
Note an den Prinzen von K u ñ . XV.
dens. Deshalb nahmen sie Anstand, ihn zu Begünstigung der
preussischen Anträge zu treiben, welche den Kaiser leicht erbittern
möchte. — Diese Rücksicht hielt auch Graf Eulenburg ab, gleich nach
P f - k in zu gehen; sein Erscheinen dort hätte den Prinzen in Ungelegenheiten
setzen, den Erfolg vielleicht vereiteln können. An
Ueberreiehung der Creditivé war nicht zu denken; die diplomatische
Action der Gesandten von England und Frankreich drehte sich
seit lange um ' diesen Punct. Graf Eulenburg fand auch zweckmässig,
die Reise nach P e - k iñ als letzten Trumpf aufzusparen,
falls die Verhandlungen in T i e n - t s in scheitern sollten.
Zugleich mit T s u ñ - l u e n kam aus P e - k iñ der erste Secretär
der französischen Gesandtschaft, Graf von Kleczkowski nach T ie n t
s in und bot Graf Eulenburg .seine Dienste a n : die schnelle E rnennung
der Commissare sei dem Einfluss des Gesandten Herrn
von Bourbbulon zu danken, der auch in Zukunft nach Kräften für
den preussischen Vertrag wirken möchte. Bei Erörterung der
Eventualitäten erklärte Graf Kleczkowski, dass Preussen die Gewährung
des .Gesandtschaftsrechts und anderer Puñete, welche
seine politische Gleichstellung mit den Grossmächten bedingten,
kaum erwarten dürfe. Dieses Ziel behielt der Gesandte aber unbeirrt
im Auge. •— Zugleich mit der Note an- den Prinzen von K u ñ wegen
Ausstellung von Vollmachten beförderte er ein Schreiben an
den englischen Gesandten, in welchem die Vortheile hervorgehoben
wurden, welche nicht nur China, sondern auch den westlichen
Mächten aus einein preussischen Vertrage erwachsen müssten. Die
Deutschen lebten in den geöffneten Häfen unter dein". Schutz der
Vertragsmächte, deren Consuln ihnen aus Courtoisie alle möglichen
Vortheile angedeihen liessen, ohne die geringste Macht, über sie
zu haben; die Consuln der deutschen Staaten, sämmtlich Kaufleute,
übten auch keine Jurisdiction über ihre Landsleute. Dieses Miss^
verhältniss gab zu ernsten Beschwerden Anlass. Während nun bis
dahin alle Schiftährt treibenden deutschen Staaten Consuln in den
chinesischen Häfen haften, verlangte Preussen. nur die Zulassung
eines Gesandten in P e - k i ñ , eines Cónsul missus in jedem geöffneten
Hafen für den Zollverein und Mecklenburg und eines zweiten für
die Hansestädte, welche die gesonderte consularische Vertretung
zur Bedingung ihrer Theilnahme am Vertrage machten. Die Ernennung
von Consuln mit Richterqualität musste ein Vortheil für China
und die Vertragsmächte sein. Hatten doch u i S h a n q - h a e die Com-
XV. V ertragsbesprechung. Schriftwechsel. 37
munalbehörden der englischen Niederlassung, wo Deutsche straflos
die Gesetze höhnten, den Gesandten amtlich darum angegangen.
Die erste Besprechung über den Vertrag erfolgte am 13. Mai.
Die Commissare kamen mit zahlreichem Gefolge, das in den Höfen
blieb; nur die Mandarinen, darunter der T a u - t a e von T i e n - t s in ,
setzten1 sich neben den Commissaren mit zu Tisch; denn die Sache
wurde durch ein Frühstück eingeleitet. Sie wussten sich mit Messer
und Gabel schlecht zu helfen und griffen mit den Fingern in die
Schüssel, wo sich das Begehrte nicht gleich mit dem Löffel erwischen
liess. Mässig im Essen und besonders im Trinken, freuten
sie sich mehr am Schäumen als am Geschmack des Champagners.
Graf Eulenburg fragte viel nach ihren häuslichen Einrichtungen
und brachte sie in die heiterste Laune. _ Nach Tisch suchte er den
Commissaren mit Hülfe einer. Karte die Verhältnisse des Zollvereins
zu erklären; sie folgten aufmerksam und schienen leicht zu fassen.
Den Vorschlag, die Karte nach P e - k in zu schicken, lehnten sie
ab: es genüge, wenn sie selbst instruirt seien. Aus dieser Erklärung
und dein guten Willen, den sie zeigten, schöpfte Graf Eulenburg
die Hoffnung auf schnelle Lösung'seiner Aufgabe, sollte sich aber
bitter getäuscht sehen. E r redigirte auf ihren Wunsch eine kurze
Denkschrift über den Zollverein und dessen beanspruchte Vertretung,
und sandte ihnen die Uebersetzung am folgenden Tage.
Der Prinz von K un antwortete dem Gesandten unter dem
13. Mai, dass der Vertrag, wie er in seiner Note verlangte, für den
Zollverein, Mecklenburg und die Hansestädte abgeschlossen wTerden
möge,' Special-Vollmachten jedoch nicht ertheilt würden. Das Departement
des Auswärtigen sei ein für alle Mal zu Verhandlungen
mit den fremden Gesandten ermächtigt; Graf Eulenburg möge den
beiden Commissaren, welche das besondere Vertrauen des Kaisers
genössen, mit derselben Zuversicht begegnen, als wenn sie ausdrückliche.
Vollmachten hätten. Dabei konnte der Gesandte sich nicht
beruhigen und wiederholte sein Ersuchen unter neuer Motivirung.
— Ein Schreiben des Herrn Bruce beleuchtete abermals die schwierige
Stellung der Gesandten in P e - k in . Nur allmälig könnten die
Vorurtheile der Regierung besserem Einsehn weichen. Zu einem
Handelsverträge werde sie leicht zu bewegen sein, nicht aber zu
einem politischen mit dem Rechte diplomatischer Vertretung in
P e - k in . Ganz ähnlich äusserte sich in wiederholten Gesprächen *
Graf Kleczkowski: wenn die Gesandtschaften von England und