
Formosa und ging vor den Consulaten zu Anker. Nach allen mit
S ia m geschlossenen Verträgen d a rf aber ein fremdes Kriegsschiff
nur nach der Hauptstadt hinaufgehn, wenn es in P a k n am — an der
Flussmündnng — seine Kanonen ausgeladen oder die Erlaubniss des
Gouverneurs zu Fortsetzung der Reise eingeholt hat. Beides unterblieb.
Die siamesische Regierung verlangte nun Zahlung der für
solchen Fall vertragsmässig stipulirten Conventionalstrafe von 800
T ik a l 55) und konnte der beharrlichen Weigerung des französischen
Consuls gegenüber nur erklären, dass sie bei der kaiserlichen Regierung
Beschwerde führen werde. Der König beschloss, ein eigenhändiges
Schreiben darüber an den Kaiser Napoleon durch einen seiner
Grossen in Paris überreichen zu lassen.
Am Tage, da die Formosa vor B a n k o k erschien, soll der
französische Consul vor dem König in derber Sprache die Erfüllung
der K a m b o ja und Cochinchina betreffenden Forderungen, und auf
dessen unbedingte Weigerung als Mindestes die Abtretung eines
Gebietes am Grenzfluss M e k o n verlangt haben, welche in jenen
Forderungen enthalten war; der König h ätte, des Drängens müde,
die Cession unter gewissen Bedingungen zugesagt. Darauf wäre
Comte de Castelnau zum K a l a h u m geeilt, der - die unbedingte Abtretung
des Gebietes, welche Jener auf Grund der königlichen Zusage
forderte, verweigert und nach einer heftigen Scene das Gespräch
mit den Worten abgebrochen hätte: Und ich gebe dir das Land
nicht. Der Consul hätte sich schriftlich beim König beschwert,
die Verhandlungen für abgebrochen erklärt und gemeldet, dass er
sich auf der Formosa nach S a ig u n einschiffen werde. Auf den Rath
des K a l a h um hätte man dieses Schreiben unbeantwortet gelassen.
Am 10. December tra f nun auf der Rhede von P a k n am ein
französisches Kriegsschiff mit der aus Paris kommenden siamesischen
Gesandtschaft ein. Comte de Castelnau blieb in B a n k o k und sagte
Herrn Pieschel, der von ihm Abschied nehmen wollte, dass er die
Formosa nach Singapore sende und erst in vierzehn Tagen nach
5S) T ik al ist der den Fremden geläufige Ausdruck für die grösste coursirende
Silbermünze, welche siamesisch B a t hei'sst. Doppelte B a t sind nicht im Cours,
werden aber oft vom König verschenkt. Der T ikal oder B a t ist fast kugelrund,
auf einer Seite eingekerbt, mit zwei königlichen Stempeln versehen, und hat 26 Sgr.
5 Pf. Silberwerth. Halbe B a t oder S o n - S alun sind wenige im Umlauf, sehr häufig
dagegen der Viertel- B a t oder S alun und der Achtel-BAT oderFuAN; die'se Münzen
unterscheiden sich nur durch ihre Grösse vom T ik al . Als Kleingeld dient die Kaüri.-
Muschel, deren je nach dem Course unter oder über 1200 auf den F uan gehen.
S a ig u n gehen werde. Das Kriegsschiff mit der siamesischen
Gesandtschaft hatte auch französiche Truppen für Cochinchina an
Bord. Die Gesandten brachten ein Schreiben des Kaisers Napoleon,
das Grosskreuz der Ehrenlegion für den Ersten und das Officier-
kreuz für den Zweiten König; das Schreiben wurde in feierlicher
Procession eingeholt und mit den Ordens - Insignien dem Ersten
König von seinen heimkehrenden Grossen überreicht. — Der Capitän
des französischen Kriegsschiffes hatte irrthümlich geglaubt an dieser
Feierlichkeit Theil nehmen zu müssen, und kam mit 17 Officieren
und 50 Soldaten nach B a n k o k ; die überraschten Behörden sahen
sich genöthigt, denselben auf des Consuls dringendes Ersuchen das
für die preussische Gesandtschaft bestimmte Haus einzuräumen.
Zum feierlichen Empfang der Franzosen war keine Veranlassuug;
sie hatten keinen Auftrag an den König und besuchten die Stadt
nur zu ihrem Vergnügen; denn das kaiserliche Schreiben und die
Ordens-Insignien wurden den siamesischen Gesandten schon in Paris
eingehändigt. Der Erste König ertheilte den Officieren jedoch eine
Privataudienz und verliess bald darauf B a n k o k , um weiteren Berührungen
auszuweichen.
Die Reibungen mit den französischen Behörden dauerten noch
Jahre; im Palast kam es zu peinlichen Auftritten, der gekränkte
König gab seinem Aerger schriftlich den heftigsten Ausdruck.56)
Zwischen S iam und Frankreich lebt eben ein alter Groll.
Portugiesische Ansiedler sollen schon während der Belagerung
von Malacea nach S iam gekommen sein, wo sie in verschiedenen
Landestheilen Factoreien gründeten und Kirchen bauten.
Die Landesherren scheinen die Einwanderung begünstigt und selbst
der Bekehrung ihrer Unterthanen zum Christenthum nicht entgegengewirkt
zu haben; in der Hauptstadt A y u t ia wuchs eine zahlreiche
Gemeinde heran, die sich durch Heirathen mit den Landestöchtern
stark vermehrte. Portugiesische Feldhauptleute und Söldner
dienten im 16. Jahrhundert vielfach den siamesischen Königen;
der Handel der Portugiesen blühte, bis zur Ankunft der Holländer,
welche auch hier von ihnen verschwärzt und angefeindet wurden.
B6) Das Büch der Mrs. Leonowens, The English governess at the Siamese court,
London 1870, giebt darüber weiteren Aufschluss.