
die Gesandten von England und Frankreich, welche sie als Mitglieder
der preussischen Legation einführten. — Dem Verfasser
sei erlaubt, die Erlebnisse dieser Reise hier persönlich zu
erzählen. •
Am 21. Juni früh brachen wir zu Pferde vonTiEN-rsiN auf.
Drei Maulthierkarren folgten mit dem Gepäck, einer Ordonnanz,
einem chinesischen Stallknecht und des Herrn von Brandt chinesischem
Diener A - t s o n . Klar und duftig schien die erwachende
Sonne auf thauige Felder, wo je tz t Durra, Gerste, Ricinus, Knoblauch
und vielerlei Gemüse grünten; höher steigend brannte sie
glühend auf dem schattenlosen Wege; denn Bäume giebt es nur
bei den Dörfern. Die Strasse ist gut und führt stellenweise auf
hohem Damme den P e i - i io entlang; Theeschenken, wo der Wanderer
Erfrischung findet,* stehen etwa eine Meile von einander.
Jagdbare Thiere sahen wir nicht, dagegen dichte Sehaaren kleiner
Vögel und besonders Elstern, die den Weg anmüthig .belebten.
Viele Marktleute zogen nach T i e n - t s in . Unsere in kurzem Trabe
fahrenden Karren bald überholend, bald vorauslassend, ritten wir
in einem Zuge etwa vier Meilen bis zum Flecken Y a n - t s u n ; einer
compacten Masse schmutziger Hütten aus Lehm und Holz, die
sich, von winkligen Gassen durchschnitten, am rechten Ufer des
P e i - h o ausstreckt. Dort wurde gefrühstückt und der h'eisseste
Theil des Tages verschlafen. Der lange Hof der Schenke stand
voll malerischer Karren und Krippen; Schmutz und Ungeziefer
in den bäuerlichen Stuben waren eben erträglich, der Schatten
grosse Erquickung. Wären nicht die Zöpfe gewesen, man hätte sich
kaum in China geglaubt, denn diese Dörfer haben keine- Spur von
nationalem Anstrich; Bauart und Einrichtung sind so kunstlos und
einfach, wie das unmittelbare Bedürfniss des Landmannes sie aus
Lehm und Holz nur schaffen kann. Selten ragt ein geschweiftes
Tempeldach aus der grauen Masse. ;— Wein, Brod und Fleisch
hatten wir bei u n s, u n d ' fanden T h e e , Eier und Apricosen, auch
köstliches Eis zum Kühlen der Getränke.
Um halb vier Nachmittags ritten wir weiter und. erreichten
Abends H o -s i-w c , einen von Gärten durchsetzten Flecken unter
herrlichen Bäumen am P e i - h o , beinah fünf Meilen von Y a n - t su n ,.
Die Truppen der Verbündeten hatten ihn im Herbst 1860 verlassen
gefunden und arg verwüstet; viele Häuser lagen in Trümmern.
— Den grossen Hof unserer Herberge umgaben offene Schuppen,
wo eine Menge Maulthiere standen; mitten darunter schliefen die
Fuhrleute; den Hof füllten ihre Karren. Unser Mahl glich dem in
Yan- sun. Schlaf gab es wenig, denn die Zimmer mündeten in jene
Schuppen; die Thiere schrieen und bissen sich, die Kärrner fluchten
und zankten die ganze Nacht. Auch war Alles re ch t schmutzig,
und die Matte des Estrichs stark bevölkert.
. Bei Tagesgrauen stiegen wir am 22. Juni zu Pferde. Der
Weg wird hübscher und schattiger; hier und da sieht man den
P e i - h o . In der Herberge des Fleckens M a - t a u , der den Anblick
grausiger Verwüstung hot, wurde ein kurzer Halt gemacht. Als im
Herbst 1860 die Alliirten gegen P e - k in marschirten, wurde in einem
Dorfe der Nachbarschaft auf englische Soldaten geschossen, die auf
eigene' Hand plünderten. Sir Hope Grant befahl, das Dorf zu
zerstören; da aber Niemand dasselbe genau zu bezeichnen wusste,
so beschloss der beauftragte Officier, die reichste und beste Ortschaft
' der ganzen Gegend einzuäschern. Das unglückliche Loos
tra f M a - t a u , dessen Verbrennung Tausende harmloser Menschen
an den Bettelstab brachte. Englische Officiere nannten nach dem
Bericht ihrer eigenen Kameraden9) die Zerstörung dieses Fleckens
statt des schuldigen, den man nicht finden konnte, einen der besten
Scherze des ganzen Feldzugs, und ein junger Mann von der indischen
Cavallerie beschrieb mit Enthusiasmus die innige Wollust,
mit welcher er die wehrlosen Bewohner gespiesst habe. Das geschah
v o r dem Verrath von T u n - t s a u und der Schlacht von
T ’SAN - KIA - WAN.
Hinter M a - t a u berührt die Strasse den Fluss zum letzten
Mal und führt dann durch üppige Felder nach dem Städtchen
T s a n - k ia - w a n , das 1860 nach der Schlacht geplündert wurde.
Von hier läuft nach dem P e i - h o ein schmales Rinnsal, das wohl
zuweilen aus seinen Ufern tritt; auf trockener Wiese steht eine alte
Brücke von schönen Quadern.
Wir frühstückten in T san- kia-wan und brachen um halb
zwei wieder auf. An den Feldfrüchten merkt man, dass hier die
Ebene höher liegt; wir sahen Buchweizen und Soya-Bohnen.
9) S. Rennie, Peking and the Pekingese I. 15.
IV.