
Aus dem Königsschatz, in den die gesammten Einkünfte des
Landes fliessen, beziehen auch die königlichen Prinzen und deren
Nachkommen bis zu bestimmten Graden der Verwandtschaft ihr
Einkommen;, die entfernteren Sprossen treten in den Privatstand
und sind aut sich selbst angewiesen. — Sämmtliche Beamten haben
vom König ein festes Jahrgehalt, das aber den kleinsten Theil
ih re s Einkommens ausmacht; die unbemittelten stehlen und die bemittelten
auch; Bestechlichkeit gilt kaum für schimpflich. Eine
Hauptquelle des Einkommens ist der R a x a k a n öder königliche Dienst,
dem das ganze Volk unterworfen ist, ausgenommen eingewanderfe
Chinesen, deren in S iam geborene Kinder dagegen als siamesische
Unterthanen gelten.
Das ganze Volk.scheint in Freie, Clienten und Knechte zu
zerfallen. Die Freien schulden dem Könige jährlich drei Monate
Frohndienst, wovon sie sich oft durch Bestechung löskaufen. In
den entfernteren Landestheilen sind sie statt der A rb e it neben
den anderen Steuern — zu bestimmten Naturallieferungen je nach
den Erzeugnissen ihrer Gegend verbunden. Die Clienten zahlen
dem König oder den Grossen, in deren Schutz sie stehen, eine
bestimmte Geldsteuer und werden hur gelegentlich zu Dienstleistungen
einberufen. Die Prinzen und Grossen verfügen über
zehn bis fünfhundert Clientenfamilen, welche nebenbei eine Geldsteuer
an den königlichen Schatz zahlen; können sie diese nicht
erschwingen, so zahlt ih r Herr bis zu einer bestimmten Summe,
für welche sie dann seine Sclaven werden. Ihre Arbeit gilt für die
Zinsen der Schuld.
Diese Angaben sind eben so lückenhaft, wie die anderen
Nachrichten über die Knechtschaft. Sclaven sind zunächst alle
Kriegsgefangenen; einen Theil behält der König nach jedem Feldzug
im eigenen Dienst, die anderen verschenkt er an die Grossen.
Selbst diese Sclaven sollen, mit ihrem Herrn unzufrieden, in den
Dienst eines anderen zu treten befugt sein, der einen gesetzlich
festgestellten Preis für sie erlegt, gegen ihren Willen 'aber nicht
verkauft werden dürfen. Ueber ihre Kinder sollen sie frei v e r - '
fügen, auch dieselben, wie alle anderen Siamesen, verkaufen dürfen.
Die Knechtschaft der verkauften Kinder, meist Mädchen, ist unlösbar;
der Verkäufer kann aber nicht zur Rechenschaft gezogen
werden, wenn sie entfliehen. —- Die meisten Sclaven sind Schuld -
sclaven, Fü r jedes Alter ist ein Preis bestimmt, um den ein
Siamese der Knechtschaft verfällt; seine Arbeit gilt für die Zinsen
der geschuldeten Summe; der Herr muss ihn nähren, d a rf ihn
gegen seinen Willen nicht verkaufen, muss ihn dagegen freilassen
oder auf seinen Antrag einem Anderen ab tre ten , wenn die geschuldete
Summe erlegt wird. Die Knechtschaft soll in S iam nicht
hart sein, oft h ö rt man rührende Züge der Aufopferung treuer
Sclaven für ihre bedrängten Herren. Die einzige Strafe, die vom
Herrn über Knechte verhängt werden kann, ist Fesselung; unverbesserliche
Debelthäter überantwortet er den königlichen Gerichten,
welche sie mit Zwangsarbeit Und schwerem Kerker strafen.
Die königlichen Knechte, meist kriegsgefangene Malayen, Co-
qhinchinesen, Peguaner, Laos, Birmanen, sehen mit grossem Dünkel auf
alle anderen herab. Viele dienen als Bootsleute, andere, besonders
Cochinchinesen, Peguaner und Laos als Soldaten; das sind die
Garden der Könige. Ausser diesen wenigen Truppen — Pallegoix
schätzt ihre Zahl wohl zu hoch auf etwa zehntausend —r giebt es
kein stehendes Heer. Bricht ein Krieg aus, so müssen die Pro-
yinzialbeainten ihre Contingente stellen, die aus allen Ständen der
Bevölkerung ausgehoben werden. Für Nahrung sorgen die Soldaten;
Sold erhalten sie nicht; ihre Ausrüstung, die in den
Zeughäusern von B ankok bereit liegt, soll bunt genug sein.
Die Armee bewegt sich meist zu Wasser; auf den Landmärschen
begleiten sie vieje, man sagt bis tausend Elephanten, welche die
Geschütze, Munition und Vorräthe tragen und mit wüthiger Tapferkeit
die feindliche Schlachtordnung, ja Pallisaden und Stadtthore
einrennen. Die Officiere treiben ihre Truppen meist mit blanker
Waffe in den Kampf, für den kein Siamese besondere Neigung
haben soll. •— Abergläubische Gebräuche begleiten alle Handlungen
des Heeres und seiner Führer; z. B. muss der Obergeneral jeden
Tag der Woche einen Rock von anderer Farbe tragen. Die Officiere
nehmen auch furchterregende Namen an, wie Löwe, Tiger,
Drachen. — Die Flotte besteht vorzüglich aus Kanonenbooten —
man nennt 500 bis 1000 — verschiedener Grösse, aus -etwa 20
europäisch getakelten Kriegsschiffen und einer Anzahl Dampfern.
Die in den Schatz des Königs fliessenden Staatseinkünfte
bestehen neben den Ein fu h r-, Ausfuhr- und Binnenzöllen aus dem
Tribut abhängiger Fürsten, den Grund- und Landbau - Steuern,
Geldstrafen und den erwähnten Abgaben der Clienten und Freien.
— Die malayischen Sultane haben meist nur alle drei Jahre goldene