
Im Ganzen genommen muss man diesen Vogel als einen für die nordöstliche Mongolei
seltenen anführen, der aber jedenfalls daselbst brütet. Jenseits unserer Grenze,
besonders in der Nähe des IJldsaflüsschens, traf ich ihn an. Er kam am 11. April,
also ziemlich gleichzeitig mit Gr. leucauchen, aber früher noch als der gemeine Kranich.
Oberhalb des Bureja-Gebirges sah ich ihn 1858 in den Ebenen schon am 24. März.
Im Herbst berührte er den T are i-n o r auf dem Durchzuge in zwei grossen Zügen am
20. August 185$, ich erkannte die Art deutlich, sie zog sehr hoch. Im östlichen
Sajan und am Baikalsee habe ich diesen Kranich nicht angetroffen.
fl?8. G r u s l e i i c a u c l i e n 1) Temm. Taf. XIV, Fig. 2.
Bei den Burjaten am Tarei-nor: Zagan-Togorü.
B o n a p a rte 2) und Tyzenhauz3) haben Grus Vipio Pall, mit Gr. leucauchen Temm.
vereinigt. Wir müssen es vorziehen, den sehr problematischen Gr. Vipio Pall, bei der
Erörterung unserer Vögel ganz unberücksichtigt zu lassen und zwar aus dem Grunde,
weil die von Pa lla s benutzte Beschreibung Gmelin’s durchaus nicht in allen Stücken zum
alten Grus leucauchen passt und besonders die Qrössenverhältnisse des Grus Vipio. Pall,
von denen des Gr. leucauchen ganz erstaunlich abweichen. Auch hat Temminck in der
Abhandlung über die Kraniche in seinem Nouveau recueil de planches coloriées Vol. V.
bei Gelegenheit des Grus leucauchen keinesweges seiner Verwandtschaft oder gar Identität
mit Grus Vipio erwähnt. Die 5 von mir mitgebrachten Vögel stammen theils aus
den Umgebungen des Tarei-nor, theils vom mittlern Amur, woselbst im Juni 1857
ein altes Männchen unweit der Bureja-Mündung erlegt wurde. Die Exemplare stimmen
trotz geschlechtlicher Unterschiede recht sehr in dér Färbung übereim Es sind alle 5
alte Vögel. Die Weibchen tragen die grauen Ohrenfedern etwas dunkler als die alten
Männchen, bei diesen letztem nimmt das Gefieder hier eine rein aschgraue Farbe an,
bei den erstem dagegen ist es dunkel schiefergrau. Die weisse Befiederung der ganzen
hintern Halsseite, welche sich abwärts bis zum Beginne des Rückens erstreckt, schiebt,
sich in spitzem Winkel über den Scheitel bis fast zur Mitte der Abstände der innera Augenwinkel.
Sie umgrenzt dann, in einer Entfernung von 8— 9 Linien vom Auge bleibend und
schräge zur Ohrgegend sich fortziehend, die stark warzige, nackte, nur mit schwarzen Haaren
spärlich besetzte Kopfhaut. Die oberen, hintersten, grauen Ohrenfederchen berühren
die weissen seitlich am Hinterhaupte stehenden, jedoch tritt sehr bald wieder ein im Bogen
. 1) In den aus S i b i r i e n eingesandten Berichten, so wie auch im 23. Bande der Beiträge zur Kennt-
niss des Russischen Reiches, wurde diese Art zu wiederholten Malen als Gr. Antigone Pall, erwähnt, was also zu
berichtigen ist.
2) Conspect. gen. avium. T. II, p. 98.
3) Revue et Magazin de Zoologie,. 1851, p. 577.
sich abwärts neigendes, breiter werdendes, nacktes Hautfeld zwischen die Federreviere
und setzt sich über die verdeckten Unterkiefer-Aeste fort. Die stärkste schwarze Behaarung
auf dieser mit Warzen besetzten, am lebenden Vogel dunkel rothgrünlichen, Haut ist um
die Schnabelbasis vertheilt und zwar besonders um die seitlichen Basaltheile des Oberschnabels.
Die etwa in der Mitte des Halses schmal beginnende, sich zwischen die graue
gabelförmige Halszeichnung aufwärts ziehende, weisse Befiederung der untern Halsseite
dringt zwischen die Kieferäste des Unterschnabels nicht ganz bis zum Kieferastwinkel vor.
Bei genauer Ansicht findet man die letzten Enden jener grauen, seitlichen, gabelförmigen
Zeichnung am Halse bis fast zur nackten Kopfhaut hinter dem Ohre vordringend; jedoch
werden die hier nur spurenweise stehenden, grauen Federchen durch die umstehenden
weissen meistens verdeckt. Der Schnabel ist in Stärke und Länge bedeutender, als bei Gr.
dmrea und kommt dem von Gr. Antigone gleich. Von der Basis zur Spitze verfärbt er sich
in allmählichem Uebergange von schmutzig schwarzer Hornfarbe in Griingrau. Die Maasse
folgen weiter unten. Die kurze, spitze Zunge ist .in ihrer vordem Hälfte hörnartig, die
obere Fläche grabenförmig vertieft, die seitlichen beiden Leisten an den Spitzen bärtig
gefranzt. Das schöne, tief bleigraue Gefieder, welches in der oben erwähnten Gabelzeichnung
am Halse die grösste Tiefe besitzt, setzt sich von- hier aus über die untere Hälfte des
Halses'fort, ferner über die gesammte untere Körperseite Und nimmt auf der Brust einen
etwas bläulichen Ton an. An den untern Schwanzdecken wird das Grau am hellsten. In
gleicher Weise sieht man es im Rückengefieder vom Bleigrau zum gesättigten Blaugrau sich
allmählich verändern, welche letztere Farbe dem Bürzel und den oberen Schwanzdecken
zukommti Die 12 Schwanzfedern besitzen eine stumpfgerundete Endcontur. Die
schwarze Endbinde verschwindet aufwärts nach und nach in die graue Farbe der Fahnen.
Nur die Spitzen der Schafte sind schwarz, das Uebrige derselben weiss. Die Schwingen
besitzen" eine viel hellere blaugraue Farbe in ihrem oberen und vorderen Theile, als der
Körper. Diese graue Farbe geht nach und nach schon auf dem kleinen Deckgefieder,
besonders aber in den verlängerten Scbulterschwingen in Weissgelb über. Die einfach,
bogig herabhängenden Ellenbogenfedern sind stark verlängert (bei alten Vögeln) und
zerschlisst, ihre Schafte weiss. An keinem meiner Vögel sehe ich dunkle Schafte'
flecken. Die etwas dunklern, schwärzlichen, zarten Schafte des kleinen Gefieders machen
sieh nur bei speciellerer'Ansicht der Vögel kenntlich. Die Primärschwingen sind schwarz,
ihre Schafte bis kurz vor die schwarzen Spitzen weiss. Die Enden der Secundär-
schwingen sind ebenfalls 'schwarz, die der hintersten grau. Die untern Flügeldecken,
sind einfarbig hellgrau. Die tiefrothen Füsse, deren Maasse unten folgen, geben an
Kraft denen des gemeinen Kranichs durchaus (nichts nach.. Die Aussenzehe ist, wie bei
den ändern ffres-Arten, auch bei dieser mit der Mittelzehe am; Grunde stark geheftet.
In die graue Befiederung des Unterschnabels mischt sich unten etwas Weiss.
Am lebenden alten Vogel war die Iris um die Pupille zunächst orange, dann aber
von einem dunklern, röthlichen Ring umgeben. Die Kleider beider Geschlechter sind