar für ein verflogenes,,
ehemals wahrscheinlich domesticirtes, vielleicht aber auch durch natürliche Kreuzung
von Anas Boschas und Anas poecilorhyncha erzeugtes halten. Vergleichen wir nun das
alte Männchen im Prachtkleide, welches ich vom mittlern Amur mitbrachte, mit dem
typischen Vogel Indiens, so finden wir zunächst eine sehr, in die Augen fallende Abweichung
in dem Mangel der hoch aufgetriebenen, gelbroth gefärbten Höcker an der
Schnabelbasis, welche.sich bei An. poeálorhyncha typica jederseits in spitz zulaufendem
Winkel bis auf die Stirn ziehen. Weder an unserem Vogel, noch .an denen, die Siebold
aus Japan brachte, ist davon eine Spur zu sehen. An ihnen sieht sich die Schnäbelbasis
oben mit einfarbig schwarzer, etwas runzliger Bekleidung und in spitzwinkeliger Umgrenzung,
auf die vordere Stirn. Am ganzen schwarzen Schnabel findet sich nur eine breite,
die Basis des Nagels mit einschliessende rothgelbe Binde an der Spitze, welche an den
seitlichen Schnabelflächen schräge nach hinten tritt. Dieser Binde entsprechend finden
wir auf dem Ende des Unterschnabels eine zweite, welche am Bande nur etwas in Braungrau
abdunkelt. Im Gefieder lassen sich nun in Bezug auf die Färbung auch durchgreifende
Abweichungen zwischen meinem Vogel und der mir vorliegenden indischen Anas poeálorhyncha
wahmehmen. Während.nämlich am Amurvogel der ganze Kopf und Hals bei ganz entsprechender
Zeichnung etwas heller ist, als am indischen Exemplar, erscheint die gesammte
Brust.- und Bauchbefiederung bedeutend dunkler. So sehe ich den hellen, gelblichweissen
Superciliarstreifen, der mit der Spitze der Oberschnabelstimschneppe beginnt und sich
bis zum Nacken fortsetzt, am Amurvogel viel mehr prononcirt, als am indischen. Der erstere
steht in dieser Hinsicht, wie auch in dem recht gleichmässigen Dunkel des Gefieders
an der untern Körperseite, viel näher der in Australien lebenden Anas superáliosa
Gml., welche jedoch dunkle Füsse und einen einfarbig schwarzen *) Schnabel besitzen soll.
Ganz genau entspricht .mein Vogel der Abbildung in der Fauna japonica; wie an ihr,
J,so sehe ich auch am Amurvogel die gesammte Kehle rein gelblichweiss, die ferne
schwärzlichbraune Strichelung nicht über die gesarnmte Wange Verbreitet, wie bei der indischen
Anas poeálorhyncha 2), Sondern auf eine Binde zusammengedrängt, die vom Mund-
1) Nach G o u 1 d ’ s Abbildung im 6. Bd. der Birds of Australia hat.dieselEnte im Leben einen graugrünen Schnabel.
2) Yergleicbe auch G r a y ’s Illustrations of Indian Zoologf. Yol. ÍT