
eharakterisirt sie zu gut, als dass man sich in der richtigen Deutung des Vogels täuschen
könnte. Am 30. Juli 1856 traf ich ein Exemplar unweit der Grenzwacht Altansk am
Aguzakan-Ufer an und am 31sten trieb ich sie wiederholentlich von den sumpfigen
Ufern des Dshindagatai-Sees auf. Hier lebte sie mit -SV;, stenura Temm. zusammen.
Schon am 20. April 1858 wurde sie aus den hohen dürren Gräsern, welche auf dem
Amurufer unweit meiner Wohnung im Bureja-Gebirge hie und da standen, gescheucht!
90?. Scolopax solitaria Hodgs.
Im November 1857 hielt sich eine Schnepfe von der Grösse der -Y. major und
von auffallend dunkler Körperfarbe im dichtesten Gebüsche eines Thaies auf, welches unweit
meiner Wohnung im Bureja-Gebirge lag. Obschon ich diesen, schönen Vogel nicht
erlegen, sondern nur in der Nähe beobachten konnte, so glaube ich ihn doch für Sc.
solitaria Hodgs. erklären zu können, zumal diese Art bereits von Hm. v. Middendorff‘)
als im Stanowoi winternd nachgewiesen, worden ist.
9 0 8 . S c o lo p a x ( S p i l u r a ) s t e n u r a Temm. Tab. XIII, Fig. 1 — 3.
Ich habe zwar nicht ermitteln können, wo Temminck diese Scolopax-Art beschrieben
hat, finde sie jedoch in den Catalogen 2) meistens unter dieser Benennung aufgeführt.
Dagegen giebt B o n ap a rte3) die Benennung Sp. Hersfieldi J. Gr. als ursprüngliche
für diesen Vogel an uud unter den 8 Synonymen, die er dabei äufzählt, finden wir zwar
eine S. stenum Kuhl, aber keine solche von Temminck, Der Name dieses letztgenannten
Autors ist dagegen bei der S. stenoptera citirt. Den von Bonaparte gewählten
Namen, S. Horsfieldi, glaube ich aus dem Grunde verwerfen zu müssen, weil er sich
zunächst auf eine vollständig verfehlte und in keiner Hinsicht dem Thiere entsprechende
Abbildung in den Blustrations of Indian Zoology 4) bezieht Es scheint mir möglich, ja
im vorliegenden Falle sogar höchst wahrscheinlich, dass die Beschreibungen der S.
stenum Kuhl, S. stenum und stenoptera Temm. und auch wohl Sc. mdicaLiehst. überhaupt
fehlen und dass diese Namen sich vielleicht nur als vorläufige Bestimmungen und
Etiquettennamen in den Museen finden. Wenigstens giebt mir die zur Hand liegende
Literatur über die Scolopacmen durchaus kein Citat für einen oder den ändern dieser
Namen. Unsere 5 Exemplare nun, von denen vier im südlichen Apfelgebirge (unweit
1) Sib. Reise 1. c. p. 223.
2) z. B. in dem Catalogne of the birds in tbe Museum Asiatic Society by Ed. B ly th , p. 272 und in G r a y ’s
tbe genera of birds. Vol. III. Scolopacinae.
3) Comptes rendus de. l’Academie des Sciences de France. Tom. XLIII, 15—22 septb. 1856.
4) Illustrations of Indian Zoology. Vol. II, tab. 54, fig. 1.
der Kirinskischen Grenzwacht) Anfang August und eines gegen Ende des Monats bei
Kulussutajefsk erlegt wurden, repräsentiren jene schon von Naumann 4) als auffallende
Varietät der Bekassine besprochene Art, deren sonderbar gestaltete Schwanzfedern er
bereits abbildet.
Was das Hauptkennzeichen der S. stenura anbelangt, welches ohne Zweifel in den
so sonderbaren, schmalen und steifen, seitlichen Schwanzfederchen zu suchen ist (mau
vergl. Taf. XHI, Fig. 3), so sehe ich dasselbe an allen 5 vor mir liegenden Exemplaren
in recht constanter Weise sich wiederholen. Diese Vögel sind nicht alle gleich-
weit in ihrer Herbstmauser vorgeschritten und namentlich trägt einer derselben das alte
Kleid, welches auf döm Rücken und auf den Flügeln stark verbraucht und abgeblichen ist.
Aber alle haben die Steuerfedern, mit Ausnahme der beiden mittelsten (bei zweien),
erneut und ich zähle regelmässig 8 äussere, lineäre, steife Federchen, welche 10 eigentliche
Schwanzfedern einschliessen. Diese letztem haben ganz die Beschaffenheit der entsprechenden
14 Steuerfedern der gemeinen Bekassine, nur reicht das Schwarz bei S.
stmura höher zur Spitze hinauf und der seitliche rostbraune Fleck, welcher bei S. ged-
linago am Rande der Aussenfahnen der mittlern Schwanzfedern im schwarzen Felde steht,
fehlt bei S. stenura gänzlich. Die schmalen, seitlichen Schwanzfederchen aber besitzen
die Innenfähnchen in schmutzig weisser, etwas gelblichgrauer Farbe und ebenso ist
auch die Spitze der Aussenfahnen gefärbt. Der übrige Theil der Aussenfahnen und die
Basis der Innenfahnen sind grau, doch steht etwa in der Mitte jeder Aussenfahne ein
gelblicher heller Fleck. Die Schafte dieser Federn sind schwärzlich. Nur an einem Männchen,
welches mir ein junges zu sein scheint, zähle ich nur 7 solcher seitlichen Nebensteuern,
bemerke aber, dass an diesem Exemplar alle Schwanzfedern noch nicht ganz ausgewachsen
sind.
Bei einer eingehenderen Vergleichung dieser Art mit S. gdllinago, welcher sie auf
den ersten Blick sehr ähnlich ist, finde ich doch manche recht wesentliche Differenzen,
die ich, soweit sie den äussern Bau und die Färbung anbelangen, hier auseinandersetzen
will. Zunächst geht bei S. stmura die deutliche Bänderung in Schwarz und Weiss von den
Weichenfedern aus über alle unteren Flügeldecken, so dass hier weder die bei Sc.
gallinago nicht seltenen schwarzen Tropfflecken, noch die oft bedeutend umfangreichen
weissen, irregulären Felder zu bemerken sind.
Diese Bänderung der untern Flügelseite (man vergl. Taf. XHI, Fig. 2), welche
auf den Weichenfedern in spitzwinkeligen Zickzackformen, die zu einander parallel verlaufen,
vorhanden, auf dem kleinen untern Flügelgefieder aber in Bogenformen verbreitet
ist, sehe ich bei Sc. stmura sich so regelmässig wiederholen, dass sie mir als
trefflicher Artcharakter erscheint. Ferner schwindet das weisse Bauchfeld, wie wir es
1) Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, Th. VIII, p. 316 und 343.