
ein schöner bis zu den Knieen herabhangender Zopf, gleichviel ob
falsch oder echt, ist der Stolz jedes Chinesen.
Uns fesselten nur die Trödelbuden, wo Gegenstände von
Bronce, Lack, Porcelan, Glasfluss, Email, Jade und anderem kostbarem
Stein zu Kauf standen. Manchmal fand man werthvolle
Stucke ; die Anhäufung von Gegenständen aus den verschiedensten
Blutheperioden war lehrreich für die Kenntniss des chinesischen
Kunsthandwerks. Da standen neben einander Gefässe aus der Zeit
der alteren Dynastieen, der M in und der T s i n , jed e Periode mit
deutlich ausgeprägtem Typus der Torrn, Zeichnung und Malerei.
In grösser Menge waren die früher gebräuchlichen Mandarinen-
Scepter von grünem Jad e, Sandelholz oder rothem Lack vorhanden,
viele von ausgesuchter Arbeit. Theekannen von Thon, Porcelan,
Metall sp ie lten . auch hier eine Rolle; die Broncen, meist
fratzenhafte Thiergestalten und. Götzen, Rauch- und Kohiengefässe,
kommen an Schönheit weder der Form und Arbeit, noch des Me-
telles den japanischen gleich. Von Jade, dem kostbaren Stein- aus
Turkestan, welchen der härteste .Stahl nicht ritzt, sahen wir vollendete
Arbeiten, die je d e r Sammlung würdig, aber sehr theuer
waren; der W erth richtet sich in China vorzüglich nach der Farbe
welche milchig weiss,. gelblich, h ell- oder dunkelgrün ist; am meisten
schätzt man den Farbenton frisch angeschnittenen Speckes.
Aus diesem Stern und aus Porcelan gefertigt standen in jed e r Trö delbude
Hunderte kleiner Fläschchen von der Länge und Dicke eines
Daumens: das sind die chinesischen Schnupftabaksdosen, in denen
grösser Luxus getrieben wird Sie veranlassten in neuerer Zeit
einige Aufregung unter den Aegyptologen, da Alterthumshändler
in Kairo solche unter dem Vorgeben verkauften, dass sie aus antiken
Gräbern stammten. Nun lässt sich aber der viel neuere Ursprung
dieser Gefässe durch Vergleichung nachweisen, und es
mochte schwerlich gültiges Zeugniss beizubringen sein, dass deren
wirklich in Gräbern gefunden wurden. Der Verkehr beider Länder
in uralter Zeit, den man daraus fbrgern wollte, ist gewiss eine F a bel;
und wenn solche Fläschchen vor Einführung des Tabaks
m China anderen Zwecken dienten, so mögen deren durch arabische
Reisende nach Aegypten gelangt sein, aber nicht früher.
Wir sahen Porcelan, auch Craquelée der verschiedensten Art:
da waren ältere Gefässe von einfacher, fast Strenger Form mit
steifer markiger Zeichnung, italienischem Trecento ähnlich; dann
Vasen aus der Min-Zeit, mit schönem Blumen - Ornament auf
dunkelrothem Grunde und figuristischen Darstellungen von reicher
Composition, höchster Anmuth in Ausdruck und Gebehrde, und zartester
Ausführung; andere mit tiefglühender unter der Glasur eingebrannter
Malerei, deren technisches Geheimniss je tz t auch in
China verloren zu sein scheint. Es giebt jedoch solcher farbenprächtiger
Gefässe noch aus K i e n - l o n ’s grösser Zeit, die, ihr eigenes
Gepräge tragend, sich in Darstellung reichen Blumenschmuckes
auf hellem Grunde gefiel. Besonders merkwürdig sind viele Emails
dieser Periode, die, nach französischen Zeichnungen gefertigt, Landschaften
mit Schäferscenen im Geschmack von Watteau und Lancret
darstellen ; man könnte an ihrem chinesischen Ursprung zweifeln,
wenn kein Fabrikzeichen vorhanden wäre. Von dieser Art glatter
Emaille strotzten alle Trödelbuden in T i e n - t s i n , ebenso von derjenigen,
welche nur stellenweise auf Goldbronce angebracht, sich
vorzüglich an Tempelgeräth, Leuchtern und Rauchgefässen findet.
Die seltenste und theuerste ist die »Cloisonné« - genannte Gattung,
die, vor 1860 in Europa wahrscheinlich nur durch wenige Stücke
vertreten, selbst vielen Sammlern kaum bekannt war. E rst die
Plünderung von Y u a n - m i n - y u a n förderte Schätze davon zu Tage,
die sich seitdem rasch über Europa verbreiteten. Beim Cloisonné
bilden Linien von Goldbronce die Umrisse der Zeichnung; die
Zwischenräume sind mit Glasfluss von grösser Härte und den herrlichsten
Farben ausgefüllt; es ist, im Gegensätze zur'Alalérei des
glatten Email, eine Art Mosaik. In China muss die Technik durch
viele Jahrhunderte geübt worden sein, denn auch in dieser Gattung
lässt sich sowohl in der Form der Gefässe, als in Zeichnung und
Charakter des Ornamentes, Consistenz und Farbe des Glasflusses
das Gepräge weit auseinanderliegender Blutheperioden nachweisen.
Einen solchen Reichthum an Producten des chinesischen Kunst-
fleisses aller Zeiten, wie damals in Folge der Plünderung von Y u a n -
m i n - y u a n die Läden von T i e n - t s i n und P e -k in , hatten vielleicht
niemals chinesische Städte aufzuweisen. Man brachte dort, eine
Tasse Thee nach der anderen schlürfend, manche angenehme
Stunde zu , und wiederholte gern den Besuch, neue Erwerbungen
zu sehen. Die Concurrenz der Engländer schraubte die Preise weit
über ihr landesübliches Niveau, doch Hessen sich, im Vergleich des
Werthes in Europa, noch vortheilhafte Ankäufe machen. Das Beste
besassen freilich die englischen Officiere, die es theils von franzö