
gearbeitet, als der Eigenthümer erschien, ein ältlicher schmutziger
Herr von kranker Gesichtsfarbe, der als Abkömmling des Herrscherhauses
das.gelbe Gewand, den rothen Knopf ersten Ranges und
die Pfauenfeder trug. T s i - u e n war, wie man uns sagte, ein Nachkomme
des Kaisers Kan -g i -und Bruder des Prinzen von Lian,
dem der Palast der englischen Gesandtschaft gehörte.10) E r begeg-
nete Herrn von Brandt mit süssester Freundlichkeit, besah und
lobte die neuen Einrichtungen,. schlug allerlei Verbesserungen vor,
liess sich den Wein schmecken und steckte beim Abschied ungebeten
alle Cigarren ein, deren er habhaft werden konnte. Von
unserem Hause aber, das wussten wir, fuhr er zum Prinzen vpn
Kun, uns zu verklagen. Einmal tra f ihn dort Graf Kleczkowski,
wie er sich heulend dem Prinzen zu Füssen warf: da hätten ihm
zwei Preussen sein Haus genommen, er verlange sein Recht u. s. w.
Das wiederholte er täglich; denn, so gern er das Geld einstrich
, so bangte ihm doch um seinen Kopf; die kaiserliche Verwandtschaft
hätte ihn nicht gerettet. Nach, dem Besuch am Nachmittag
des 25. Juni reichte er der Regierung sogar eine Beschwerde
ein: von seinem Grundstück werde eine T h ü r nach dem der englischen
Gesandtschaft gebrochen, was nimmermehr zu dulden sei
u. s. w. Auch das war gelogen. — Herr Bruce, bei welehem der
Prinz über uns Klage führte, wies jede Bezüchtigung derbe zurück und
beleuchtete die Sinnlosigkeit der gegen uns erhobenen Anklagen.11)
10) Ob die Schreibart. T s i - u en g e n au dem Klang des chinesischen Namens
entspricht, kann der Verfasser in diesem Falle eben so wenig verbürgen, als bei
vielen anderen Namen. Sie entspricht dem Laut, den wir dem Ohr nach in unseren
Notizen niederschrieben, und unterscheidet sich von. der Schreibart des Dr. Kennie
»Yih - kw a n « nicht mehr, als die englische Schreibart vieler anderen chinesischen
Namen von dem Laut, den wir selbst heraushörten. — Als T s i - uen oder Y ih - kwan
sein Grundstück im Herbst 1861 an eine englische Missionsgesellschaft verkaufte, _
welche daselbst ein Hospital einrichten liess, — bezeichnete er sich im Kaufact als
»von der kaiserlichen Familie, Mandschu des weiss - gerundeten Banners, .durch
(kaiserliche) Gnade Edler vom Rang eines T u - k u o - t s ia n - tsün .« üeber die
Adelsverhältnisse unter den Tartaren konnte: der Verfasser keine Klarheit gewinnen.
Die Chinesen haben überhaupt keinen Adel, wolil aber die Mongolen und die Tartaren..
Unter letzteren s o ll es nur acht Familien geben, in denen der fürstliche
Rang erblich bliebe, während in allen anderen der Adel allmälig erlösche; die Ahnen
jener Familien hätten dem Kaiserhause bei der Thronerwerbung im 17. Jahrhundert
wesentliche Dienste geleistet.
) Herr Bruce hatte auch seinen chinesischen Comprador vor den kaiserlichen Behörden
zu schützen, welche denselben wegen des durch Zuweisung der Handwerker und
den Ankauf von Hausrath uns geleisteten Beistandes belangen wollten. Dem Aermsten
bangte einige Tage um seinen Hals; der Gesandte legte sich aber wirksam ins Mittel.
Die von den Gesandten in P e - k in damals befolgte Politik
der äussersten Mässigung beschränkte höchst unhequein ihre eigene
Freiheit; sie vermieden sorgfältig den Besuch des Sommer-Palastes
und anderer heiliggehaltenen Orte, sowie jeden Schritt, d e r die
Empfindlichkeit der Chinesen hätte reizen können, mochte sie auch
noch so abgeschmackt sein. Sie hofften auf diesem Wege die
Rückkehr des Kaisers nach P e - k in zu bewirken, wo er nach dem
strengen Hofceremoniel im Herbst- wichtige Opterhandlungen zu
verrichten hatte. Käme er dann nicht, so wollten sie andere Wege
einschlagen. So äusserte sich der englische Gesandte am Abend
jenes Tages, als wir in seinem Zelthofe der Kühle genossen. Die
politische Lage wurde uochmals erörtert; Herr Bruce machte aus
den reichen Erfahrungen seiner diplomatischen Laufbahn in China
anziehende Mittheilungen und kam zu dem Schluss, dass, wer dort
nicht an der Spitze einer Armee auftrete, mit dem von der Regierung
willkürlich Gebotenen oder Verweigerten zufrieden sein müsse;
die Nichtgewährung des Gesandtschaftsrechtes sei weder ein Schaden
noch eine Demüthigung für Preussen; in einigen Jahren müssten
die Chinesen entweder zu Verstand kommen und die Gesandten
aller Mächte aufnehmen, %r«oder in ihre alten Vorurtheile zurückfallen,
dann würden alle Gesandtschaften unmöglich, pf- Ein Mandarin
des weissen Knopfes, der mir auf Antrag des Herrn Bruce
von der kaiserlichen Regierung zugewiesen war und bei der Rückkehr
Einlass in die Hauptstadt verschaffen sollte, meldete sich noch
spät und erhielt in meiner Gegenwart seine Instructionen.
Früh um vier Uhr ritt ich am 26. Juni allein aus dem Thore
von P e - k in und in einem Zuge bis T s a n - k ia - w a n , w o kurze Rast
gehalten und gefrühstückt wurde, dann weiter nach M a - t a u , w o
mein weissknöpfiger Begleiter und der Karren mit Matratze und
Reisesack mich einholten. Hier wollte ich Graf'Eulenburg erwarten,
der nach unserer Berechnung denselben Tag eintreffen mochte. Um
ihn möglichst früh von der Sachlage in Kenntniss zu setzen, schrieb
ich je tz t einen ausführlichen Bericht, und verlangte einen Courier,
der unterwegs überall nach dem Gesandten forschen sollte. Nicht
leicht war es, den Boten zu instruiren; die Zuschauer ergötzten sich
innig an meiner Leistung: zuerst Vorzeigung des Schreibens und
mehrerer Dollars; dann die Gebehrden des Satteins, Aufsitzens,
einige Galopsprünge: G n e i - l i n - p u H o - s i - w u , H o - s i - w u m e io
(nicht), Y a n - s u n ; Y a n - su n m e io , T i e n -t s i n ; dazwischen immer