
lische und französische Besatzung; mehrere Kanonenboote lagen in
der Flussmündung.
Die Pinasse der Arhona nahm je tz t deren Officiere und Ca-
detten an Bord, welche mit drei Hurras vom Gesandten schieden.
Der Anblick ist trostlos: Lehmwasser, Lehmbauten, Lehmufer,
so flach wie ein Tisch, bis auf einige Haufen Salz, das hier dem
Meere abgewonnen wird; nahe der Mündung kein Baum, kein
Strauch; Alles ein gelbgrauer Teig, oben fest und trocken, in
klumpige Formen geknetet, unten flüssig, ein trüber hässlicher Brei.
Stiefmütterlicher waltete nirgend die Natur.
Hinter den südlichen Forts liegt der grosse Flecken Ta-ku,
eine Lehmmasse wie alles Uebrige, Weiter hinauf sind die Ufer
grün; da stehen schöne Weiden - und unzählige Pfirsichbäume, die
in festlichem Blüthenschmuck prangten. Die Luft war staubig;
bald wurde es heiss, während wir Morgens in Winterkleidung gefroren
hatten. Dass wenig Wochen zuvor das Land noch in
dickem Eise lag, merkte man nicht: nur die vielen Ufereinschnitte,
ähnlich denen bei S h a n g - h a e , -in welchen'die Dschunken geborgen
werden, erinnerten daran, dass hier, fast in der Breite von Lissabon,
die F'lüsse im November zufrieren und erst im März wieder
aufgehn. Die Landschaft, — grüne Felder, Bäume und lehmfarbene
Dörfer, — gleicht vielen Stellen im Nilthal.
Die Windungen des P e i - h o verdoppeln den Weg; beim
Scheiden der Sonne waren wir noch weit von T i e n - t s in . Je näher
der Stadt, desto dichter lagen im verengten Fluss die Dschunken,
durch die sich selbst unsere zappelnde Treize nur mühsam hindurchwand.
Lieutenant Des Varannes, der uns den Tag mit lebendigem
Gespräch verkürzt hatte , leitete, vorn beim Geschütz stehend,
den schlängelnden Lauf des Bootes. Nach acht erreichten wir die
Vorstädte von T i e n - t s in und fuhren dann noch eine halbe Stunde
durch einen Mastenwald, hinter welchem zu beiden Seiten niedrige
Häuserreihen lagen. An Kaufläden und Kneipen hingen viel bunte
Laternen, und das Gesumme am Ufer verrieth die volkreiche Stadt.
Gegen neun passirte Treize die Schiffbrücke und warf etwa tausend •
Schritt oberhalb, bei der Mündung des" Kaisercanales Anker. Der
Attache von Brandt wartete am rechten Flussufer und führte den
Gesandten nach seiner nahe gelegenen Wohnung. Die bestellten
Kulis waren durchgegangen;, es dauerte lange, bis andere das
Gepäck heraufgeschafft hatten; erst spät gelangte man zur Kühe,
Das für die Gesandtschaft gemiethete Haus gehörte einem
chinesischen Kaufmann, den nur energisches Zureden der obersten
Behörde zur Abtretung vermochte. Die Gebäude gruppirten sich
um zwei hintereinanderliegende Höfe: das vordere hatte nach der
Strasse gar keine Fenster und enthielt nur untergeordnete Räume
mit Eingängen vom ersten Hofe, wo der chinesische Thürhüter
und die Ordonnanzen hausten. Ein Seitengebäude mit zwei hübschen
Zimmern, welche Herr Marques bezog, verband es mit dem
gegenüberliegenden Hauptgebäude, der Wohnung des Gesandten,
deren Rückseite auf den zweiten Hof blickte. Diesen begrenzten
rechts und links niedrige Gebäude mit Küchen- und Wirthschafts-
räumen; gegenüber stand ein geräumiges Haus, welches die drei
A ttache s, Dr. Lucius und Maler Berg bezogen. Die Strassenfront
war in Sandstein,„ alles Uebrige in feinem Backstein gebaut, mit
Friesen in fein behauenem Sandstein, Blätterschmuck und grotesken
Thiergestalten, und schweren grauen Ziegeldächern. — Die Ein-
gangsthür führte in einen Corridor, dessen Fortsetzung als bedachter
Gang die vierte Seite des ersten Hofes, der Wohnung des
Herrn Marques gegenüber, bildete, dann rechts um das Mittelgebäude
nach dem zweiten Hofe einbog. Der Estrich aller Wohngebäude
lag einige Stufen erhöht. Zur Wohnung des Gesandten führte vom
ersten Hofe eine Hauptthür; gradeaus gelangte man durch das
Vorgemach in den Salon und weiter in grader Linie nach dem
zweiten Hof; rechts vom Salon lag das Esszimmer, links das Schlafzimmer
des Gesandten, deren Fenster auf den zweiten Hof gingen.
Diese Räume waren anständig eingerichtet, die Wände und Decken
hell tapeziert, hier und da mit geschnitztem Laubwerk aus dunkelem
Holze von reicher durchbrochener Arbeit verziert, die Räume des
Hintergebäudes aber nackt und kahl. Ein Theil des Fussbodens
war hier in jedem Zimmer etwa sechs Fuss breit um anderthalb
Fuss erhöht, eine Art Pritsch e, die den Chinesen zugleich als Bett
und als Ofen dient, denn es sind Feuerstellen mit Luftzügen darin;
ihre Oberfläche besteht, wie der E strich , aus festgestampftem und
geglättetem Lehm. Alle Fenster haben ein reiches Rahmenwerk
aus schmalen Leisten, das mit dünnem Papier beklebt ist. — Im
Ganzen war die Wohnung weder so geräumig noch so sauber, als
unsere japanische; als Versammlungsraum musste Abends der
zweite Hof dienen, doch hätten wir uns darüber nicht beklagen
mögen. Zum Glück ahnte beim Einzug niemand, dass