
haben sich Geltung verschafft, Sie Chinesen können sich nicht mehr
dem Einfluss einer Gesittung entziehen, deren Ueb erlegen heit sie
unwillig anerkennen, deren Vortheile sie aber gern benutzen. Die
schnelle Besiegung der T ae- piñ mit Hülfe europäischer Waffen, —
ein Gedanke, den H i e n - f u n noch entrüstet zurückwies — lieferte
in den folgenden Jahren einen schlagenden Beweis für den gewaltigen
Umschwung in der öffentlichen Meinung.
Unzweifelhaft förderte das Verhalten der fremden Diplomaten
in P e -k iñ wesentlich die Katastrophe vom 1. November, welche
gewissermaassen den Schlussact der englischen Kriege bildet. Der
Prinz von Kuñ überzeugte sich, dass der Frieden mit den Fremden
auf ihre Bedingungen nicht nur möglich, sondern der Wohlfahrt
des Reiches förderlich, ja die einzige Bürgschaft für Besiegung der
Rebellen sei. Blieben die Männer des Regentschaftsrathes am Ruder,
so begann die Arbeit der Fremden von Frischem, ein neuer Krieg
war unvermeidlich und führte muthmaasslich zum Sturze der Dynastie,
wie der vom Prinzen Kim im Vertrauen auf die Redlichkeit und Macht
der Fremden ausgeführte Staatsstreich zu ihrer Befestigung führte.
Wie schwach die Stellung des grossen T s iñ - Hauses im Herbst
1860 war, mögen folgende im Sommerpalast erbeutete Denkschriften
zeigen, welche H i e n -.f u n ’s Flucht nach D z e h o l beleuchten. SXÑ-
k o -L i n - s in empfahl dieselbe nach dem Fall von T a - k u , weil
er die Fremden im offenen Felde zu schlagen hoffte. Ob der
Gedanke von ihm ausging, weiss man nicht; von seiner politischen
Tragweite hatte der Mongolenfürst wohl keinen Begriff. S a n - k o -
l i n - s in ’s Stellung zur Kriegsfrage ist niemals ganz aufgeklärt worden.
1859 galt er als Anstifter des Widerstandes; dass er damals
sowohl wie 1860 in T a - k u die Operationen leitete, ist sicher.
F ü r seine Erbitterung gegen die Fremden zeugt auch unwiderleglich
sein Auftreten gegen Herrn Parkes vor der Schlacht von T s a ñ - k i a -
w a n . An demselben Tage gewann aber S a n - k o - l i n - s in Achtung
vor den Alliirten, empfahl gleich darauf den Frieden und blieb dieser
Gesinnung auch später treu. Den Wunsch, sich des Thrones zu
bemächtigen, haben die Fremden ihm gewiss mit Unrecht angedichtet.
S a n - k o - l in - s in ’s Denkschrift.50)
«Dein Knecht S a ñ - k o - l in - sin überreicht knieend eine Denkschrift.
In der Ueberzeugung, dass der Barbaren veränderliche Ge-
50) Rein formelle Phrasen sind in diesem und den folgenden Documenten unterdrückt.
Die Jahreszahlen sind in die christliche Zeitrechnung übersetzt.
müthsart es unmöglich machen wird eine friedliche Politik zu verfolgen,
bittet er im Namen der F ürsten und Herzoge d e r sechs Bünde
Deine Majestät, eine Jagdreise anzutreten, damit die Maassregeln für
den Angriff und die Vernichtung der Barbaren erleichtert werden
mögen. — Dein Knecht b a t kürzlich die Stellung von T a - k u in Folge
des plötzlichen gleichzeitigen Auffliegens der Pulvermagazine in den
beiden nördlichen Festen, nicht durch Lässigkeit in deren Vertheidigung
oder Unzulänglichkeit der Mittel verloren. E r fürchtet, dass es je tz t
schwer sein wird die Barbaren zum Gehorsam zurückzuführen, und
dass doch ihre Forderungen kaum erfüllt werden können. Dein Knecht
hat die nöthigen Anordnungen längs der Strasse von T i e n - t s in nach
T u n - t §a u getroffen. Sollte bei T u n - t §a u gekämpft werden, so ist zu
besorgen, dass die Bewohner von P e - k in in grosse Aufregung ge-
rathen. Sieg oder Niederlage können von den Umständen eines Augenblickes
abhängen. Sollte, was ja möglich, ein Unglück geschehen, so
würden die Handelsleute, welche in der Hauptstadt zusammenströmen,
in Massen ausreissen, un d , wenn zufällig die Soldaten den Muth verlieren
sollten, so möchten die Folgen gewichtig sein. Dein Knecht e rfuhr
von Deiner Majestät die grössten Gunstbezeugungen und hat dafür
garnichts geleistet. Nach sorglicher Erwägung der jetzigen k ritischen
Lage schien ihm der beste Weg , der sich b o t, — und den e r
auch eingeschlagen hat, — an die Fürsten und andere (Mitglieder) der
sechs Bünde zu schreiben und sie zu ersuchen, mit ihren auserwähl-
testen Truppen nach der Hauptstadt zu kommen, so dass sie Deine
Majestät unterwegs mit gebührenden Ehren empfangen und sich dann
mit den übrigen T ruppen vereinigen könnten. E r bittet Deine Majestä
t, den alten Brauch einer Jagdreise im Herbst zu befolgen und
demgemäss die Hau p tstad t'au f einige Zeit zu verlassen; ferner auch,
dass die zurückbleibenden Prinzen und Würdenträger an d e r Spitze
der Staatsverwaltung Befehl erhalten, darauf zu achten, dass das Heer
die Stadt in vollkommenem Vertheidigungszustand erhält, bis die T ru p pen
d e r sechs Bünde zu ihnen stossen. Dann können alle zusammen
den Feind angreifen und vernichten. Wenn zu dieser Zeit Deine Maje
s tä t in der Hauptstadt wä re , so möchte nicht nur die Ausführung
nothwendiger Anschläge behindert se in, sondern leider könnte dann
auch Dein Gemüth unnütz bekümmert werden.
Dein Knecht scheut sich nicht, so im Namen der Fürsten und
Anderer aus den Bünden seine und ihre beschränkten Ansichten auszudrücken,
um deren Ausführung er Deine Majestät dringend anzuflehen
fortfährt. E r hätte dann F re ih e it, seine eigene Zeit und Art
des Angriffs zu wählen, und könnte vorwärts oder rückwärts gehen,