
W ir , der König von S iam , die Prinzen und Minister ergreifen
mit Freuden die gebotene Hand und werden alle Bedingungen der
Freundschaft erfüllen, welche von nun an zwischen den beiderseitigen
Völkern und zwischen Uns und dem Könige, den königlichen Prinzen
und den Ministern von Preussen bestehen soll. Als Pfand dafür mag
diese meine Rede gelten, gehalten in Gegenwart der Prinzen und der
Minister von S iam , vom Throne A n a n t a S am a k o n , im Palaste des
Ersten Königs, am 6. Wochentage des 1. Monats, dem 10. Tage des
abnehmenden Mondes, im Jahre des Hahnes (Raka) , / dem dritten des
Jahrzehntes, Anno 1223 der siamesischen bürgerlichen Zeitrechnung;
entsprechend dem 27. December 1861, im 11. Jahre und am 3880. Tage
Unserer Regierung.«
Unter dem dem Gesandten übergebenen Original stand quer
über den blauen Stempel von des Königs eigener Hand geschrieben:
S. P. P. Mongkut, Major Rex Siamensium on 3880“1 day of reign.
Der König entfernte sich, dreimal die Mütze lüftend, durch
eine T h ü r hinter dem Thron. Seine ganze Kleidung war aus Gold-
stofF; am Gürtel funkelte der grosse Smaragd; um die spitze mit
einem Kranz schöner Diamanten umwundene Sammetmütze wogte
eine weisse Feder. Die Beine waren vom Knie an nackt, die Füsse
mit gelbledernen Schuhen bekleidet.
Während der ganzen Audienz herrschte lautlose Stille; in
den Stellungen der hingestreckten Prinzen, Minister und Höflinge
äusserten sich allerlei Schattirungen des Ranges und der Ehrfurcht;
nur die königlichen Prinzen stützten die Ellenbogen auf Sammete
kissen. Neben dem K a l a h um lag der von ihm adoptirte sechsjährige
Königssohn, ein wunderhübscher Knabe, bald knieend, bald auf
dem Bauche, unaufhörlich eine grosse Cigarre rauchend. Viele
andere-rauchten ebenfalls bäuchlings hingestreckt; die meisten kauten
Betel. Auch für den Gesandten und seine Begleiter standen
Cigarren und brennende Kerzen neben ihren Kissen.
Der König benahm sich sehr unbefangen, ohne einen Hauch
von angenommener Würde; das Gepränge stand ihm ganz natürlich.
Nach seiner Entfernung erhoben sich die Prinzen und Grossen, um
den Gesandten zu begrüssen. Wir wurden dann in einen Nebensaal
geführt und mit einem opulenten europäischen Frühstück bewirthet.
Der Gesandte brachte auf den Wunsch des P h r a - e x a n ein dreimaliges
Hoch auf Seine Siamesische Majestät aus, welche uns dann
in ihre Privatgemächer rufen Hess. Der König hatte seine Staatsgewänder
abgelegt; er schenkte wieder Jedem ein Gläschen Sherry
ein und trank die . Gesundheit Seiner Majestät des Königs von
Preussen; die wir mit dreifachem Hurra begleiteten; dann reichte
er Jedem eine Cigarre und zündete selbst eine an. Die Kinder bewegten
sich zutraulich unter den Gästen und sorgten, dass keiner
vergessen würde. Das Musikcorps der Arkona durfte im innersten
Hof einige Stücke spielen und wurde vom König inspicirt; zum
Abschied reichte er uns Allen die Hand. Es dunkelte schon, bei
Fackelschein kehrten wir zu den Booten zurück.
Als der Gesandte am folgenden Tag beim schwimmenden
Hause des K h r o m a - l u a n vorbeifuhr, theilte ihm Dieser- seine Ernennung
zum ersten Bevollmächtigten für die Vertrags Verhandlungen
mit: der König habe ihn aus diesem Anlass ausdrücklich zur Audienz
entbieten lassen, die er seiner durch den Schlagfluss verursachten
Unbehülflichkeit im Liegen und Kriechen wegen gern vermieden
h ä t t e |^ || Nachmittags erhielt Graf Eulenburg den Besuch eines
einflussreichen Halb - Siamesen, des 74jährigen Pasquale Ribeiro
de Alvergeria oder P h y a W iz e t S o n K e a m . Der Sohn .eines portugiesischen
Abkömmlings und einer Siamesin kleidete sich europäisch,
hatte den Rang eines siamesischen Generals und wurde
vom König als das Haupt aller katholischen Landesbewohner
behandelt. Don Pasquale S o n K e a m erschien offenbar im Auftrag
des Königs, redete viel von der Wichtigkeit, welche die Freundschaft
des neutralen Preussen für S iam gegenüber seinen beiden
Grenznachbarn habe,t«und erschöpfte sich im Lobe der preussi-
schen Truppen.
Abends war Concert beim P h r a - k l a n , der seine Gäste mit
Liqueuren bewirthete. Das Orchester bildeten etwa zwanzig junge
Mädchen mit ähnlichen Instrumenten wie die früher beschriebenen;
au ss e r,dem S a r o n trugen sie nur einen Crêpe-Shawl über die eine
Schulter geschlungen. Sie spielten auswendig zwei volle Stunden
lang siamesische, birmanische, cochinchinesische, L a o s , K a m b o ja
Stücke und begleiteten sich zuweilen mit Gesang. Zuletzt wurden
auf Geigen auch europäische Melodieen und der Yankeedoodle,
natürlich sehr unvollkommen vorgetragen. Die anderen Productionen
klangen etwas eintönig und gaben ebensowenig einen Begriff von
den nationalen Weisen jener Stämme, als. das Spiel des königlichen
und anderer vornehmen Orchester. Echte Musik hörte man nur
bei einem in Ungnade gefallenen Capellmeister, nach dessen schwim