
einige Zeit selbst als Bonzen eingekleidet werden, um, wie man
sagt, ihren Eltern die Schuld der Dankbarkeit abzutragen. Sie
schätzen das Verdienst solcher Einkleidung für mächtig genug, um
ihre Eltern aus der Hölle zu ziehen, wenn sie dahin gerathen.a78)
Selbst die Königssöhne gehen für einige Zeit in das Kloster; der
Austritt steht Jedem frei. Pallegoix’s Entrüstung ist sicher gerecht.
Selbst uns drängte sich die Ansicht auf, dass bei diesem unverschämten
Gesindel prassender Tagediebe grobe lüsterne Sinnlichkeit
und alle schlimmen Leidenschaften wuchern. Viele bleiben
nur Bonzen aus Hang zum Miissiggang und um sich den Dienstleistungen
der Hörigkeit zu entziehen; andere wissen sich aus den
Opfergaben und dem Ertrage ihrer Andachtsübungen ein kleines
Vermögen zusammenzuscharren, treten dann in das bürgerliche Leben
zurück und heirathen.
Die Regel der Bonzen ist in 227 Artikeln niedergelegt, die
dem B u d d a G o t a m a 74) zugeschrieben werden; Pallegoix giebt
einen Auszug davon. Folgende Hauptvorschriften gelten auch für
die Schüler der Bonzen: von Mittag bis zum folgenden Morgen zu
fasten, nicht Blumen bei sich zu haben noch daran zu riechen,
nicht auf Polstern zu sitzen, oder auf Stühlen, die höher sind als
zwölf Zoll. Geboten sind ferner das tägliche Almosensammeln,
das Wohnen im Kloster, das Tragen gelber Gewänder, das Cölibat,
Enthaltung von Lüge, Diebstahl und Tödtung von Thieren.
Letztere sieben Gebote werden nach Pallegoix dem Bonzen bei
seiner Einkleidung vorgelesen. Seine und Dr. Bastian’s Schilderungen
vom Klosterleben in B a n k o k sind nicht erbaulich. Bei
Tagesanbruch erheben sich die Bonzen, läuten die Glocken, nehmen
ein Bad und recitiren im Tempel gemeinschaftlich ein Gebet. Dann
macht jed e r von seinem Schüler gerudert die vorgeschriebene
Bettelfahrt. Sie- kehren mit gefüllten Töpfen zurück, wählen sich
die besten Bissen und geben das Uebrige den Knaben. Dann
wird geraucht und geschwatzt; den ganzen Vormittag kommen Andächtige
mit Leckerbissen, besonders für die beliebten Prediger.
Um elf Uhr ist die zweite Mahlzeit, die kurz vor Mittag beendet
sein muss; dann folgt die lange Siesta. Bis zum Morgen d a rf wohl
Thee, Cocosmilch und dergleichen, aber nichts Festes genossen
werden. Oft werden Bonzen in die Häuser der Reichen und Vor-
73) Pallegoix. Description du Royaume Tha i ou Siam. I. 126.
74) D er indische P rin z G otama stiftete die buddistische Lehre.
nehmen zum Predigen eingeladen, erwarten dafür aber reiche Geschenke;
selbst die Grossen bedienen sie in ihren Häusern sehr
ehrerbietig.
Zur Regenzeit versammeln sich die Bonzen jede Nacht in
ihrem Tempel und singen Litaneien zum Lobe des Budda. Eine
Zeit läng, etwa drei Wochen jedes J a h r, müssen sie in selbstgebauten
Hütten auf dem Lande zur Busse ihrer Sünden nächtliche
Andachten halten, verschlafen dafür aber den Tag in ihrer
Klosterzelle. Nur drei Monate im Jahre muss der Bonze in seinem
Kloster wohnen; die übrige Zeit darf er sich nach Gefallen
herumtreiben. Viele reisen von Kloster, zu Kloster bis in die
fernsten Wälde r, theils zum Vergnügen, theils um Pflanzen und
Minerale für ihre Elixire und alchymistischen Zaubereien zu suchen.
Man unterscheidet königliche Klöster und solche die von
Privatleuten gestiftet sind; jedes h a t seinen Vorsteher oder Abt.
Viele Wittwen und andere Frauen, die kein Unterkommen haben,
widmen sich dem Klosterdienst; für gröbere Arbeit haben die
königlichen Klöster auch Sclaven. Der König ernennt den Oberbonzen,
der über sämmtliclie Aebte gesetzt ist, und verleiht einem
königlichen Prinzen die Jurisdiction über alle Klöster des Landes;
nur Dieser darf durch eigene Häscher die Bonzen verhaften lassen,
des gelben Gewandes berauben und nach des Gesetzes Strenge bestrafen.
Vor seidem Tode legt der Bonze das Priesterkleid ab,'
darin zu sterben gilt für ein grobes Verbrechen.
Viele Klöster in B a n k o k haben kostbare Bibliotheken; auch
soll es gelehrte und fromme Mönche geben, die theologische, historische,
sprachliche Studien treiben und ein sittliches Leben führen,
— doch nicht allzuviele.
Die Mädchen lernen nur kochen, selbst Nähen wäre bei der
üblichen Landestracht eine brodlose Kunst. Ein grösser Theil der
Feld- und Gartenarbeit fällt den Weibern schon dadurch zu, dass
die Männer oft Monate lang Frohndienste leisten. In der ärmeren
Classe werden die Mädchen meist ihren Bewerbern für eine Geldsumme
verkauft, können aber trotzdem deren rechtmässige Gattinnen
werden; doch h a t der Mann das Recht, auch diese, wenn sie
Schulden macht, zu verkaufen. Nur solche Frauen, die eine Mitgift
brachten, dürfen nicht verkauft werden. Die väterliche Gewalt
ist fast unumschränkt; Eltern können ihre Kinder in Fesseln legen
und nach Gefallen in unlösbare Knechtschaft verkaufen.