
dass die Schaukler fast wagerecht standen. Dreimal wurde das
Spiel wiederholt. Darauf erschienen • die zwölf Brahminen mit
grossen Büffelhörnern vor dem Zelt, schritten unter rythmischen
Gebelirden um ein dort aufgestelltes Becken mit Weihwasser, tauchten
gleichzeitig die Büffelhörner hinein und bespritzten rückwärts
das zudringende Volk. — Der als P hollateph fungirende Phaya
Wara Porr hatte die ganze Zeit sein rechtes Bein über das linke
Knie gelegt und hielt es mit der Hand ; ihn bewachten vier Priester,
die das Recht haben, ihm den kostbaren Schmuck abzunehmen,
wenn'sein rechter Fuss während der Ceremonie den Boden berührt.
Nach altem Brauch soll der Phollateph auf dem linken Fuss die
ganze Zeit aufrecht stehen. — Ueber die Bedeutung .des Festes
wusste Niemand rechte Auskunft zu geben.
Am Nachmittag des 13. Januar begaben sich der Gesandte
und seine Begleiter zu einer Privataudienz beim Ersten König, der
sie in einem grossen Staatsboot abliolen liess. In den inneren Höfen
des Palastes, durch welche diesmal der Weg führte, standen Geschütze
von grösser Länge; eine mächtige Volière, wohl tausend
Vögel enthaltend, spannt dort ihr Drahtgitter über mehrere Bäume.
In einer Halle nah dabei wurden eben die preussischen Geschenke
ausgepackt, darunter das Po rträt Seiner Majestät des Königs, eine
Buchdruckpresse mit siamesischen Lettern und ein electromagne-
tischer Telegraph. — König Maha-monkut kam herbei und verweilte
lange sinnend vor dem Bildniss, liess sich dann den Telegraphen
erklären und äusserte viel Freude über die Geschenke. Graf Eulenburg
bat einige Kleinigkeiten unter die königlichen Kinder vertheilen
zu dürfen, was der Vater mit sichtlichem Vergnügen erlaubte; jau ch zend
vor Lust griffen die Kleinen nach den hübschen Bernstein- und
Achatsachen und anderen Spielereien; immer mehr kamen herbei,
zuletzt auch die kleinsten in den Armen der Wärterinnen, darunter
elf aus einem Jahrgang. Der König nahm den heitersten Antheil.
E r führte den Gesandten nachher in das Gebäude, -wo die Leiche
der Königin bis zur Verbrennung beigesetzt war: eine nicht ganz
bis zur Decke reichende Wand theilte den grossen Saal in zwei
Hälften, in der einen stand auf einer mit Goldstoff und Teppichen
verhängten, mit Leuchtern und Vasen bedeckten Estrade eine über
fünf Fuss hohe juwelenverzierte goldene Urne, in welcher die Leiche
lag. Auf der untersten Stufe waren drei Thonfiguren aufgestellt,
einen Alten, einen Kranken, einen Todten darstellend; sie sollten versinnlichen,
dass jed e r Mensch dem Alter, der Krankheit und dem
Tode verfallen ist. Daneben hatte der König die Condolenzsclirei-
ben seiner europäischen Freunde niedergelegt. Rechts und links
vom Katafalk lagen' die Rang-Insignien der Königin; neben der
Thür hing ihr photographisches Porträt nebst einer Tafel, auf der
ihr Geburts - und Todestag, auch das Datum ihrer Erhebung verzeichnet
standen. — Gegenüber diesem Raume sassen fünf Priester,
Gebete singend. Der Ernst des Königs und die Andacht der Kinder,
die sich betend vor der Urne niederwarfen, machten den feierlichsten
Eindruck.
Ueber die Einsargung von Mitgliedern des Königshauses, —
die vor der Verbrennung, der König über ein Jahr, alle anderen
über sechs Monate, meist bis zur trockenen Jahreszeit beigesetzt
werden, — hörten wir Folgendes. Die Leiche wird von den Verwandten
gewaschen und aus silbernen Gefässen mit kaltem Wasser
gebadet, dann in sitzender Stellung eingehüllt, mit wohlriechenden
Harzen übergossen, mit Weihrauch und Myrrhen bestreut, in Leichentücher
gewickelt und in die goldene Urne gesetzt, deren Boden
ein Gitter bildet. Diese ürne stellt man in eine grössere juwelenbesetzte,
unten spitz zulaufende, aus welcher täglich' die Flüssigkeiten
abgelassen werden, bis der Körper ausgetrocknet ist; Bonzen
schütten die Abgänge unter Gebeten in den Strom. Später wird
die Urne mit allen Insignien des Verstorbenen nach dem Tempel
M a h a p h r a s a t gebracht und bleibt dort bis zur Verbrennung stehen.
— Der Leichenzug von da zum Scheiterhaufen muss sehr prächtig
sein. Die goldene Urne wird auf altfränkischem Elfenbeinwagen von
vier milchweissen Pferden gezogen; voraus fahren zwei andere
Wagen, "-der erste mit Priestern, die fromme Sprüche lesen, der
zweite mit den Brüdern des Verstorbenen; ein mehrere Zoll breiter
Streifen Silberbrocat läuft von der Urne über den nächsten Wagen
bis zu dem der Priester und soll symbolisch die Verbindung zwischen
Leben, Tod und Budda darstellen. Hinter der Urne folgt ein Wagen
mit Sandelholzscheiten, Wachskerzen und Weihrauch. Gellende
Musik mit Pauken und Pfeifen geleitet den Zug. Findet die
Verbrennung bei einem der Tempel am jenseitigen Ufer sta tt, so
trägt das Leichenboot einen prächtigen Baldachin und wird von
vielen Staatsbooten bugsirt und begleitet.
Solche Procession fuhr eines Abends am Gesandtschaftshause
vorüber nach W a t K a l a y a ; alle Boote waren hell erleuchtet,
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