
Kingmauer und überragt dieselbe um drei Stockwerke mit hölzernen
Galerieen unter vorspringenden Dächern. Davor liegt ein halbkreisförmiger
oder viereckiger mauerumschlossener Hof, in welchen
man durch den äusseren festungsartigen Thorbau gelangt: auf massivem
bis zur Höhe der Ringmauer ragendem Unterbau aus Quadern
erheben sich zunächst drei Stockwerke aus Backstein mit je zwölf
Schiessscharten in der Hauptfront und vier auf den die Mauer flan-
kirenden schmalen Seiten. Ueber dem dritten Stockwerk läuft ein
Dach um das Gebäude, und darüber steht eine vierte Etage mit der
gleichen Anzahl Scharten. Der schwere Dachstuhl beider Thorgebäude
ist mit grünen und gelben glasirten Ziegeln bekleidet; die
Ecken der Hauptfirst schmücken aufgerollte Drachenschwänze, die
herablaufenden Dachkanten groteske Thiergestalten. Die Schiessscharten
sind durch Bretterläden geschlossen, auf denen gemalte
Kanonenlöcher prangen; für wirkliches Geschütz soll das tragende
Gebälk zu morsch sein. Die äusseren Thorbauten haben Mandschu-
Inschriften und ein neueres Aussehn als die inneren und die von
Y o n - l o , dem dritten Kaiser des Mm-Hauses 1403 erbauten Ringmauern.
Dieser verlegte den Sitz der Regierung von N a n - k in
dem südlichen Hof — nach der alten Mongolenresidenz T s a n -
t l en und nannte sie P e - k i n , — den nördlichen Hof. Nur, der Sockel
der Mauern besteht aus Quadern, alles Uebrige aus gelbgrauen,
scheinbar nur an der Luft getrockneten Backsteinen, die in den
unteren Schichten mehrere Fuss lang und wenig verwittert sind.
Bei einiger Sorgfalt hielten die Mauern wohl noch. Jahrhunderte:
sie dienen aber den Nachbarn als Steinbruch, und die Behörden
hindern kaum die Verschleppung. Zahlreiche dem inneren Sockel
angeklebte Hütten verrathen deutlich diesen Ursprung; die Gelegenheit
ist zu bequem, um nicht reichlich benutzt zu werden.
Das Mittelthor in der Südmauer der Tartarenstadt heisst
T i e n - m e n , Himmelsthor. Wie bei allen Südthoren dient als gewöhnlicher
Eingang eine seitliche Pforte des Vorhofes. Einmal
jährlich aber wird das grosse Flügelthor für den Kaiser geöffnet,
der sich zur feierlichen Verrichtung des Pflügens nach dem in der
chinesischen Stadt gelegenen Tempel des Ackerbaues begiebt. Die
Mauern und Thore dieser »Aeusseren« Stadt sind schlechter und
niedriger als die der tartarischen; sie wurden 1544 erbaut, um die
Tempel des Himmels und des Ackerbaues und die in der Vorstadt
angesiedelten Kaufleute gegen Angriffe räuberischer Horden zu
sichern. Die Mauern sind 20 Fuss hoch, auf dem Wallgang
14 Fuss breit.
Innerhalb der tartarischen bildet die kaiserliche oder »Gelbe«
Stadt, H u a n - t s e n , wieder ein mauerumschlossenes nach Norden längeres
Reckteck. Ihre grössere westliche Hälfte füllen kaiserliche
Gärten aus, ein langgestrecktes Becken, das »Meer der Mitte« einfassend,
über welches eine prächtige Marmorbrücke führt. Die
östliche Hälfte enthält zusammenhängende Strassen mit vielen Tempeln
und öffentlichen Gebäuden. Im Norden liegt, von Parkanlagen
bedeckt, der etwa 240 Fuss hohe »Kohlenhügel«,18) der höchste
Punct von P e - k in , genau im Meridian des Himmelsthores T i e n -
m e n , von welchem eine breite Steinbahn auf das Südthor der Gelben
und weiter auf das Südthor der Rothen, Verbotenen Stadt,
H ü a n - t s a n - t i - k o n , führt. Letztere bildet, ein längliches Rechteck,
den Kern der Gelben Stadt und erstreckt sich nach Norden fast
bis zum Fuss des Kohlenhügels, von welchem sie der ihre Ringmauer
bespülende Wassergraben trennt. Sowohl die Gelbe als
die Rothe Stadt haben je ein T h o r nach jed e r Himmelsrichtung.
Die Rothe »Verbotene« Stadt enthält, in weiten buschigen Gärten
versteckt, den kaiserlichen Palast mit zahlreichen Tempeln und
Hallen. Ihre Grundfläche soll 80, die der Gelben Stadt 606 Hectaren
betragen. Is- So ist die ganze Anlage der »Inneren Stadt« mit geringen
Anomalieen symmetrisch: in der westlichen Hälfte der Gelben
Stadt ist die südliche Ecke rechtwinklig ausgeschnitten. Die Rothe
Stadt liegt innerhalb der Gelben, letztere innerhalb der Tartarenstadt
nach Süden gedrängt. Nach dieser Himmelsgegend' blickt
gewissermaassen ganz P e - k i n , blicken die Hauptfagaden der darin
eingeschachtelten Städte und des kaiserlichen Palastes im innersten
Kern. Trotz der verschiedensten Form und Lage der Grundstücke
sind auch die Paläste der englischen und der französischen Gesandtschaft
sowie sämmtliche Tempel, die wir sahen, und wahrscheinlich
alle Anlagen von Bedeutung in ihrer baulichen Disposition mit
dem Gesicht nach Süden gewendet, was dem Ganzen etwas organisches
giebt.
Durch das mittelste Südthor der Chinesenstadt tritt man
in eine breite Strasse, welche schnurgrade nach Norden laufend
auf das Himmelsthor T i e n - m e n stösst. In der Mitte ist sie zu