
Die jüngem Vögel, welche alle im October und November 1857 im Bu re ja -
Gebirge erlegt wurden, zeigen in der Zeichnung sowohl, wie auch in der Färbung
des Gefieders grosse Uebereinstimmung. Vermittelnde Uebergänge zur japanischen
Strix rufescens') finde ich an meinen Thieren nicht, wohl' aber die bereits durch die
Herren v. Middendorff und L. y. Schrenck erwähnte Eigenthümlichkeit, das Weiss
des Gefieders ebensowohl wie auch die schwarzbräunlichen Dinten in grösserer Keinheit
zu tragen. Bei jüngern Individuen sind die Tarsen- und Zehen-Federchen durchweg mit
bräunlich grauer Endbinde versehen.
Diese Eule wurde zwar im Jahre 1856 von mir im Apfelgebirge (Kirinsk)
bemerkt, auch im, östlichen Sajan gesehen, jedoch ist sie dort recht selten. Dagegen
traf ich sie oft im Herbst und Frühwinter im Bureja-Gebirge an. Hier scheinen die
zeitweisen Wanderungen der Eichhörnchen in die von P. Cembra bestandenen Thalhöhen
nicht ohne Einfluss auf ihre Lebensweise zu sein, da sie gerade dort sich häufig antreffen
liess; sie war im Bureja-Gebirge ohne Zweifel die häufigste aller Eulenarten.
33. S t r i x (Aegolius) Otus L.
Auf dem Zuge stellte sich die Waldohreule in der letzten Hälfte des Septembers
1857 in grösser Zahl bei meiner Wohnung im Bureja-Gebirge ein und lebte gesellschaftlich
in den Weidengebüschen, die dem Ufer des Stromes entlang überall stehen.
Auch in den Hochsteppen Dauriens wurde sie im April 1856 hie und da bemerkt und
am 21. April am T are i-n o r erlegt. Jedoch ist mir diese Eule nistend nirgends im''
Süden von Ostsibirien vorgekommen. Das Dunkel des Gefieders ih den schwarzen
Zeichnungen der sibirischen Exemplare dieser Art, auf welche die Herren v. Middendorff
und L. v. Schrenck 1. c. bereits hindeuteten, gewinnt auch an einem von mir
mitgebrachten M. (Bureja-Gebirge 3/15. Septbr.) entschieden die Oberhand und wird
besonders noch am Flügelbug sehr kenntlich. Im Uebrigen giebt mir das vorliegende
Exemplar zu keinen Bemerkungen Veranlassung.
83. Strix (Aegolius) brach} otus Forst.
Auch an .der Sumpfohreule, von welcher ein am 5/17. Septbr. am T are i-n o r geschossenes
Weibchen mir vorliegt, finde ich die dunkle Zeichnung der Eückenseite und
besonders die der obem Flügelseiten sehr vorwalten. So nimmt in den Federn, welche
den angelegten Unterarm decken, das matte Braunschwarz dermaassen an Mächtigkeit
1) Vergl. Fauna jap. Ares., p. 30, Tab. X, woselbst die Unterschrift der Tafel fälschlich fuscescens, anstatt
rufescens lautet, und M id d e n d o r f f ,' Sib. R. 1. c. p. 130.
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zu, dass hier nur eine schmale, gelbliche, in Rauchgrau getrübte Einfassung den meisten
Federn zukommt. Dagegen bemerkt man am obem Theile des Schleiers das Weiss reiner
und mehr verbreitet. Die Sumpfohreule ist überall im Süden von O stsibirien ein gemeiner
Vogel, welchen ich oft brütend antraf. In den Hochsteppen Dauriens wurden
schon am 20. April 2 unbebrtttete Eier einem Neste entnommen, aber deren noch 2 Mal
am 25. Mai in ändern Nestern gefunden, welche so wenig bebrütet waren, dass sie ohne
Schnitt gereinigt werden konnten.
34.' Strix (Surnia) noctua. Ret^.
Am 20. März erhielt ich von den felsigen Ufern des Onon bei der alten Festung
Tschindantsk diesen Vogel, welcher durch die Kugel, mit der ihn ein Kosak erlegt
hatte, so zerrissen war, dass ich ihn nicht balgen konnte. An der Richtigkeit aber meiner
Bestimmung ist nicht zu zweifeln, obschon der Steinkauz aus Ostsibirien noch nicht
nachgewiesen wurde und es sehr auffällt, dass^ er hier als Standvogel (am 20. März)
vorkommt. Wennschön er, wie bekannt, ein vornehmlich in südlichen Breiten, besonders
aber im S.-O. des europäischen Russlands/ferner in Griechenland, Kleinasien und
in dem Kaukasus vorkommender Vogel ist, so findet man ihn doch auch einzeln im
ganzen nördlichen Deutschland, ja er überschreitet als grosse Seltenheit auch noch
die Südküste des baltischen Meeres so weit, dass mit etwa dem 57° n. Br. wir ihm seine
äusserste nach Norden1) reichende Verbreitungsgrenze zu ziehen haben. Dagegen also
stände, vom geographischen Standpunkte aus beurtheilt, der von uns für Daurien erwiesene
Fall für das Vorkommen dieser Art keineswegs -als besonders auffallend da,
weil der Nordostrand der hohen Gobi unter dem 50° n. Br. gelegen ist. Andererseits
aber reichen viele Arten der politischen, mäotischen und besonders der aralö-caspi-
schen Steppengegenden weit ostwärts und finden sich erst mit der Abgränzung der
hohen Gobi durch das Chingan-Gebirge an den östlichen Punkten ihrer Verbreitung.
Zu solchen Arten würden wir nun auch den Steinkauz zählen.
35. Strix (Surnia) passerina L.
Bei den Birar-Tungusen: gauke oder gauki.
Herr v. Middendorff2) hat diese Art bereits für das südliche Stanowoi-Gebirge
nachgewiesen und Herr L. v. Schrenck hat sie im Mündungslande des Amur gefunden1).
1) G lo g e r fuhrt ihn sogar, freilich mit einem Fragezeichen, auch für I s l a n d auf; siehe sein cVollstän-
diges Handbuch etc.», p. 106.
.2) Sib. Reise 1. c. p. 131.
8) L. v. S c h r e n c k ’s Reisen etc. 1. c, p. 248.