
Verkehr mit den höchsten chinesischen Behörden und das Recht,
bei besonderem Anlass einen diplomatischen Agenten nach P e - kin
zu senden. Als die Alliirten 1860 gegen die chinesische Hauptstadt
marschirten, war General Ignatief dort als russischer Gesandter
anwesend. Ueber dessen vermittelnde Theilnahme am Friedensschluss
hat der Verfasser ebensowenig Klarheit gewinnen können,
als über den wirklichen Inhalt des von demselben damals abgeschlossenen
Vertrages, dessen russischer und chinesischer Text
wesentlich von einander abweichen sollen. Ueber die darin stipu-
lirte wichtige Gebietsabtretung, welche Russland einen im Winter
eisfreien Hafen sichert, äusserte sich der Prinz von Kot. sehr bitter
gegen englische Diplomaten.
Ueber das Innere der Rothen Stadt giebt es aus den vergangenen
Jahrhunderten Berichte, deren Zuverlässigkeit der Verfasser
weder bestätigen noch anfechten kann. Ein lebendiges Bild
lässt sich daraus nicht gewinnen; Vieles ist sicher übertrieben. Bei
der Vorliebe, welche die letzten Kaiser für Y u a n - m in - y u a n zeigten,
lässt sich annehmen, dass der Palast von P e - k in ähnlich verwahrlost
ist wie andere öffentliche Gebäude; das bestätigen auch die
Aussagen der Chinesen: nur diejenigen Räume seien leidlich erhalten,
welche der Kaiser jährlich während einiger Wochen bewohne.
Von der Südmauer der Tartarenstadt sieht man das Portal
und mehrere grosse Gebäude, welche, in der Hauptflucht der ganzen
Anlage stehend, denen des englischen Gesandtschaftspalastes gleichen.
Ihre Dimensionen sind gewaltig; das bedeutendste soll die kaiserliche
Audianzhalle sein; durch das Fernrohr gesehen, scheinen sie
nicht besonders erhalten. Rechts und links von den breiten Avenuen,
welche diese Paläste verbinden, stehen Reihen niedriger Ge-,
bäude. Alle übrigen Theile der Rothen Stadt verbergen dichte
Wipfel, aus welchen hier und da ein mächtiges goldgelbes Ziegeldach
hervorsieht. Nur kaiserliche Gebäude und Lamatempel gemessen
das Vorrecht der gelben Bedachung. — Den breiten schilfbewachsenen
Wassergraben fasst zu beiden Seiten eine Granitwandung
ein, auf welcher jenseit die rothe Mauer, richtiger das
um die ganze Verbotene Stadt laufende einstöckige Gebäude fusst.
Auf den Nordecken stehen, wie gesagt, grosse Pavillons mit verschränkten
gelben Ziegeldächern, in der Mitte der nördlichen Front
ein mächtiges Portal. Die Ost- und die Westseite bilden endlose
Mauerlinien mit je einem Thor nah den südlichen Ecken. Das
dreifache Hauptportal liegt auf der Südseite: die östliche T h ü r soll
hohen Beamten, die westliche den Prinzen, die Mittelthür nur dem
Kaiser erlaubt sein.
P e - k in ’s Vorstädte bieten wenig Merkwürdiges. Eine der
grössten erstreckt sich vor den! Thore T s a o - y a n - m e n zu beiden
Seiten der Strasse nach T o t - t s a u . Dort steht etwa tausend Schritt
vom Thore der Tempel T u n - y o - m ia o , dem heiligen Berge im Osten
geweiht. Die chinesischen Kaiser der Vorzeit hatten nämlich auf
fünf heiligen Bergen Opfer zu verrichten; das wurde aber unbequem,
und man baute jedem Berg bei der Hauptstadt einen Tempel.
T u n - y o - m ia o soll 1317, also unter Mongolenherrschaft gegründet
sein; die Gebäude sind gut erhalten. Jede Seite des ersten Hofes
bildet eine Reihe von Zellen, an deren Hinterwänden colossale
Götter sitzen, mit je zehn bis zwölf kleineren Götzen in zwei Reihen
v.or sich. In der Mitte jeder Seite liegt ein weiteres Gemach mit
ähnlichem Inventar von grösserem Maassstabe; zusammen enthält
allein dieser Hof über siebzig solcher Zellen. Ein Tempel, mit
Goldgötzen von fünfzehn bis zwanzig Fuss Höhe, colossalen BTonce-
Leuchtern, Weihrauchbecken, Fahnen, Pauken, Bogen, Pfeilen
und anderen Waffen geschmückt, umgeben von inscribirten Steinplatten,
füllt die Mitte des Hofraumes. Solcher Höfe mit götzengespickten
Zellen und Tempelhallen h a t T u n - y o - m ia o drei; im
dritten liegen die Zellen gar zwei Stockwerke hoch, so dass eine
leidliche Zahl herauskömmt. Im Tempel dieses Hofes stehn rechts
und links vom Haüptgötzen ein broncener und ein hölzerner gesattelter
Maulesel; ersterer gilt am 1., 2., 15. und 16. jeden Mondes
für wunderthätig: dann reiben Kranke nach Verrichtung vorgeschriebener
Gebete mit der Hand die Stelle des broncenen Esels, welche^
ihrem eigenen kranken Gliede entspricht, und hoffen dadurch zu
genesen. Den Bonzen bringt der wohlfeile Aberglauben reiche
Beute.
Nordwestlich vor der Tartarenstadt liegt der katholische
Kirchhof, nach der Nationalität der frühesten Missionare gewöhnlich
der portugiesische genannt. Der letzte Jesuit übergab ihn bei
seinem Scheiden den russischen Missionaren und diese lieferten ihn
nach dem Friedensschluss 1860 den Franzosen au sK Ä Das Haus
des chinesischen Wächters liegt am Eingang eines Hofes, aus dem