
mandirenden französischen Officiere mussten aus strategischen Gründen
ihre Operationen weiter ausdehnen, als ihnen befohlen war.
Lieutenant Le Brethon rückte Anfang November gegen Öu n g - y u ,
das die Rebellen räumten, und unternahm gemeinschaftlich mit Dew
Ende December eine Recognoscirung gegen die.grosse Stadt S a u s
in , die als Schlüssel der Provinz T s e - k ia n gilt. Von zahlreichen
Horden angegriffen, schlugen und zerstreuten sie dieselben; die
fliehenden T a e - p i n , welche viele eben angezündete Dörfer und geschwollene
Flüsse zu passiren hatten, fielen meist unter dem Messer
des wüthenden Landvolks oder ertranken.
Ende Januar 1863 rückte Le Brethon mit 1200 Mann Franco-
Chinesen und geringer Artillerie vor S a u - s in , in der Hoffnung, die
Stad t durch Handstreich zu nehmen. Mit Verlust zurückgewiesen
begann er die Belagerung. Ein platzendes Geschütz riss ihn in
Stücke. Sein Nachfolger im Commando zog die Truppen nach
S u n - y u zurück. Dew sandte Unterstützung und liess schweres Geschütz
aus S h a n g - h a e kommen. Die T a e - p in hatten 40,000 Mann
und reichlichen Schiessbedarf in S a u - s i n ; die von Dew geleitete
Belagerung kostete schwere Opfer an englischen und französischen
Officieren. Am 18. März 1863 räumten die Insurgenten die Stadt
und zogen sich auf H a n - t s a u zurück. Damit war der grösste
Theil der Provinz T s e - k ia n von den Rebellen gesäubert, das Ansehn
der kaiserliche^ Regierung hergestellt, der fruchtbarste Landstrich
des Reiches von einer schweren Geissel befreit. — Die eingehende
Beschreibung dieses und der nächsten abenteuerlichen
Feldzüge, welche sich dem Rahmen dieser Darstellung entzieht,
möchte selbst in ungeschminkter Behandlung einen spannenden Roman
bilden.
Ward’s »Siegreiche Heerscliaar«79) war für S h a n g - h a e unent-
. behrlich. Nach seinem Tode ersuchten die Mandarinen den Zweit-
commandirenden »Colonel« Forrester vergebens, den Oberbefehl zu
übernehmen. Der dritte im Commando war ein junger Americaner
Burgevine, gleich Ward ein Seefahrer, der sich in allen Welttheilen
herumgetrieben, aber ein selbstsüchtiger Phantast ohne ernste Gesinnung;
seit seiner Kindheit nährte er den Traum von einem grossen
79) Das war der officielle chinesische Namen der Freischaar.
«
Reich im Osten, zu dessen Gründung er berufen sei. Auch Ward
soll im Stillen gehofft haben, auf den Trümmern der Mandschu-
und der T a e - p in - Herrschaft für sich selbst einen Thron zu gründen;
er wusste aber das Vertrauen der Mandarinen zu gewinnen
und erwarb sich durch seine Leistungen die allgejneine Achtung.
Burgevine übertrug der neue Gouverneur L i - ht jn- t s a n , S iü e ’s Nachfolger,
das Commando mit Widerwillen, er hatte keine Wahl;.
— das prahlerische Wesen des aufgeblasenen Phantasten ekelte die
nüchternen Chinesen. Die Ueberhebung und Zügellosigkeit des
Führers theilte sich seinen Leuten mit, die mit Verachtung auf die
kaiserlichen Soldaten herabsahen und je tz t auf <Jen Feldzügen ruchlos
das Landvolk plünderten. Die chinesischen Handelsherren hatten
kein Vertrauen zu seinen Fähigkeiten und sträubten sich die enormen
Summen zu zahlen, welche die Siegreiche Heersehaar unter
Burgevine verschlang.80)
Im November 1862 rückten die T a e - p in von S u - t s a u wieder
in zahlreichen Horden gegen S h a n o - h a e , wurden jedoch von Li
und Burgevine geschlagen. Jeder der Führer wollte allein der Sieger
sein, und die Spannung steigerte sich. L i verdross Burgevine’s
Einmischung in die eigensten Angelegenheiten der chinesischen Regierung;
er bat General Staveley Anfang December, denselben vom
Commando zu. entfernen. Die Siegreiche Heerschaar und ihre Führer
standen jed o ch , obgleich nur in c o n t r a c t l i c h e m Verhältniss,
im Dienst der chinesischen Regierung; General Staveley musste
deshalb seine Einmischung versagen, hielt aber selbst für wünschens-
werth, dass die Siegreiche Schaar fester organisirt und von englischen
Linienofficieren commandirt würde, und berichtete schon
damals in diesem Sinne an die heimathliche Regierung. Die meisten
Officiere im Wardschen Corps waren verw’egene Abenteurer ohne
Gesinnung, die dem persönlichen Vortheil jed e Rücksicht opferten
und eben so willig gegen als für die chinesische Regierung kämpften.
Burgevine blieb den December über noch im Commando.
Als der F ü - t a e Li ihm darauf Befehl ertheilte, mit 6000 Mann gegen
N a n - k in z u marsehiren, versagte das Corps den Gehorsam, bis der
seit zwei Monaten rückständige Sold gezahlt wäre. Burgevine begab
sich mit seinen Leibtrabanten zu dem chinesischen Kaufmann T a -k i,
welcher die Zahlungen zu vermitteln h a tte , schlug ihn bei der
80) Unter Ward kostete das Corps in einem Jahr 36,000 Pfd. St.; unter Burgevine
soll es in drei Monaten 18,000 gekostet haben.