
nicht beinkleidartig gefaltet, sondern fiel wie ein Unterrock bis auf
die Knöchel herab. Der corpulente .S u r iv o n und der Sohn des
X a l a h c m , — der zweite Gesandte, - trugen sogar Schuhe und
Strümpfe. Am besten kleidete die Uniform einen vierzehnjährigen
Enkel des K a l a h ü m , der ebenfalls die Gesandtschaft nach Europa
begleitet und in Paris, w ie seine Verwandten stolz erzählten, von
der Kaiserin einen Kuss bekommen hatte. Tafelgeräth und Bedienung
waren glänzend, die Speisen aber grossentheils kalt; die peinliche
Erregung des Wirthes, der nicht aufhörte die Dienerschaft
anzuherrschen, zeigte Mangel an Uebung und Sicherheit. Im Hof
spielte das Musikcorps der Arkona, dann ein siamesisches Orchester.
— Die Gemächer des K a ia h u m sahen nicht so festlich aus wie beim
ersten Besuch; alle kostbaren Geburtstagsdarlehne waren verschwunden.
Am 8. Januar wurde auf dem früher beschriebenen freien
Platz vor der Palaststadt des ersten Königs das Schwingfest gefeiert,
das vorderindischen Ursprungs ist. Die Brahminen, deren Tempel
an jenem Platze liegt, sollen zu Leitung aller bürgerlichen
Feste in S iam berufen sein; heim Schwingfest sind sie die Hauptpersonen.
Ueber ihre Stellung zum Buddismus konnten wir keine
Klarheit gewinnen; sicher haben sie bei den Hofceremonieen wichtige
Functionen und stehen in directen Beziehungen zum Thron. Die
weltregierende Gottheit, welche im Brahminentempel zu B a n k o k
verehrt wird, scheint in das buddistische Pandämonium aufgenommen
zu sein.
Auf dem Platz drängte sich eine bunte Volksmenge, als
wir gegen vier Uhr Nachmittags eintrafen. Gegen halb fünf kam
der königliche Zug: voran vier grosse Elephanten mit prächtigen
goldgefassten Stosszähnen; dann eine Schaar Polizeidiener mit
Ruthenbündeln, ähnlich den Fasces der römischen Lictoren, und
auf struppigen Ponies zwei Hofdamen der verstorbenen Königin,
komisch aufgeputzt in zerknitterter pariser Abendtoilette; ganz weiss
geschminkt, mit modernen Chignon-Perrücken, glichen sie auf den
trippelnden Pferdchen aufs Haar verkleideten Clowns aus dem Circus.
Hinter ihnen schritten gravitätisch vier mächtige Elephanten
im reichsten Geschirr, auf den breiten Rücken eine Schaar Königskinder
tragend, die uns jubelnd begrüssten; in Festgewänder gekleidet,
mit schimmerndem Goldschmuck sahen sie bunt und prächtig
aus. Hinter jedem Elephanten gingen, lustig plaudernd wie andere
Kammerzofen, über hundert Dienerinnen in bunten seidenen S a r o n ’s
und Schärpen; diesen Theil- des Zuges begleitete zu beiden Seiten
die Amazonengarde, meist alte, hässliche Weiber von schwächlichem
Aussehn in ungeschickten rothen Röcken und blauen Hosen, mit
verrosteten Bajonetflinteü bewaffnet-.
Nun folgte ein bezopftes Musikcorps mit vielen Gongs, voran
ein baumlanger Kerl als Fahnenträger, dann Possenreisser O O ’ in Thiermasken.
Der eis P h a y a P h o l l a t e p h oder »Herr der Himmlischen
Heerschaaren« fungirende jüngere Bruder des K a l a h u m , P h a y a
W a k a P o n , wurde, in die reichsten Gewänder gehüllt, mit königlichem
Diadem und prächtigen Spangen geschmückt, auf goldenem
Sessel getragen, voraus viele Officiere und Hofbeamten in glänzender
Tracht, hinterher mehrere Reihen Krieger mit zweihändigen Schwertern
, sensenartigen Hellebarden, Lanzen und bunten seidenen Fähnchen.
Die Soldaten, — etwa tausend, — welche die Pröcession
auf beiden Seiten escortirten, hatten bunt durcheinander orang'e-
und rosenfarbene, gelbe, grüne, rothe Röcke an, sahen aber trotz
der bunten Bewaffnung mit Schilden, Spiessen und Säbeln aller
Länder und Zeiten keineswegs martialisch aus; die Kleider waren
diesmal wenigstens neu, nicht abgetragen und zerlumpt, wie bei der
feierlichen Audienz. — Ein zweites chinesisches Musikcorps schloss
den Zug.
P h a -y a W a r a P o n nahm seinen Sitz unter einem Zelt, seine
Begleiter, deren Säbel von Juwelen strotzten, kauerten vor ihm zur
Erde; die Truppen stellten sich ringsum. Mitten auf dem Platz
stand ein wohl hundert Fuss hohes Gerüst mit einer Schaukel, auf
deren etwa dreissig Fuss über dem Boden schwebendem Brett vier
Männer mit Galgengesichtern und spitzen weissen Mützen sassen, —
keineswegs der Vorstellung entsprechend, die man sich V o n Brahminen
macht. An einer entferntstehenden Bambusstange war in der
Schwingungscurve des Schaukelbrettes ein goldgefülltes Beutelchen
aufgehängt, das die Schaukler mit den Zähnen herabreissen sollten.
Als die Schwingungen gross genug waren, zog man von unten den
Strick fort, der die Schaukel bewegte, und überliess das Uebrige
den Brahminen, die aus allen Kräften arbeitend dieselbe wohl in
Gang hielten, das Beutelchen aber mit dem Munde nicht haschen
konnten und zuletzt mit den Händen abrissen. Es sah halsbrechend
aus; die Länge des Pendels schätzten wir — vielleicht zu hoch —
auf siebzig Fuss, und die Höhe des Aufschwunges war so bedeutend,
IV. 19