
Schussweite — Anker geworfen, und schauten dem Geschützkampfe
zu. Als darauf Ebbe eintrat, sandte Capitán Dew ein Kanonenboot
hinab, sie heraufzuschleppen; T s a n betheuerte aber kein Pulver zu
haben und bheb standhaft auf seinem Ankerplatz. — Capitán Dew
hatte gegen die 20,000 bis 30,000 T a e - p iñ über kaum 300 Mann
zu verfügen, beschloss ab e r, in chinesischer Kriegführung erfahren,
die Stad t zu sturmen. Der erste Anlauf scheiterte; die Besatzung
der Mauer warf Stinkkugeln, Feuertöpfe und Steine, und stiess mit
langen Spiessen die Sturmleitern um. Am zweiten Versuch be-
theiligten sich 20 französische Seeleute unter Lieutenant de
vaisseau Kenney, der, der erste auf der Mauer, durch die Lunge
geschossen wurde. Der vorderste Engländer fiel gleichfalls, durch
den Kopf geschossen. Capitán Dew fasste zuerst festen Fuss:
wenige Minuten darauf säuberte eine oben aufgepflanzte Haubitze
die nächsten Strassen. Einen weiteren Kampf auf der Stadtmauer
hemmte eine Granate des Encounter, .welche die Esplanade vor
dem ansturmenden Feinde verschüttete. Unterdessen hatte eine
andere Abtheilung englischer und französischer Seeleute das Nordth
o r genommen, ein Kanonenboot die Schiffbrücke gesprengt, welche
das Vordringen der Kriegsschiffe hemmte. Nun landete auch T sa n .
Wie gierige Wölfe stürzten seine Leute durch das Nordthor in die
Stadt, während die T a e - p in durch das Westthor flohen; Hunderte
der letzteren -wurden erdrückt oder von den Spiessen ihrer'Came-
raden durchrannt. E rst bei Y u - y a o , sechs Meilen von N i ñ - p o ,
machten die Flüchtigen Halt.
Die englischen und französischen Officiere zogen ihre Leute
aus der Stadt zurück; Capitän Dew übernahm jedoch auf dringendes
Bitten des Tatt- tae T sañ den Befehl übep die Garnison, die
durch 400 Mann von W a rd ’s Corps verstärkt wurde. Auf eine in
der Umgegend verbreitete Proclamation, in welcher die Alliirten die
Stadt zu schützen versprachen, kehrten die Bewohner zu Zehntausenden
heim, und der Handel blühte auf.77) Eine Bande frem77)
üeber den Zustand der Stadt schreibt Capitän Déw: »Ich hatte N i* - fo in
seinen glänzenden Tagen gekannt, als es sich rühmte, eine der ersten Handelsstädte
des Reiches zu sein. Aber jetzt, an diesem 11. Mai, möchte man glauben, dass ein
Engel der Vernichtung in der Stadt und den Vorstädten gehaust Jiat, Letztere mit
ihren reichen Kaufhäusern und Tausenden von Wohngebäuden waren der Erde
gleich gemacht; in der Stadt selbst, einst der Heimath einer halben Million, war
keine Spur von einem Bewohner zu sehen. Es war eine Todtenstadt. Die reichen
schonen Meublements der-Häuser waren als Brennstoff verbraucht oder zum Geder
Spitzbuben liess Capitän Dew aufheben und den Consuln in
S h a n g - h a e ausliefern. Dem Schleichhandel mit Waffen setzte derselbe
in N i n - p o energisch ein Ziel und organisirte ein anglo-chine-
sisches Corps von 1000 Mann nach dem Muster des W a rd ’schen,
welches durch Unteroffieiere von den Kriegsschiffen eingeübt wurde.
Ein franco-chinesisches erhielt seine Instructeure aus S h a n g - h a e .
Auch für Artillerie wurde gesorgt; in Kurzem befand sich N i n - p o
im besten Zustande der Abwehr. Die Kanonenboote fuhren häufig
die beiden Flussarme hinauf und hatten Gefechte mit den T a e - p i n ,
die von Y u - t a o aus einen Angriff zu rüsten schienen. Sie begingen
furchtbare Gräuel gegen das Landvolk, schleppten junge
Burschen und Mädchen fort und pflegten älteren Personen, die sich
nicht auslösen konnten, die Ohren abzuschneiden. — Capitän Dew
erhielt die Weisung, die Umgegend von N i n - p o im Dreissigmeilen-
radius; von Rebellen zu säubern.
Der Krieg dauerte den ganzen Herbst und Winter hindurch.
Noch im August nahm Capitän Dew Y u - y a o und jagte den Feind
landeinwärts. Im September rückten die T a e - p in in zwei stärken
Colonnen gegen N i n - p o , nahmen zunächst die Stadt T s e - k i , und
überschwemmten plündernd die Ebene; es war besonders auf die
Reis-Ernte gemünzt. Am 18. September kam Ward nach N i n - p o ,
rückte am 20. unterstützt von Capitän Dew gegen T s e - k i aus und
nahm die Stadt am folgenden Tage, fiel aber,, tödtlich getroffen.78)
^jjj- Die zweite TAE-pns-Colonne hatte die Stadt F u n - w a südlich
von N i n - p o genommen und wurde nach hartnäckigem Kampfe erst
am 10. October von da vertrieben.
Es wurde nothwendig, die von. europäischen Officieren com-
mandirten Chinesen-Corps zu verstärken; die Ortsbehörden steuerten
die Geldmittel. Die überall in Masse erbeutete Munition erleichterte
die wirksame Fortsetzung des Krieges. Der französische Elotten-
Lieutenant Le Brethon de Coligny übernahm das Commando des
franco-chinesischen Corps. Capitän Dew und die in N i n - p o combrauch
der Soldaten auf die Stadtmauern geschleppt.' Die Canäle waren mit Leichen
und stinkendem Unrath gefüllt. . . . Ich hatte das Glück, nachher noch manche
andere Stadt den T a e - p in entwinden zu helfen, und in allen fand sich, dass dieselben
teuflischen Hände gehaust hatten wie in N in - p o .«
78) Ward verfügte in N in - po bei klarem Bewusstsein über sein im Kriege erworbenes
Vermögen, 15,000 Pfd. St.; er glaubte 60,000 zu besitzen. In S h a n g - hae
wurden bei Ankunft seiner Leiche alle Läden geschlossen; die Bewohner erwiesen
ihr durch Beisetzung im Confucius-Tempel die höchste Ehre. . •