
mendem Hause Sir Robert Schomburgk uns führte.62) Mit seinen
brauen und Töchtern, deren Zusammenspiel wie aus einem Gusse
klang, übte er die Kunst in häuslicher Zurückgezogenheit, und
brachte Stücke von der reichsten eigenthümliclisten Erfindung, tiefer
Leidenschaft und Gedankenfülle zu Gehör, die uns wahrhaft entzückten.
Ein kleines Mädchen spielte mit dem Plectrum eine grosse
am Boden liegende Cither mit höchster Meisterschaft. - Vielleicht
bewährt sich auch hier die Erfahrung, dass die Künste an den
Höfen \ erflachen; denn alle Productionen, die wir bei den Grossen
von S iam hörten, waren, wenn uuch nicht übelklingend, doch ohne
jeden tieferen Gehalt. Die Thatsaclie aber, dass alle Vornehmen
ihre Orchester hatten, beweist die nationale Neigung zur Musik. __
M a h a - m o n k u t hatte längst gewünscht, ein militärisches Musikcorps
nach europäischem Muster zu besitzen, und liess dazu die besten
Blechinstrumente aus Berlin kommen; aber Niemand konnte sie
spielen. Nun bat er, dass seine Sclaven vom Musikcorps der Ar-
kona unterrichtet würden, was Capitän Sundewall gern erlaubte;
seitdem übten die Siamesen täglich mehrere Stunden mit unseren
Bläsern und fassten so schnell, dass sie trotz der Unkenntniss aller
geschriebenen Noten in wenig Wochen mehrere Märsche lernten.
Die letzten Tage des Jahres vergingen unter kleinen Ausflügen
und Besuchen auf den Consulaten. Am Abend des 30. December
war Concert beim Prinzen K h r o m a - l u a n . Den Sylvesterabend brachten
der Gesandte und einige seiner Begleiter mit dem grössten Theil
der europäischen Gesellschaft im Hause des englischen Consuls zu.
Der Aufgang war festlich mit Palmen und Blattpflanzen geschmückt,
die breite das Haus umgebende Veranda, wo die Gesellschaft sich
am meisten bewegte, mit Flaggen decorirt. Gegen zehn wurde im Garten
ein hübsches Feuerwerk abgebrannt. Um Mitternacht spielte das
Musikcorps der Arkoua »Nun danket AlleGott« ;-dann wurden die Glückwünsche
unter den Klängen des Dessauer Marsches aüsgetauscht.
Unser Leben gestaltete sich in B a n k o k sehr angenehm. Der
Vertrag machte kaum Sorgen; die Verhandlungen wären sogar in
62) Eine schöne siamesische Weise ist mitgetheiit in dem zu Ende des 17. Jahrhunderts
zu Paris gedrackten Buche des Mons. de La Loulière, Envoyé extraordinaire
du Roi auprès du Roi de Siam en 1687.
wenig Tagen zum Abschluss gediehen, wenn Graf Eulenburg nicht
neue für den Handel wichtige Zugeständnisse verlangt hätte. Die
Bevollmächtigten und vor allen Prinz K h r o m a - l u a n trugen ihm
aber auch für diese den besten Willen entgegen, und niemals erhoben
sich ernste Schwierigkeiten. Die materielle Arbeit war nicht
so gross, dass nicjjt Allen viel Zeit zu Spazierfahrten in der sonderbaren
Wasserstadt geblieben wäre, die eine Fülle des Merkwürdigen
und landschaftlicher Schönheiten bietet, vv Um elf ü b r vereinigte
man sich zum Frühstück, um halb sieben zum Mittagsmahl; die E rlebnisse
des Tages gaben reichen Stoff zur Unterhaltung; um der
Morgenkühle zu gemessen ging man früh zur Ruhe. Die Nächte
waren jedoch keineswegs still; das Heulen der Hunde und Katzen,
das Krächzen der Nachtvögel, das Lärmen der Zechbrüder in benachbarten
Kneipen pflegten bis zum Morgen zu dauern.
Für die Binnenstadt, — den einzigen Bezirk, wo es viel
trockenen Boden giebt, — hatte Prinz K h r o m a - l u a n ein Dutzend
birmanischer Ponies mit englischen Sätteln zur Verfügung gestellt,
kleine feurige Thiere, die auf dem glatten Backsteinpflaster recht
sicher gingen und häufig von uns benutzt wurden.
Das Thor, welches vom Stromufer in die Stadt des Ersten
Königs führt, ist schmucklos aber in grossen Verhältnissen erbaut,
mit einfachem Giebel als Krönung. Innerhalb stehen zunächst
niedrige Häuserreihen und Vorrathsschuppen, dann rechts
der Tempel M a b a - p h r a s a t , in welchem die siamesischen Könige
gekrönt und nach ihrem Tode bis zur Verbrennung ein Jah r lang
beigesetzt werden. Früher fanden hier auch d ie , feierlichen
Audienzen statt. Dem Hofgottesdienst im M a h a - p h r a s a t wohnen
die Frauen des Harem hinter Vorhängen bei. In Kreuzesform erbaut,
mit vierfach übereinandergeschobenem Giebeldach nach allen
vier Seiten und einer vergoldeten Spitze über dem Kreuzungspunct
ist es äusserlich das prächtigste Gebäude der Königsstadt. Daneben
steht ein reich gearbeiteter schreinartiger Pavillon, auf vielen Pfeilern
ruhend, unter dem die Könige wahrscheinlich feierlichen Aufzügen
beiwohnen.
Das zweite Heiligthum der Königsstadt, W a t P h r a k e o , der
Tempel der Kleinodien, darf nur mit besonderer Erlaubniss betreten
werden. Die Plateform des Tempelreehtecks ist mehrere Stufen
erhöht und mit Marmorplatten belegt; eine doppelte Reihe mit
Goldmosaik bedeckter nach oben etwas verjüngter Pfeiler mit zier-
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