
im Sommer einen gar nicht zu bewältigenden Reichthum an Nahrung in grossen Nagern
bieten, diese verlassen, um nur im waldbedeckten Terrain, sich den Brutplatz
zu suchen und seine Familie später mit weit grüsserer Mühe zu ernähren. Als ungeschickter
Räuber, der mit grösser Geduld seiner Beute meistens auflauert, blieb der
Bussard lieber dort, wo ihm in den Murmelthierstaaten theils durch die jungen Bo-
bacs, theils durch Pfeifhasen, Ziesel, Wühlmäuse und Zwerghamster im Sommer ohne
grosse Mühe Nahrung geboten wird. Er bequemte sich sogar, hier sein Nest an der
Erde anzulegen, ebenso wie es der Schreiadler hier und in den südrussischen Steppen
thut. Aehnliches bemerken wir auch im Winter an der Schneeeule, sie bevölkert dann
die Hochsteppen am T are i-n o r sehr stark, um sich an Lagmiys zu mästen und ist
in den Wäldern Dauriens nur selten und vereinzelt, obschon sie die Wälder gerne
hat. Im Hochnorden locken sie wiederum die Lemminge in die baumlosen Tündern und
sie, wie viele andere Vögel und so auch der B. vulgaris, ändern bis zu einem gewissen
Grade ihre Lebensweise nach den sich ihnen bietenden, in mancher Hinsicht abnormen
in anderer aber sehr günstigen Verhältnissen.
Dass nun die Brut eines Buteo vulgaris, bei dem Ueberflusse feister Nahrung, welche
die Alten zum Neste schleppen, lustig heranwächst, dabei ein Kleid anlegt, auf welches
die sengenden Strahlen der Sonne, ohne ein Hinderniss zu finden (dünne Atmosphäre der
Hochländer Centralasiens, wolkenfreier Himmel) doch zweifelsohne influirt, und das '
um so mehr noch, als das Nest auf unbeschattetem Boden gebaut wurde; dies Alles ist
einleuchtend. Daher das Ueberwiegen von Rostroth und Gelb im Gefieder, oder an einzelnen
Stellen (untere Flügeldecken vom Danmen abwärts, auf welche das Licht nicht
direct einwirkt) die kräftigere Ablagerung des schwarzen Pigmentes.
Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, muss sich der Begriff der «Species» bedeutend
erweitern und auch ohne directe Uebergänge am Buteo ferox, leucurm, rufinus,
canescens zum Buteo vulgaris und seinen zahlreichen Synonymen zur Hand zu haben (die
sich gewiss mit der Zeit finden werden), scheint es mir sehr wahrscheinlich, dass diese
Thiere alle dem gemeinen Mäusebussard zuzuzählen sind, der als cosmopolitische Species
in Farbe und Lebensweise ungemein abändert.
19 Eier brachte ich von diesem Vogel mit. Die ersten 4 fand man am 18/30. April
unweit der mongolo-daurischen Grenze am Uldsaflüsschen, diese waren noch unbebrütet,
aber schon am 20. April wurden die aus einem zweiten Neste genommenen stark bebrütet
gefunden. Naumann hat sie bereits (Vergl. Naumannia 1853, p. 256, 302 und
die betreffende Tafel) beschrieben, so wie anf ihre Aehnlichkeit mit denen des gemeinen
Mäusebussards hingewiesen. Moeschler aus Sa rep ta will einzelne dieser Eier sogar
von denen des schwarzen Milans nicht unterscheiden können. In Bezug auf Grösse und
Zeichnung finde ich an denen, welche ich vom Tarei-nor mitbrachte, analoge Verhältnisse,
wie an den Adler-Eiern im Allgemeinen.
Das grösste Exemplar/besitzt: Längendurchmesser . 70 Mmtr.
Breitendurchmesser . 5 2 >
Das kleinste Exemplar besitzt: Längendurchmesser .6 1 >
Breitendurchmesser . 47 »
Eines der Eier ist fast rein weiss, mit wenigen, kaum nur erkennbaren Spritzflecken
an dem spitzem Ende, ein anderes dagegen zeigt die eine Hälfte seiner seitlichen Bauchung
vorwaltend in graubrauner Grundfarbe, die den Eispitzen zu in blässere Lappenzeichnungen
verwischt ist und auf der sich gelbbraune Wolkenzeichnungen deutlich absetzen.
Das erstere ist ungleich spitzer und länger, das letztere sehr stumpf und breit. Eier, welche
am 1/13. Mai dem Neste entnommen wurden, mussten geschnitten werden, um sie zu reinigen.
Schliesslich muss ich nun noch bemerken, dass sich B. ferox durchaus in seiner Lebensweise
in Nichts von den Buteonen unterscheidet, wenigstens ist dies der Fall, so weit ich ihn
in der Mongolei beobachtete. Stundenlang lauerte er hinter den Bauen der Murmelthiere
am Boden, bis die Jungen hervorkamen; die Flügel liess er dabei nachlässig hängen, hob sich,
gescheucht, nicht zu grösser Höhe und flog meistens in gerader Linie Tort, fing später
dann zu kreisen an und stieg dabei oftmals recht hoch. Das Alles aber thun die Bussarde
auch und ich kann den Beobachtungen, welche Herr Moeschler in He rrn h u t
über den B. leucurus (1. c. p. 302) gemacht, nicht beistimmen. An Lagomys; jungen Bo-
bac’s, so wie an den Hypudaeus-Arten der Hochsteppen hatten ach diese Bussarde stark
gemästet; sie erschienen in den letzten Tagen des März am Tarei-nor und auch im
obern Selenga-Thale wurden bei Kjachta sowohl, als auch bei Selenginsk deren
einige am tf|l9. und 8/20. April 1857'bemerkt. Diese Gegenden aber besitzen schon
in hohem Grade viele Eigenthümlichkeiten der Hechsteppen selbst. Am 28. August alten
Styls waren diese Bussarde am T are i-n o r so häufig, dass ich vermuthe, sie sind damals
auf dem Zuge begriffen gewesen. Sie rüttelten, zumal bei Sonnenuntergang; das
vorwaltende Weiss der untern Flügelseite und der in Dunkelbraun oft abgesetzte Leib
fielen mir damals besonders auf. Bis zum 4/16. September blieben diese Bussarde, trotz
der damals schon starken Nachtfröste, recht häufig, wurden aber sammt den Circus-Arten
später nicht mehr bemerkt.
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C I R C U S .
Wir haben bis jetzt, so weit die systematische Bearbeitung unserer Materialien
reicht, unter den Raubvögeln des südlichsten Theiles von Ostsibirien nur europäische
oder europäisch-asiatische Arten gefunden und noch nicht Gelegenheit gehabt,
jenes in der Säugethierfauna dieser Länder so entschieden nachweisbare Herüberreichen
südasiatischer Thierformen auch für die Omis bestätigt zu finden. Um so interessanter
muss es also sein, wenn wir unter den jetzt zu besprechenden Weihen der