
ist die Einfahrt zu seicht. — Die Strassen sind winklig, die Häuser
hoch und luitig gebaut, mit wenigen Fenstern und freundlichen
Altanen wie im südlichsten Europa. Stattliche Kirchen und Klöster
mit schattigen Gärten liegen in der Stad t zerstreut. Die Strassen
am inneren Hafen sind vorwiegend von Chinesen bewohnt und
sehr belebt; in denen der Portugiesen h ö rt man unheimlich den
eigenen Tritt.
Die Gründung Macaos und das Verhältniss der Colonie zur
chinesischen Regierung wurde in einem früheren Abschnitt berührt,
ihre Ansprüche auf Oberheit scheinen die Kaiser bis in neuere Zeit
nicht aufgegeben zu haben. Säcke mit portugiesischen Goldstücken,
der Grundzins der Colonisten, der bis 500 T a e l jährlich betragen
haben soll, wurden von den Alliirten 1860 in Y uan - m in - y u a n gefunden.
Die portugiesischen Behörden regieren nur ihre eigenen Unter-
thanen; .die Chinesen, weitaus die Ueberzahl der Bevölkerung,
stehen unter Jurisdiction der in der Stadt wohnenden, von der
Bezirksregierung der Insel H ia n - sa n und dem Vicekönig von K tjan-
t u h delegirten Mandarinen. Dieses Verhältniss führte beständig
zu Conflicten; der Vortheile des Handels wegen aber Hessen sich
die Portugiesen die ärgsten Uebergriffe gefallen. Die Opium-Einfuhr
war in Macao ursprünglich erlaubt und blieb auch nach dem Verbot
noch lange auf diese Colonie beschränkt, die erst in Verfall
gerieth, seitdem die Eifersucht der Portugiesen die enghschen
Schmuggler nach der Insel L i n - t in vor der Mündung des T s u - k ia n
trieb. Seit Gründung von H o n g - k o n g und den neueren Verträgen
beschränkt sich der Handel von Macao auf wenige Einfuhr-Artikel
von den Sunda-Inseln und Indien, welche die Chinesen hier am
besten einschmuggeln können. Träge und hochmüthig sollen die
Portugiesen der Colonie in grösser Armuth leben; viele der jüngeren
Männer sind ihrer Kenntniss des Chinesischen wegen in den grossen
Handlungshäusern von H o n g - k o n g und K an - t o n angestellt, die
übrigen fristen ih r Dasein im süssen Nichtsthun kleiner Bedien-
stungen, an welchen die Colonialregierung reich zu sein scheint.40)
40) Die Garnison kostete 1830 nach Gützlaff 29,622 T a e l , die Civiiverwaitung
24,470 T a el ; Kirchen und Klöster kosteten 8730 T a el , die ausserordentlichen Ausgaben
betrugen 46,629 T a e l , die Ausgabe im Ganzen also 109,451 T ael gegen eine
Einnahme von 69.183 T a e l . — Die Bevölkerung betrug damals 1202 "Weisse- Männer,
2149 -Weisse- Frauen, keineswegs lauter reinblütige Kaukasier, 350 männliche, 779
weibliche Sclaven; 30 Männer und 118 Frauen verschiedener Abstammung. Die
chinesische Bevölkerung wurde damals auf 30,000 Köpfe geschätzt.
In wenigen Familien soll sich rein portugiesisches Geblüt erhalten
haben; die Ileirathen mit Chinesinnen waren besonders früher an
der Tagesordnung. Im Ganzen sind die Portugiesen von Macao
ein vertrocknetes, unschönes Geschlecht von kleinem schwächlichem
Körperbau und gelber Hautfarbe, dessen Aeusseres wenig Vertrauen
erweckt. — Sonntags und Donnerstags versammelte sich die schöne
Welt auf der Praja, wo gegen Abend die Müitärmusik spielte. Die
Garnison bestand aus 150 gut gekleideten Soldaten von der verschiedensten
Hautfarbe, meist Mulatten und Schwarzen aus T imuk,
von wo auch viele Sclaven nach Macao gebracht wurden.
So einsam und langweilig die Praja, so belebt sind die
chinesischen Gassen am inneren Hafen; in fünf Minuten geht man
hinüber. Am Quai steht dort ein bunter Tempel neuester Gründung,
von der hohen Stufe der Ausbildung zeugend, auf welcher die Bauhandwerke
sich in China bis heute erhalten haben.47) Die Kachel-
und Stückarbeit der Dachfirst,, der Friese und Krönungen ist von
der höchsten technischen Vollendung, ebenso die Steinmetzarbeit
der Pfeiler und Schwellen aus weissem Granit, deren kunstreiche
Kehlungen und Sculpturen wie mit dem Hobel und Schnitzmesser
vollendet sind. Die vergoldeten Inschriften und Embleme stehen
darauf in flachem Relief gemeisselt, das ein schmaler Zinoberrand
scharf vom glänzenden Grunde abhebt. Das Innere bildet ein
Hypäthron, in dessen Mitte mächtiges Himmelshcht einströmt, während
die umgebenden Hallen in magische Dämmerung gehüllt sind.
Eine reizende Wirkung macht es, wenn die hochstehende Sonne
in den weissen Pulverdampf der im Mittelraum abgebrannten Feuerwerke
hineinscheint.
Am Eingang des inneren Hafens liegt westlich von der Stadt '
eine Tempelanlage zwischen grossen, von dichten Wipfeln beschatteten
F’elsblöcken. Vom Üferquai führen einige Stufen zum Portal
einer breiten mit Tempeln und Capellen umgebenen Terrasse hinan,
welche den anmuthigsten Blick auf den Hafen bietet. Weitere
Treppenfluchten steigen durch wild übereinandergewürfelte Felsblöcke
zu anderen Tempelchen und daran vorüber nach einem
Stationspfad hin an , der an Schreinen und Götzen vorbei im wonnigsten
Schatten zum Gipfel des Hügels hinanklimmt. An einem
Bambusgebüsch auf h e r Höhe hängen allerlei Votivgaben gläubiger
Schiffer, welchen der Tempel besonders heb zu sein scheint; davon
47) S. Ansichten aus Japan, China und Siam IX.