
XX.
REISE DER ARKONA VON MACAO NACH DER RHEDE
VON PAKNAM.
VOM 5. BIS 14. DECEMBER 1861.
D ie Fahrt nach S iam ging langsam; der NO-Monsun hat in
diesen Breiten nicht die Kraft, wie nördlicher. In den ersten
Tagen wehte es bei starker Dünung von Süden noch ziemlich
stätig aus ONO., das Schiff rollte unbehaglich und machte unter
allen Segeln wenig Fahrt. Die Wärme nahm merklich zu, schon am
dritten Tage trugen wir die leichteste Sommerkleidung; Abends
mochte man kaum unter Deck gehen. Unbeschreiblich ist der Zauber
einer tropischen Mondnacht. Wie ein riesiges Gespenst schwebt
die segelschwere Bemastung, gewundene Linien am Sternhimmel
zeichnend, je tz t grell beleuchtet, je tz t dunkelschwarz über dem
Wasser. Im ungewissen Dämmerlicht schwankt das Yordertheil des
Schiffes weit entfernt; dort regen sich dunkele Gestalten; der gewöhnlichste
Vorgang scheint geheimnissvoll. Die plätschernde Stille
der Nacht, die silberblinkende grenzenlose Einöde, die weiche balsamische
Luft, die leuchtenden Welten in der Höhe, durch welche
der Blick in unendliche Räume schweift, berauschen mächtig die
Phantasie.
In der Nacht zum 8. December liefen wir zwischen der Mae-
clesfieldsbank und den Paracels-Inseln, am Morgen des 11. December
zwischen Little Catwick und Pulo Sapata durch. Häufige Regenschauer
strichen über das Schiff. Man nahte der südlichen Grenze
des Monsun, der uns nur noch leise fortschob. Am 12. December
wurde es ganz still; Nachmittags liess Capitän Sundewall die Kessel
heizen. Am 13. December umschifften wir Cap K a m b o ja und steuerten
westnordwestlich. — Nachmittags wurde zur Uebung der Mannschaft
Feuerlärm geschlagen: in kaum vier Minuten standen alle
Mann mit Eimern auf ihrem Posten und die Spritzen arbeiteten
wacker.
Den 14. December dampften wir in glattem Wasser den Golf
von S iam hinauf, zwischen Hunderten kleiner Seeschlangen hindurch.
Am Morgen des 15. December kam Land in Sicht; gegen Mittag
passirte Arkona das erste der vielen Inselchen, die in langer Reihe
die östliche Küste säumen. E rst um sechs Uhr Abends erreich! e
sie die nördlichste dieser Inseln und konnte dann östlicher auf den
Ankerplatz vor P a k n am lossteuern, wo Thetis und Elbe vor Anker
lagen. Zur Orientirung liess Capitän Sundewall von neun Uhr an
Raketen steigen, Blaulichter anzünden und Geschütze abfeuern, erhielt
aber keine Antwort. Gespannt starrte Alles in den schwarzen
Dunst hinaus; die lothenden Matrosen sangen immer kleinere Zahlen,
immer sachter musste die Schraube arbeiten: da traten die unklaren
Umrisse schwarzer Masten ganz nah vor uns aus dem Nebel.
Zwei Boote mit einem deutschen Comprador und einem englischen
Post-Agenten kamen gegen elf langseit der Arkona und wiesen ihr
den Ankerplatz der preussischen Schiffe. Eine halbe Stunde später
grüssten wir unsere alten Reisegefährten von der Thetis.