
des südlichen Sibiriens erklärt, indem sie der orographisch-klimatischen Elemente gedachten,
welche auf die Wanderungen der Vögel dort influiren müssen; so bleibt ès mir
Vorbehalten, meine Meinung über den Grund des Verspätens der Zugvögel im östlichen
Sajan mitzutheilen und sie näher zu begründen. Wie wir wissen, setzt sich der Süd-
fuss des östlichen Sajan-Gebirges in ein Hochplateau nach Süden fort, welches um die
Quellen des Selengasystems eine durchschnittliche Höhe von 4000t—5000' haben mag.
Dasselbe wird, wie die gesammte Mongolei, von langanhaltenden Wintern, die aber
schneearm. sind, heimgesucht. Erst im oberen Selengalaufe verflachen sich die Hoch-,
steppen der Mongolei mehr und mehr und fällt die Thalsohle des Stromes dann auf
einer verhältnissmässig kurzen Strecke zum Niveau des Baikalsees rasch .ab.
' Dieses Thal bietet den Ankömmlingen aus Süden, welche die Reise über das centrale
Hochasien nur forcirt machen konnten, weil sie öde, schutzlose, höchst einseitig
und arm von der Natur ausgestattete Länderstrecken, zu durchwandern hatten, zuerst
eine bequeme, geschützte Strasse zum Rasten und Weiterwandem. Wir müssen es ganz
den Naturverhältnissen dieses Theiles. von Südsibirien entsprechend finden, wenn sich
durch das Selenga-Thal, über den Südwestwinkel des.Baikalsees und in der eigentlichen
Fortsetzung der Selenga, der untern Angara, eine stark besuchte Hauptstrasse
für die Wandervögel eröffnet. Denn westlich von dieser gelangen wir stufenweise zu dem
erwähnten Hochplateau und an dem Nordrande desselben befinden wir uns zugleich an
deii jähen Absteilungen eines Hochgebirges von-7—9000' hoher mittlerer Kammhöhe.
Diese Gegenden erhalten vorzugsweise ihre Zugvögel durch die natürlichen Nebenwége,
welche sich von der Selenga und Angara zu ihnen bahnen, und als, solche sind die
Thäler der Dshida und des Irk u t zu Rennen. Aber nur langsam verbreiten sich auf diesen
Wegen die Zugvögel aufwärts und zwar geschieht das in dem Maasse, als der winterliche
Charakter sehr allmählich von ihnen schwindet. Würden die Ankömmlinge diréct
überall in\ der nördlichen Mongolei nach Norden ziehen und sich nicht auf jenem, in
der Selenga sich ihnen zunächst bietenden bequemem Wege zusammendrängen,, so könnten
für die räumlich so wenig entfernten Länder am Südfusse des östlichen Sajan die
Verspätungen vieler Arten nichit so bedeutend sein. Ueberdies lehrt auch diè directe Beobachtung,
dass gerade hart am Rande des Hochgebirges vornehmlich Kraniche und Gänse
von Ost nach West wandern und nur selten sah ich die grössten und stärksten unter
den Wandervögeln in einer Höhe von 8—9000- über dem Meere die Richtung nach
Norden über das Gebirge, einhalten1). Suchen wir, dies festhaltend, weiter im Westen
nach solchen natürlichen Heerstrassen für die Zugvögel* so werden wir auf die. Lokalität
hingewiesen, an welcher der Jenisei die Sajankette durchbricht.
1) Der Ort meiner Beobachtungen war in der Tunka-Ebene circa 2300' über dem Meere gelegen. Die
Zugvögel, welche die S a ja n k e tte passiren wollten, hoben sich erst, nachdem sie dem Gebirge sehr 'nahe gekommen
waren, zu jener oben angedeuteten Höhe.
Das eigentliche Daurien bietet dergleichen orographische Schwierigkeiten, wie wir'
sie so eben kennen lernten, den'Vögeln während ihres Zuges, nicht. Die Abflachung "der
Scheitelfläche der Mongolei findet von Süden Rer hier in sehr allmählicher Abnahme
zum mittlem Onon statt. Nur im Westen tritt der hohe Kenteiknoten tief südwärts vor
und im Osten grenzt ein Meridian-Gebirge, dem man kaum 2500' mittlere Höhe über
dem Meere beilegen darf, die. Mongolei gegen die Mandshurei ab;
Das dazwischen liegende Terrain: ist sehr gleichförmig gebildetes, von unbedeutenden
nackten Höhehzügen vielfach durchsetztes Hodisteppenland, dessen mittlere Höhe wir
auf circa 2000—2500' schätzen dürfen. Auch diese Gebiete muss der Zugvogel'auf
forcirten Reisen durchfliegen. Die grosse Müdigkeit unmittelbar nach dem Züge der kleinen
Vögel spricht für die mächtige Anstrengung, der sie sich unterziehen mussten, um die
unwirthbäTen, rauhen Länder zur Zeit der ungünstigsten Wetterverhältnisse zu durchwandern^
Die kleinen Sänger wurden oft so kraftlos.am T are i-n o r getroffen, dass ich sie
ohne weitere. Mühe lebendig aufnehmeü konnte. Bedingten die angedeuteten Verhältnisse
einerseits die Eile der Ziehenden,-so ermöglichte der .Mangel hoher Gebirge dieselbe in
gleichem Grade und erst am Fusöe des Apfelgebirges findet der Wandervogel die winterliche
Natur oft noch in ganzer Kraft, da hier « der Schneefall mächtig ist und Eis
und Schnee sich in den immensen Wäldern, welche auf weite Strecken das Gebirge decken,
lange erhalten. Der in Daurien zeitig eintreffende Zugvogel wird daher in sehr
allmählichem Fortschreiten gegen Norden nach und nach nur das Apfelgebirge passiren
können', um §o in das' Gebiet der östlichen Lenazuflüsse zu gelangen. Die Bevölkerung
aber des K ent ei und südlichen Apfelgebirges mit Sommervögeln glauben wir, wie
jene der Baikal-Höhen und des- östlichen Sajan, als seitwärts hier von der. Hauptzug-
zöne herkommend, annehmen zu Müssen. Gedenken wir nun noch des’ so zeitigen Eintreffens,
der Zugvögel am mittlern Amur,so glauben wir dasselbe dadurch vollständig erklären
zu können, dass ein Theil der durch die Mongolei ziehenden Vögel in der verhältnissmässig
unbedeutenden Ching ankette kein Hinderniss-findet,'um auf die so günstig gelegene
S u n g a ri’-Strasse zustossen, und dass dem mittlern Amur von hier seine Zugvögel
kommen. An jener Verspätung im unteren Amur lande sowohl, wie auch im Stä-
nowoi, mag sich denn einmal der diesen Gebieten viel länger bleibende winterliche Charakter,
der tiefe Schneefall) die nördlichere Läge,- die langsamere Erwärmung im Früh-
liüge etc. betheiligen, oder zweitens, indem wir an das im Süden gelegene Shän-alin-
Gebirge errinnern, mag hierdurch den dort ziehenden Vögeln ein besonderes1 Hinderniss
geboten werden. -
Wir haben hiermit zugleich die bei dem Beginne unserer Betrachtungen über den
Zug der Vögel in Qstsibirieü aufgestellten Behauptungen näher erläutert und stellen
hier nur noch die darauf nach unsern Tabellen- zusammengehörenden Thatsachen zusammen.
In Bezug, auf. X« - 4‘ unserer Behauptungen sind folgende Arten mit nahezu gleicher
Zugzeit westlich und östlich vom Kentei zu nennen: