
Kiurz vor Abfahrt der^Arkona tra f in H o n g - k o n g die Nachricht
von dem Staatsstreich ein, durch welchen der Prinz von K u n
seine Gegner beseitigte. Man erzählte schon vorher in P e - k in , die
Kaiserin-Wittwe49) habe den Prinzen bei seinem Eintreffen iu D z e -
h o l zur Rede gestellt, weil er nicht früher gekommen wäre; dabei
sei entdeckt worden, dass der Regentschaftsrath ihre bejahende
Antwort auf seine Bitte um Erlaubniss zür Reise in das Gegentheil
umänderte. Das hätte der Kaiserin die Augen geöffnet über die
Absichten ihrer Umgebung. Auf des Prinzen Rath wäre die Heber-
siedelung nach der Hauptstadt beschlossen worden.
Wie die la d e n weiter gesponnen wurden, is t.u n k la r; die
veröffentlichten Thatsachen beginnen mit dem Einzuge des jungen
Kaisers in P e - k in am 1. November 1861. Der Prinz von K u n ging
mit starkem Gefolge dem kaiserlichen Zuge entgegen. Die Mitglieder
des Regentschaftsrathes wollten ihm den Zutritt zu den
Kaiserinnen und dem Thronerben verwehren; er drohte jedoch mit
Gewalt, führte den Zug in die Hauptstadt, versammelte sofort den
Regentschaftsrath und verlas vor demselben folgendes kaiserliche
Decret, das sein jüngerer Bruder, der Prinz von T s u n , in D z e h o l
mit den Kaiserinnen vorbereitet hatte.
»Den Prinz en, Edelen und Würdenträgern des Reiches wird
hiermit kundgethan, dass die Unruhen an der Seeküste im vorigen
J a h r und die Aufregung in der Hauptstadt durchaus n u r veranlasst
wurden durch die lasterhafte Politik der betheiligten Prinzen und Minister.
T s a e - yuen und sein Amtsgenosse M u - yin waren ganz besonders
ungeschickt auf friedliche Rathschläge einzugehen, und konnten,
da sie kein anderes Mittel zur Abwälzung ihrer Verantwortlichkeit
fanden, nur darauf ausgehen, die englischen Unterhändler in ihre Gewalt
zu locken und gefangen zu nehmen, wodurch an den fremden
Völkern Verrath geübt wurde. F e rn e r, als Y u a n - m in - yuan und
H a i - t ie n geplündert wurden und Seine verstorbene Majestät in Folge
dessen nach D zehol reisten, war das Gemüth des Geheiligten- schwer
49) H ie n - f u n ’s kinde^ose Wittwe. Die Mutter des Thronerben war eine Frau
aus dem Harem, die erst nach H ie n - fun ’s Tode zur »Kaiserin« erhoben wurde. An
Rang scheint die Kaiserin - Wittwe ' über der Kaiserin - Mutter gestanden zu haben;
nur von Jener ist die Rede, wo es sich um die Regentschaft handelt.
ergriffen von solcher Bedrängniss; und nachdem zur rechten Zeit der
Prinz und die Minister, welche mit der allgemeinen Verwaltung der
fremden Angelegenheiten betraut sipd, die zu Erledigung kommenden
auswärtigen Fragen gut geordnet hatten und die gewöhnliche Ruhe
der Hauptstadt innerhalb und ausserhalb der Mauern wiederhergestellt
war, verlangten Seine Majestät einmal über das andere von den Prinz en
und Ministern ( T s a e - y u e n und Genossen) die Ausfertigung eines
Decretes, welches seine Rückkehr ankündigte. T s a e - y u e n , T w a n - w a
und S u - t §u e n aber verbargen ihm, Je d e r des Anderen Falschheit fördernd,
die Thatsachen, welche alle Menschen bezeugten, und erklärten
beständig, dass die Fremden in Gemüth und Handlung immer Anschläge
machten. Seine dahingeschiedene Majestät fanden, geängstet
und abgezehrt, keine Ruhe bei Tag und Nacht. Jenseit der Grenze
war auch d ie ‘Kälte streng; so verschlimmerte sich das Unwohlsein des
geheiligten Herrn, bis er am 17. Tage des 7. Mondes auf dem Drachen
aufstieg, ein Gast in der Höhe zu sein. An den Boden gestreckt
weinten wir zum Himmel; innen fühlten wir es wie Feuer brennen.
Rückwärts blickend bedachten w ir, dass die Schlechtigkeit des T s a e -
y u e n und der Anderen im Verbergen der Wahrheit nicht n u r unseren
bitteren Z orn , sondern den bitteren Zorn aller Beamten und Unter-
thanen des Reiches verdienten; und es war bei der Thronbesteigung
unser erster Wunsch, ihre Schuld mit. Strenge zu bestrafen. In Betrachtung
jedoch, dass Seine dahingegangene Majestät sie in seinen
letzten Augenblicken zu Ministern bestellt hatte , verzogen wir eine
Weile, in E rwartung, dass sie das Vergangene gut machen sollten.
Aber nichts dergleichen. Am 11. des 8. Mondes (15. September) beriefen
wir T s a e - y u e n und die anderen Mitglieder des Rathes der Acht
in unsere Gegenwart. Der Censor T u n - y u n - t §u a n hatte, indem er in
einer Denkschrift respectvoll seine beschränkten Ansichten darlegte,
gebeten, dass die K aiserin-Wittwe auf einige Ja h re als Regentin, fun-
giren sollte, und dass uns die Regierung übergeben würde, sobald wir
dazu fähig wären; auch dass ein oder zwei Prinzen vom höchsten
Range gewählt und zu Räthen ernannt würden; auch dass ein oder
zwei Würdenträger des Reiches ausgewählt und zu unseren Lehrern
bestellt würden; und diese drei Vorschläge entsprachen ganz unserer
Neigung. — Zwar giebt es für die Regentschaft einer Kaiserin-Wittwe
in unserer Dynastie kein Beispiel; aber können wir uns fest an bestehende
Regeln binden, wenn doch von allen uns von der dahingegangenen
Majestät überkommenen Pflichten die höchste die is t, dass
wir nur an die richtige Leitung des Staates und die Wohlfahrt des
Volkes denken sollen? Das empfehlen die Worte »Bei Geschäften ist